Totgeschwiegen - Mi. 25.11. - 3sat: 21.45 Uhr

Bester Fernsehfilm des Jahres?

19.11.2020 von SWYRL/Eric Leimann

Der Mord oder Totschlag an einem Obdachlosen durch drei 16-Jährige aus gutem Hause war das Thema des starbesetzten ZDF-Dramas "Totgeschwiegen" vom September 2020. Nun läuft der Film noch einmal bei der Abstimmung zum 3sat-Zuschauerpreis.

Manchmal tun Menschen brutale Dinge, von denen sie zuvor dachten, dass sie dazu niemals fähig wären. So wie das 16-jährige Trio Mira (Flora Li Thiemann), Jakob (David Al Rashed) und Fabian (Lenius Jung) in der ZDF-Produktion "Totgeschwiegen", die nun noch einmal im Rahmen der traditionellen Abstimmung über den besten deutschsprachigen Fernsehfilm des Jahre - dem 3sat-Zuschauerpreis - läuft, der vom 21. bis 26. November herausragende 2020er-Filme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt.

In "Totgeschwiegen" haben drei Berliner Schulfreunde reichlich Alkohol getrunken, als sie nachts an einer U-Bahnstation von einem ebenso betrunkenen Obdachlosen belästigt werden. Ein Streit eskaliert, der Mann stirbt dabei. Die Überwachungskameras zeigen - von hinten - drei flüchtende junge Leute. Fälle, ähnlich wie dieser, sind im Deutschland der letzten Jahre und Jahrzehnte immer wieder vorgekommen. In ihrer brutalen Konsequenz unerklärliche Gewalttaten durch sehr junge Täter.

Das Besondere an der fiktiven Umsetzung des Stoffes durch die Autorinnen Gwendolyn Bellmann und Franziska Schlotterer ("Ende der Schonzeit", auch Regie) ist jedoch, dass die porträtierten Jugendlichen aus vordergründig behüteten Verhältnissen stammen - und ihre Eltern die Tat nach deren Entdeckung decken. Claudia Michelsen spielt Esther, die viel beschäftigte Krankenhausärztin und Mutter des Mädchens Mira. Auch in der vierköpfigen Familie des Täters Fabian scheint alles wohlgeordnet. Vater Volker (Godehard Giese) ist ein Rationalist von deutscher Kühle, während Mutter Brigitte (Katharina Marie Schubert) ihrem Sohn jeden Wunsch von den Augen abzulesen scheint. Einzig die alleinerziehende Nele (Laura Tonke), die zwei Kinder von zwei mittlerweile abwesenden Vätern hat, scheint sich mit der Vertuschung des Falls wegen "der Zukunft der Kinder" schwerzutun.

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Wo ist der Ausgang dieses Höllentrips?

Wie realistisch man diese Erzählung einschätzt, mag von Betrachter zu Betrachter variieren. Wahr ist jedoch, dass Eltern zu ziemlich viel bereit sind, um ihre Kinder zu schützen. Auch wenn dieser Schutz, wie sich im Film zeigt, zulasten einer zunehmenden Korrosion der Beziehungen aller Beteiligten geht. Einerseits sind die Figuren im Film ein wenig formelhaft gewählt: der kühl-akademische Vaterstratege (Giese), die gluckenhafte Mutter ohne eigenes Selbstwertgefühl (Schubert), die Powerfrau mit entfremdeter Beziehung zur Tochter (Michelsen) und die sensible, anfangs leicht manipulierbare Träumerin mit eigenem Café (Tonke).

Die Qualität dieser Schauspieler trägt dazu bei, dass das ein oder andere Charakter-Klischee in diesem Plot sanft umschifft wird, auch dann, wenn die Jugendlichen vielleicht ein wenig zu explizit an ihrer (Horror)welt leiden. Andererseits gehört es zur Jugend dazu, dass das eigene Drama als absolut und ohne Ausweg wahrgenommen wird und man sich zudem viel zu gefangen und verstockt fühlt, um einen, wenn auch schmerzhaften Ausgang aus diesem Höllentrip herbeizuführen.

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