Der große Humorist hält den Deutschen den Spiegel vor

Beim Tennis ist er etwas langsamer geworden: Gerhard Polt wird 80

06.05.2022 von SWYRL/Wilfried Geldner

Schon beim 70. hat ihn jemand anlässlich der großen Polt-Ausstellung im Münchner Literaturhaus gefragt, ob er manchmal ans Aufhören denke. "Mit was soll ich aufhören?" hat Polt da bissig und humorvoll zurückgefragt - wo er doch so mitten im richtigen Leben steht. Das gilt genau so auch mit 80,

Feierliche Biografien mag er nicht. Es reicht ihm, so hat Gerhard Polt schon wissen lassen, wenn auf seinem Grabstein eine Vier oder eine die Drei-minus steht. "Sechs wäre schlimm." Auch mit 80 kann er noch scharf aus der Hüfte schießen. Den Spießbürger hat er drauf wie kein Zweiter. Polt hält den Zeitgenossen den Spiegel vor - und damit immer auch sich selbst. Egal, ob es nun um den glücklicherweise "nicht in Italien" abgefüllten Jahrhundertwein für zwei Mark einunddreißig geht oder um den Meineid des Politikers Friedrich Zimmermann, dessen Thematisierung ihm das ZDF einst CSU-hörig untersagte. Die Mücke auf dem glatten Resopaltisch im Wirtshaus der Neuzeit oder die Versiegelung der bayerischen Landschaft - alles ist noch immer aktuell.

Dass Polt, am 7. Mai 1942 in München geboren, verheiratet seit 1971 (ein Sohn), seine Kindheit sehr zur eigenen Zufriedenheit in der Münchner Amalienstraße verbrachte, erzählt er mit einem Augenzwinkern, aber auch mit ernstem Unterton. "Die Ruinen waren der schönste Spielplatz, den man sich vorstellen kann, sag' ich mal vorsichtig", so erinnert er sich. Nicht ohne noch ein "Ich sag's vorsichtig!" hinzuzusetzen. Der Ton macht bekanntlich die Musik, und der kann bei ihm vom Bedrohlichen zur Rührung wechseln. Volkstümlich ist er, dümmlich nie, das macht einen Gutteil seines Riesenerfolges aus. Karl Valentin grüßt aus der Ferne. Was aber das Politische betrifft, da lässt er immer wieder gerne seinem "Freund" Dieter Hildebrandt den Vortritt in ehrender Erinnerung.

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Mit Bordeaux und Hummerweißwurst

Zum Volkssänger fehlt ihm nicht viel. Das Lied vom "Wildschütz Jennerwein" ("...der wurde weggeputzt von dieser Erd") sprechsingt der Polt zwischen Traurigkeit und brachialer Ironie, mit den Toten Hosen stand er auf der Bühne - und mit der "Biermösl Blosn" verbindet ihn eine jahrzehntelange Bühnenehe, die von Nordrhein-Westfalen bis nach Schweden und Australien reicht. Zu seinem Bedauern sind die Karten zu seinen Auftritten immer wieder ausverkauft. Dieses Bedauern ist ohne jede Koketterie, es ist ziemlich ehrlich. Zurzeit hat er den "Dr. Schmitz Zceiszyk" auf der Pfanne, einen "Großkotz vom Tegernsee" mit dortiger Zweitwohnung, der in fescher Trachtenjoppe von Hummerweißwürsten, Bordeaux-Wein und einem echt bayerischen Lebensgefühl schwelgt.

Gerhard Polts Filme sind längst Klassiker, "Kehraus" und "Man spricht deutsh" kennt schier jeder, er hat mit ihnen die Mentalität des Durchschnittsdeutschen, der wir sind, auf den Punkt gebracht. Er will nicht "politisch" sein, aber am Ende ist er es doch mehr als mancher andere, der sich explizit damit brüstet. Seine Tiraden über den Himmel der Muslime mit den hundert wohlriechenden Jungfrauen sind ein Gedicht - weil wir Christen doch immer nur die Hölle so bildlich vor uns haben. Bis auf den Engel Aloisius vielleicht, mit der Harfe auf der Wolke.

"Man spricht deutsh" im BR-Fernsehen

Bis zum Himmel ist es allerdings noch weit. "Wenn man so das Blut abgezapft kriegt und der Arzt sagt, das geht noch, das ist eine unheimliche Erleichterung", lässt er wissen. Beim Tennis ist er etwas langsamer geworden. Er selbst hätte das bei seinem trainierten Körper vor dem Spiegel gar nicht bemerkt. Aber die anderen behaupten es wohl zu Recht, er müsse es zur Kenntnis nehmen. Niemand hat so zutreffend die Forderung des Horaz, die "Wahrheit mit einem Lächeln" zu sagen, so akkurat umgesetzt wie Gerhard Polt. Ein halbes hundert Auszeichnungen, vom Deutschen Kabarettpreis bis zum Salzburger Stier und zum Bundesverdienstkreuz, hat er im Lauf seiner Karriere bekommen. Das wird mit Sicherheit noch lange nicht alles gewesen sein.

Das BR-Fernsehen zeigt am Samstag, 07. Mai, um 20.15 Uhr, Polts satirischen Spielfilm "Man spricht deutsh" mit Gisela Schneeberger in einer restaurierten Fassung und danach um 21.35 Uhr die neue Dokumentation von Victor Grandits "Der Mensch ist ein Viech, was lacht - Gerhard Polt und seine Welt des Humors" (Erstsendung im Ersten am 5. Mai, um 00.20 Uhr). In der BR Mediathek sind außer diesen Sendungen alle 13 Teile der Kult-Reihe "Fast wia im richtigen Leben" abzurufen.

Kurios mutet ein Projekt an, bei dem Gerhard Polt mit ServusTV kooperiert. Der Sender hat (zunächst für den Einsatz auf dem eigenen Streaming-Angebot) eine ursprünglich japanische Daily-Soap neu vertont - mit den markanten Stimmen von Darstellern wie Polt oder Gisela Schneeberger heißt das Ganze nun: "Die Vroni aus Kawasaki". Die "Warum"-Frage drängt sich da natürlich auf. Doch Polt, ganz Polt, hat offenbar Freude am crosskulturellen Durcheinander in der Serie. "Wenn man sagt 'Die Welt ist ein Dorf', dann stimmt das halt auch, weil in vieler Hinsicht menschliches Verhalten sehr ähnlich ist", sagte er bei der "Die Vroni aus Kawasaki"-Premiere. Im Free-TV, auf ServusTV, startet die Serie am Samstag, 14. Mai, um 22.05 Uhr, mit dem Making-Of und den ersten beiden Folgen. Ab Dienstag, 24. Mai, wird das Ganze wöchentlich, um 22.15 Uhr, in Doppelfolgen ausgestrahlt.

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