09.08.2024 von SWYRL/Jürgen Winzer
Ist 13 eine Unglückszahl? Olympische Antwort aus deutscher Sicht: jein! Es gab das neunte Gold, es gab Silber, es gab Halbfinaltriumphe. Aber es gab auch Enttäuschungen und Schockmomente. Am Ende des Achterbahn-Tages auch um Silbermedaillen-Gewinnerin Malaika Mihambo.
Die ARD rief Olympia-Tag 13 zum "Finaltag XXL" aus. Das pralle Angebote ließ Esther Sedlaczek an ihre Kindheit denken: "Haben Sie sich schon mal gefragt, wie es ist, wenn Ostern, Geburtstag und Weihnachten zusammenfällt?" Aber sie hatte nicht unrecht. "Ein Highlight jagt das andere." Leider verliefen nicht alle so erfolgreich, wie es sich die deutschen Aktiven und Fans gewünscht hatten.
Der bitterste Moment: Am Vormittag zog sich Siebenkämpferin Sophie Weißenberg beim Warm-up vor dem 100-Meter-Hürdenlauf einen Achillessehnenriss zu und musste aus der Arena getragen werden. "Das ist fürchterlich für die Arme", zeigte Alexander Bommes aufrichtig Anteilnahme. Aber das ist eben auch Olympia. Bommes: "Wir haben nicht nur gute Nachrichten."
Aber eben auch. So wurde es zu einem echten Achterbahn-Tag, tatsächlich nichts für schwache Nerven. Am Ende standen eine Gold-, drei Silbermedaillen und ein paar außergewöhnliche Sprüche.
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"Schaut mich an, ich bin ein Lachs. Äh, ein Lauch."
Morgenstund hat Gold im Mund? Nicht für die deutschen Freiwasserschwimmerinnen. Die schwammen ja in der Seine. Und gar nicht mal so gut. Leonie Beck war enttäuscht über Rang neun, haderte nach dem Rennen über die starke Strömung und ihre zu schwache Muskulatur: "Schaut mich an, ich bin ein Lachs. Äh, ein Lauch, nicht Lachs, sorry." Keine Medaille, aber der Spruch des Tages, er ging prompt und zurecht viral. Bommes grinste im Studio mit: "Sie sind auf jeden Fall der sympathischste Lauch. Und Frank Busemann ist ja auch einer."
Bommes war in der Frühschicht eh gut drauf. "Oh, sehen Sie den Ententeich?", jauchzte er, als zu den Kanuten geschaltet wurde. Wo sich dann auch Technik-Probleme bei der ARD offenbarten. Reporterin Juliane Möcklinghoff strahlte und redete, aber man hörte sie nicht. Bommes nahm's mit Humor: "Ich war mal in Altenholz Kreismeister in Lippenlesen, aber für das hier hat's nicht gereicht."
Gold und Silber für die deutschen Kaja-Vierer
Auch Kommentator Jörg Klawitter war anfangs nicht zu hören. Als er endlich durchkam, lohnte es sich. Erst holten die Damen im Kaja-Vierer überraschend Silber und sangen danach (allerdings bei Eurosport) glückselig "Ein Hoch auf uns".
Dann, 13.57 Uhr, "traf der schwarze Pfeil sein Ziel". Das neue, schwarz-schnittige Boot des Kajak-Vierers der Männer "flog übers Wasser" (Klawitter) zu Gold. Trotz der blumigen Metapher räumte Klawitter ein: "Die wortgewaltige Eleganz des Kollegen Sostmeier werde ich nicht mehr erreichen, aber wir haben geliefert." Er auch. Schließlich kennt er alle Vornamen von Frauen, Kindern und Eltern der Kanuten, wahrscheinlich auch alle Haustiere. Und er freute sich ehrlich: "Ach, ist das herrlich."
Dafür rätselte er bei der Siegerehrung tatsächlich noch über den Inhalt des "Kästchens", das alle Medaillensieger mit auf den Heimweg bekommen. Er dürfte zu den wenigen zählen, die nicht wissen, dass ein Erinnerungsposter drin ist. Seine Erklärung: "Das ist an mir vorbeigegangen, ich habe so viele tolle Sachen zu tun hier an der Regattastrecke."
Beachvolleyballer jubeln, Hockey-Herren leiden
Für die Abendschicht von Sedlaczek konnte wirklich "Atemlos in die Nacht" gelten. Um 19.15 Uhr hatten die Beachvolleyballer Ehlers/Wickler die Überraschung geschafft und gegen die "übermächtigen Norweger" (O-Ton Claus Lufen) das Finale gebucht. Der Sensation folgte 30 Minuten später die Enttäuschung: Im Basketball-Halbfinale unterlagen die siegessicheren Jungs um Schröder und die Wagner Brothers gegen die Franzosen, die damit ihre tags zuvor unerwartet ausgeschiedenen Handball-Herren "rächten".
Eine weitere Stunde später wurde auch das Hockey-Finale der Herren zum Drama. Das war schon in der regulären Spielzeit ein Krimi, der Nerven kostete. Vor allem die von Kommentator Christian Blunck. Als das Remis fest- und der Penalty-Shoot-out bevorstand, resümierte er atemlos: "Es steht 0:0." Tat es nicht. Es stand 1:1.
Bundeskanzler Olaf Scholz brachte Hockey-Herren kein Glück
Am Ende war's wurscht, denn die deutschen Herren scheiterten (wie auch die deutschen Danas) an ihren Nerven. Sie verwandelten nur einen Penalty. Torwart Danneberg, der zwei Penaltys entschärfte, wurde zum tragischen Helden - und musste sich dann noch vom Holländer Telgenkamp nach dessen alles entscheidenden Penaltytreffer verhöhnen lassen. Telgenkamp hat das Zeug, sich bei deutschen Sportfans ebenso "unvergesslich" zu machen wie seine Landsleute Frank "Lama" Rijkaard und Ronald "Hinternputzer" Koeman. Auch gewinnen will halt gelernt sein.
Vielleicht kann der kleine Eklat - es kam sogar zu einer post-schlusspfiffigen Rudelbildung - ja auf politischer Ebene geklärt werden. Immerhin saß Bundeskanzler Olaf Scholz im Publikum. Und der ist ja aus seinem Berufsfeld kalte Duschen gewöhnt.
Zusammenbruch von Malaika Mihambo noch ihrem Silbersprung
Um 21.20 Uhr platzte zwar Malaika Mihambos Goldtraum, aber sie gewann Silber. Bei der nächsten Schalte ins Stade de France zu Claus Lufen und Frank Busemann hatte sich die Stimmungslage bei allen verändert. Denn Mihambo hatte einen Zusammenbruch erlitten, sie weinte "bitterlich" (O-Ton Lufen) und klagte "Ich krieg keine Luft". Mihambo wurde vorsichtshalber in einem Rollstuhl aus der Arena gefahren. Busemann: "Das wird nich mit ihrer Corona-Erkrankung zusammenhängen." Ihre Leistung, in dieser Konstitution noch Silber zu gewinnen, sei "eine ganz andere Dimension". Busemann litt richtig mit: "Das ist echt schlimm zu sehen. Sie ist ne Kämpferin, aber das kriegt ihr Körper grade nicht auf die Reihe."
Dass Mihambo sich der offenbar zu großen Belastung überhaupt: ausgesetzt hatte, dafür zeigte der Ex-Zehnkämpfer volles Verständnis: "Das sind alles Vollblut Profi-Sportlerinnen durch und durch. Die müsste man mit dem Kopf unterm Arm raustragen, sonst kriegt man die nicht hier raus."
Ähnliche Sorgen machten sich Claus Lufen und Frank Busemann nicht nur über Mihambo, sondern auch um die Holländerin Bol, die - als Mitfavoritin über 400 Meter Hürden gestartet - nach 250 Meter einbrach und am Ende ähnlich unglücklich und erschöpft war wie Mihambo. Angesichts der Tatsache, dass Olympiasieger Noah Lyles am vergangenen Dienstag positiv auf Corona getestet worden war (und trotzdem an diesem Freitag am 200-Meter-Finale teilnahm und recht entkräftet "nur" Bronze gewann), befürchteten Lufen und Busemann, dass das Corona-Virus "rumgehen" könnte
Das wäre bitter, wenn der "Spielverderber" von so vielen Sportevents um 2020/21 auch noch bei Olympia 2024 zuschlagen würde.