Polizeiruf 110: Unsterblich - So. 12.05. - ARD: 20.15 Uhr

Der Fall des Social-Media-Stars

07.05.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Ein Social-Media-Star geht durch die Decke. Allerdings von oben nach unten - durchs Dach eines Einkaufszentrums. Wer ist im Magdeburger "Polizeiruf 110: Unsterblich" für den Tod von Influencerin Aalisha verantwortlich? War es Suizid oder Mord? Doreen Brasch (Claudia Michelsen) ermittelt.

Dieser Tod ist eine große Inszenierung. Durchs gläserne Dach eines schicken Magdeburger Einkaufszentrums fällt Influencerin Aalisha (Hannah Gharib) in die Tiefe - und in den Tod. Na klar, auch hier werden Handys gezückt, und die sterbende junge Frau wird gefilmt. Nur eine Passantin von vielen will noch helfen. Es ist kein gutes Zeugnis, das der neue Magdeburger "Polizeiruf 110: Unsterblich" den Menschen gleich zu Beginn ausstellt: Ein zuletzt in große Schwierigkeiten geratener Social-Media-Star hat sich selbst getötet oder wurde gestoßen. Kommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und ihr noch von seiner Gefangennahme im letzten Fall "Du gehörst mir" traumatisierter Chef Lemp (Felix Vörtler) ermitteln.

Im Umfeld der Toten herrschen Trauer und Wut. Erstere überwiegt bei deren Mitbewohnerin, der jungen Friseurin Leonie (Katharina Stark, Star der Grimme-Preis-nominierten Disney+-Serie "Deutsches Haus"). Dagegen scheint Aalisha bei ihrer Familie - auch wegen ihrer freizügigen Auftritte als Influencerin - umstritten gewesen zu sein. Neben den Eltern (Husam Chadat, Tahani Salim), die ein Restaurant betreiben, gibt es zwei Geschwister: Nadira (Eman Dwagy) und Bruder Mahdi (Mohamed Issa), der die Tote angeblich sogar bedrängt hat. Doch worum geht es hier: um einen Ehrenmord, ein komplexes Familiendrama oder eine aus dem Ruder gelaufene Social-Media-Biografie?

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Nicht alle psychologischen "Hideaway"-Winkel passen

Zunächst gilt es nach etwa einem Drittel des Films eine überraschende Wendung hinzunehmen, die das Geschehen auf neue Füße stellt. Der 1961 in Bochum geborene Drehbuchautor Michael Gantenberg ("Phoenixsee") war bisher eher ein Autor des Ruhrgebietes und ist natürlich allein aufgrund seines Alters in Sachen Influencertum und Social Media eher Beobachter als mit derlei Lebenszusammenhängen aufgewachsen - was sicher kein Nachteil sein muss. Trotzdem gerät ihm sein Plot im ARD-Sonntagskrimi rund um scheinbares und reales Leben dann doch zu einem Versteckspiel, bei dem nicht alle psychologischen "Hideaway"-Winkel passen.

Ob es nun die Beziehung zwischen Brasch und Lemp ist, auf die der Krimi ja seit der Aufgabe eines festen Ermittlungs-Partners für Brasch vor einigen Folgen gesteigerten Wert legt, oder ob es die Schwingungen zwischen der Influencerin und ihrer Familie respektive Freundin sind - nicht immer glaubt man, was man sieht oder hört. Nun müssen falsche Fährten im Krimi ja nichts Schlechtes sein, wenn sie gut gelegt werden. Und immerhin: Die Persönlichkeit von Influencerin Aalisha erfährt über 90 Minuten eine neue Deutung, die ebenso dramatisch wie interessant ist und nachträglich erklärt, warum es diese junge Frau ihren Lieben so schwer machte.

17 Fälle mit Doreen Brasch - ein Fazit

Wer im Film von Regisseur Florian Knittel, der gerade für RTL+ die tanzende Coming-of-Serie "Disko 76" in Szene setzte, frühzeitig ahnt, in welche Richtung sich die 90 Minuten entwickeln, ist auch nicht Deutschlands größter TV-Krimi-Prophet. Sagen wir es so: Ein bisschen durchschaubar ist das Ganze, sowohl in Sachen Plot-Entwicklung wie auch der gesellschaftskritischen Aussage. Bleibt also mal wieder ein durchwachsener Eindruck von Doreen Brasch, die seit 2013 in Magdeburg ermittelt. An der schauspielerischen Qualität von Claudia Michelsen, die mit Sylvester Groth und Matthias Matschke zwei feste Partner "verschlissen" hat, liegt es nicht. Doreen Brasch, die akustisch nicht ganz zufällig an das Adjektiv "barsch" erinnert, ist eine zwar schwierige, aber durchaus lebendige Figur, die nicht unbedingt aufs Gefallen beim Zuschauer setzt.

Die Qualität von Doreen Braschs mittlerweile 17 Fällen schwankten in elf Betriebsjahren des Sachsen-Anhalt-Krimis jedoch stärker, als es hätte sein müssen - wenn der produzierende MDR mehr Sorgfalt auf die Drehbücher gelegt hätte. Großartige, ja preisgekrönte Filme wie "Der Verurteilte" oder zuletzt das Sozialdrama "Ronny" wechselten sich über elf Jahre mit Krimis auf Vorabendniveau ab. Immerhin kann man sagen: In Magdeburg weiß man nie, was man bekommt. Und auch das erzeugt ja eine Art Spannung.

Trauer um zwei Darsteller

Tragisch sind zwei Todesfälle im Cast des neuen Magdeburger "Polizeirufs": Der erst 26 Jahre alte Schauspieler und Rap-Musiker Pablo Grant, der im Krimi seit 2020 Kriminalobermeister Günther Márquez spielt, ist am 6. Februar völlig unerwartet an den Folgen einer Thrombose verstorben. Bereits am 2. Januar schied Schauspieler Hendrik Arnst mit 73 Jahren aus dem Leben. Er verkörpert im Film den Bewohner eines Seniorenheims, der ein besonderes Verhältnis zu einer Pflegerin hat.

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