"Trucker Babes"

50. Folge "Trucker Babes": 400-PS-Feminismus ohne Gendersternchen

13.02.2021 von SWYRL/Jens Szameit

"400 PS in Frauenhand" - klingt wie ein Chauvinisten-Albtraum, ist aber die zugkräftigste "Tatort"-Konkurrenz, seit es Doku-Soaps gibt. Jetzt gehen die "Trucker Babes" zum 50. Mal bei kabel eins auf Tour. Es ist der Dieselruß gewordene Anti-Zeitgeist.

Dass etwas Erfolg hat im deutschen Fernsehen, lässt sich am sichersten daran ablesen, dass diverse "Spin-offs" produziert werden, wie es schön-schrecklich im TV-Macher-Neudeutsch heißt. Im Windschatten der "Trucker Babes" durften bei kabel eins bereits die "Bus Babes" und "Trecker Babes" auf den Hauptabend-Highway einbiegen. Ein Doku-Prinzip, das der Fantasie kaum Grenzen setzt.

Gedanklich kann man sich wunderbar ausmalen, dass es schon bald die Panzer fahrenden "Tank Babes" geben könnte - oder wie wäre es mit den "Helikopter Babes" oder den "Submarine Babes"? Oder man hält sich ganz einfach an die dieselrußigen Originale dieses verblüffenden TV-Hypes. Die drehen nun schon zum 50. Mal die Runde durchs kabel-eins-Programm. Es deutet viel darauf hin, dass noch etliche hinzukommen.

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"Trucker Babes" (kabel eins): Körperhygiene in der Lkw-Waschstraße

Verlässlich über eine Million Menschen entscheidet sich zurzeit am Sonntagabend weder für den "Tatort" in der ARD noch für Pilcher beim ZDF oder gar Netflix, sondern für den von der Quotensonne nicht immer verwöhnten Sender kabel eins. Um dort - prosaisch gesprochen - Berufskraftfahrerinnen bei der Arbeit übers Lkw-Lenkrad zu schauen.

In der Jubiläumsfolge (Sonntag, 14.02., 20.15 Uhr, kabel eins) ist das zum Beispiel Lissy, Kampfname "Pink Lady". Die 39-jährige Südtirolerin, seit 19 Jahren im Besitz eines Lkw-Führerscheins, steuert ihren 730-PS-Kühltruck diesmal an der Adriaküste entlang nach Bari. Nachdem die Schweinehälften verladen sind, geht es in die Brummi-Waschstraße, wo Lissy am Hochdruckreiniger auch gleich die Körperhygiene miterledigt. In einem Aufwasch sozusagen - erfrischend!

Oder Uschi, 59 Jahre, in der griffigen Diktion der "Trucker Babes"-Produzenten die "Highway-Heldin". Uschi ist unterwegs in den Rocky Mountains und für Navigationssystem deutlich zu analog sozialisiert: "Entweder muss man einen guten Orientierungssinn haben oder gute Nerven." Uschi hat lieber "gute Nerven", denn: "Irgendwo kann man schon umdrehen."

Feminismus, der in kein Gendersternchen passt

Andere Qualitäten bringt Sarah mit, die "Beton-Barbie" aus Berlin. Mit knallrotem Lipgloss und tarantelbeinlangen Wimpern-Extensions ("Durch mein Erscheinungsbild hab ich die halbe Straße lahmgelegt!") verkörpert die dreifache Mutter und Betonmischer-Fahrerin etwas, das durchaus auch zum Erfolg der Reihe beitragen dürfte: eine gewisse Nähe zur Autoreifenkalender-Erotik.

Feminismus, der in ein Gendersternchen passt, ist das sicherlich nicht. Aber andererseits auch nicht das Gegenteil davon. Als der ursympathischen Tinka, 34 Jahre, auf dem Weg vom Westerwald ins Schwabenland ein Möchtergern-Schumi auf nasser Fahrbahn fast in die Seite rutscht, mokiert sie sich: "Der hätt' sich fast in die Hose geschissen, wie der da drin gerudert hat." Solche Sprüche kennt man durchaus aus dem deutschen Fernsehen. Allerdings eher aus den 60er-Jahren und eher den entgegengesetzten Geschlechterweg. In der Vintage-Abteilung der ARD-Mediathek finden sich tolle Beispiele.

Da sind die "Trucker Babes" schon etliche Asphaltmeilen Emanzipationsgeschichte weiter - und das auch noch in umgekehrter Fahrtrichtung zum hyperkorrekten Zeitgeist. Dafür gibt es zwar zugegeben (und bedauerlicherweise) nicht die goldene Umweltplakette am Band. Aber 50 weitere Primetime-Folgen bei kabel eins sollten allemal drin sein.

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