26.08.2023 von SWYRL/Eric Leimann
Im Interview zur neuen ProSieben-Geschwistershow "Wir gegen die!" blicken Carolin Kebekus und ihr vier Jahre jüngerer Bruder David auf das gemeinsame Aufwachsen zurück. Was haben sie aus ihren Krisen, Wendepunkten und Erfahrungs-Highlights gelernt? Und warum ist es so schön, Geschwister zu haben?
Wie gut kennen sich Geschwister? Diese Frage stand für die Comedy-Stars Carolin (43) und David Kebekus im Mittelpunkt ihres Podcasts "Was warum wie war". Darin sezieren die vier Jahre ältere Carolin und ihr "kleiner Bruder" pro Folge jedes ihrer gemeinsamen Lebensjahre. Aus dem Erinnerungsstück ist nun eine Fernsehshow geworden. Am Dienstag, 29. August, 20.15 Uhr, feiert "Wir gegen die!" bei ProSieben Premiere. Über vier Folgen empfangen Carolin Kebekus und ihr Bruder, der ebenfalls als Comedian und Autor unterwegs ist, jeweils ein anderes prominentes Geschwisterpaar zum Vierkampf. Zum Auftakt gibt es einen Wettstreit mit den Schwestern Motsi und Otlile Mabuse. Danach kommt eine Folge mit den Zwillingen Dennis und Benni Wolter (5.9.), Johannes B. und Julia Kerner (19.9.) sowie Jessica und Sandra Schwarz (26.9.). Im Interview blicken Carolin und David Kebekus auf ihre Krisen und Wendepunkte, skurrile Highlights sowie die wichtigsten Geschwister-Erkenntnisse zurück.
teleschau: Die Show-Idee beruht auf einem Podcast. Das ist eher ungewöhnlich, oder?
David Kebekus: Wir haben vor ein, zwei Jahren mit der Idee eines Podcasts angefangen, in dem wir uns pro Folge an ein gemeinsames Jahr unseres Lebens erinnern. Das bekam ein Fernsehproduzent mit und sagte: "Daraus könnte man auch ne Show machen". Die Show war also nicht wirklich unsere Idee, aber sie ist von unseren Geschwister-Erinnerungen inspiriert.
teleschau: In der Show müssen Geschwisterpaare beispielsweise raten, ob beispielsweise ein Essen von der Mutter gekocht wurde oder nicht. Beruhen alle Spiele auf biografischen Details der Kandidaten?
Carolin Kebekus: Nicht alle. Es gibt auch Geschicklichkeitsspiele und sportliche Herausforderungen, Hindernisläufe und dergleichen. Aber auch Spiele, in denen man sich einschätzen muss. David musste beispielsweise beurteilen, wie ich eine Frage beantworten würde. Was ich zum Beispiel von einem Blumenstrauß von der Tankstelle halten würde. Ich sage mal: Wir waren nicht schlecht in dieser Disziplin. Aber die Mabuse-Schwestern haben dieses Spiel gekillt - das war nicht mehr normal. Die kennen sich wirklich unfassbar gut.
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"Die größte Distanz war wahrscheinlich da, als ich in die Pubertät kam"
teleschau: Woran liegt es, ob man die Schwester oder den Bruder gut einschätzen kann oder eben nicht?
Carolin Kebekus: Es gibt Geschwister, die mehr miteinander zu tun haben und andere, die sich weniger gut kennen. Manche Geschwister wohnen weit voneinander entfernt und mögen sich total, wissen aber nicht wirklich viel übereinander. Es gibt sogar welche, die haben keinen Kontakt zueinander. Doch selbst, wenn man sich sehr gut kennt - so wie David und ich - gibt es Fragen, bei denen ich lange nachdenken müsste, um zu antworten, wie mein Bruder diesbezüglich denkt.
teleschau: Gab es Zeiten, in denen Sie nichts miteinander anfangen konnten?
David Kebekus: Es gab sicher mal ne Phase, in der es weniger war. Zum Beispiel, als ich viel Zeit in mein Fußballtraining investierte und Carolin sich geschminkt hat (lacht). Es ist aber nie eine richtige Trennung oder gar ein Zerwürfnis passiert. Wir sind - absurderweise - auch schon immer zusammen in den Urlaub gefahren. Am Anfang natürlich mit den Eltern, später aber auch ohne sie. Ich erinnere mich an eine Familienreise nach Australien, da haben wir uns getrennt. Die Eltern sind alleine gereist, weil sie Verwandte besuchen wollten - und wir beiden haben uns als Duo abgesetzt. Das haben wir dann als Erwachsene fortgesetzt und immer wieder mal Urlaub zusammen gemacht.
teleschau: Gehört zum Aufwachsen als Geschwister nicht auch eine Zeit der Abgrenzung mit dazu? Eine Zeit, in der man alleine herausfinden will, wer man ist?
Carolin Kebekus: Ja, na klar. Aber es gab bei uns nie diesen klaren Cut. Wir haben auch große Überschneidungen im Freundeskreis. Das ist auch ein wichtiger Faktor, weil wir deshalb Partys oft zusammen gefeiert haben. Die größte Distanz war wahrscheinlich da, als ich in die Pubertät kam und David noch mit Autos gespielt hat. Damals, denke ich, war ich vielleicht am weitesten weg von dir. Da habe ich mir mit großem Interesse Jungs angeguckt, und du wolltest "Turtles" spielen - oder so.
"Aha, das sind die Autoren, und die schreiben die Gags"
teleschau: Waren Sie auch mal richtig enttäuscht von Ihrer Schwester?
David Kebekus: Ja, als sie ausgezogen ist. Ich denke, da muss Carolin so 20 gewesen sein. Sie ist innerhalb von Köln umgezogen und fing an, die ersten Fernsehschritte zu machen. Es war ein krasser Einschnitt für mich. Sie hatte das Zimmer unterm Dach. Immer, wenn was war, musste ich einfach nur ein paar Treppen hochgehen. Ich konnte bei ihr meine Fragen abladen oder einfach nur meine Langeweile. Und plötzlich war da oben niemand mehr ...
teleschau: Wie kommt es, dass Sie beide in der Comedy gelandet sind. Ging es in Ihrer Familie besonders lustig zu?
Carolin Kebekus: Nein, eigentlich kommen wir aus einer ganz normalen Familie. Eine, die erst mal nichts mit dem Showgeschäft zu tun hatte. Allerdings sind wir aus Köln, da haben viele Menschen so ein Unterhaltungs-Gen mit in die Wiege bekommen, was sicher mit der Karnevals-Tradition zu tun hat. Unser Vater hatte ne Band, und wir haben schon als Kinder gelernt, dass es "solche Berufe" gibt und dass es auch etwas Ehrenwertes ist, so etwas zu machen. Und dann haben wir als Kinder sehr viel Fernsehen geguckt. Ich denke sogar, das war das Entscheidende.
teleschau: Warum war das Fernsehen so wichtig?
Carolin Kebekus: Weil wir alles nachgespielt haben. Wir nahmen den Ton vom Fernseher auf und produzierten daraus Hörspiele, wir drehten selbst kleine Filme. Ich erinnere mich, Gute-Nacht-Geschichten für meinen Bruder eingesprochen zu haben, da war ich logischerweise selbst noch recht jung. Dann machte ich ziemlich früh - mit 19 - ein Praktikum beim Fernsehen. David war damals 15 und irgendwie auch schon dabei. Er bekam damals mit: "Aha, das sind die Autoren, und die schreiben die Gags." Mit 16 spielte er dann in seinem ersten Sketch mit. Irgendwie hat sich das alles ganz natürlich für uns ergeben.
"Wir hatten das Glück, dass unser Elternhaus noch existiert"
teleschau: Wer waren die TV-Helden Ihrer Kindheit?
David Kebekus: Cartoons und die Wrestling-Stars der 90er-Jahre. Wrestling hat uns total fasziniert. Wir haben die ganzen "Moves" nachgemacht und miteinander "gewrestlet". Das hat dann aber irgendwann aufgehört, als ich zu stark wurde (lacht).
Carolin Kebekus: Einmal hat mich David vom Elternbett "back suplexed". Dabei war ich in eine Decke eingewickelt. Dann ist er so "elbow drop"-mäßig auf mich draufgesprungen und auf meinem Kopf gelandet. Der hat richtig laut geknackt und danach haben wir beide so einen Schreck bekommen, dass wir von da an lieber gemeinsam Fernsehen geschaut haben als diese Spiele weiterzutreiben.
teleschau: Bei Ihrem Podcast konzentrieren Sie sich in jeder Folge auf ein gemeinsames Lebensjahr. Hat man nicht das meiste vergessen? Wie haben Sie sich auf die Folgen vorbereitet?
David Kebekus: Wir hatten das Glück, dass unser Elternhaus noch existiert und da unheimlich viel altes Zeug aufgehoben wurde. Das war natürlich ein Schatz der Erinnerungskultur. Ich habe viele alte Kisten in meinem Zimmer und im Keller durchgeschaut. Dabei findet man nicht nur viele alte Dinge, sondern auch Erinnerungen. Allein das Geräusch des Herumwühlens in meiner alten Lego-Kiste hat reichlich Szenen aus der Kindheit in mir freigelegt. Wenn man sich mit diesen alten Dingen beschäftigt, kommt die Erinnerung oft von ganz allein.
teleschau: Aber wie rekonstruiert man einzelne Jahre, sodass man weiß: Ja, das ist wirklich dann passiert! Hat jemand von Ihnen Tagebuch geschrieben?
Carolin Kebekus: Soweit ich weiß, nicht. Aber mein Bruder ist ein Messie. Der hat tatsächlich alles aufgehoben (lacht) ...
David Kebekus: Wir haben einfach mit dem Jahr 1984 angefangen. Da wurde ich geboren und habe logischerweise keine Erinnerungen mehr an dieses Jahr. Aber man kann selbst diese frühen Jahre rekonstruieren. Zum Beispiel hatte mein Vater erzählt, als Freddy Mercury 1991 starb, dass er mit der Mutter im Müngersdorfer Stadion beim Queen-Konzert gewesen ist. Das habe ich dann recherchiert und herausgefunden, dass es die "Kind of Magic"-Tour 1986 gewesen sein muss. Dann kann man weitergehen und findet bei YouTube Aufnahmen von diesem Konzert. Es ist schon krass, wie man heute in die Vergangenheit eintauchen kann. Wir beginnen in jedem Jahr mit dem, was auf der Welt und in unserem Umfeld passiert ist - und versuchen dann, es auf unser persönliches Leben herunterzubrechen.
"Wenn ich wiederkomme, ist dein Geschwisterchen da"
teleschau: Deckten sich Ihre Erinnerungen denn meistens?
Carolin Kebekus: Mal mehr, mal weniger. Es gab natürlich Dinge, an die habe ich mich erinnert und David nicht, aber auch umgekehrt. An Tschernobyl 1986 hatte David logischerweise keinerlei Erinnerungen. Ich aber wusste noch, dass wir nicht draußen im Sand spielen durften. Dann gab es Ereignisse, die haben wir unterschiedlich erinnert. Weil ich vier Jahre älter bin, habe ich so ein bisschen die Erwachsenenversion abgespeichert und David die eher kindliche Variante.
teleschau: Haben Sie im Podcast auch alte Traumata aufgearbeitet?
Carolin Kebekus: Traumata ist vielleicht ein zu großes Wort, aber wir haben durchaus über Dinge gesprochen, die wir damals richtig schlimm fanden. Wenn man dann heute mit erwachsenem Blick auf solche Dinge schaut, ist es durchaus heilsam. Weil man merkt: Ach, eigentlich war das gar nicht so schlimm. Die Schule beispielsweise - früher dachte man einfach: Die ist für immer! Alles, was da passiert, ist für ewige Zeiten in Stein gemeißelt und wird in meinem Leben stehen. Jeder junge Mensch denkt doch: Alles, was in der Schule schlimm ist, wird für immer schlimm bleiben. Da tut es schon gut, mit etwas Abstand auf diese Zeit zu blicken und zu sagen: "War doch nur ne Phase im Leben."
teleschau: Was ist die älteste Erinnerung an Ihren Bruder?
Carolin Kebekus: Seine Geburt! Ich wurde bei meiner Oma abgegeben. Dann sind meine Eltern losgefahren, um den David zu kriegen. Ich erinnere mich noch an den Blick meiner Mutter, die auf dem Beifahrersitz saß, zu mir aus dem Fenster. Sie sah mich so an, als wenn sie sagen wollte: "Wenn ich wiederkomme, ist dein Geschwisterchen da." Später wurde ich schick angezogen, mein Vater holte mich ab, und im Krankenhaus lag dann der David. Ich weiß auch, dass ich danach immer dachte, dass der David mir gehört. Weil es hieß ja immer: "Caro, du bekommst ein Brüderchen."
"Danach hast du sofort mit ihr Schluss gemacht"
teleschau: Was haben Sie durch die intensive Beschäftigung mit Ihrer Vergangenheit gelernt?
David Kebekus: Dass wir sehr privilegiert aufgewachsen sind. Wir hatten keine echten Sorgen, es gab keine Armut, wir haben tolle Urlaube gemacht. Wir sind überdurchschnittlich behütet und gleichzeitig frei aufgewachsen. Wir hatten tatsächlich eine sehr schöne Kindheit, zu diesem Fazit kamen wir beide, oder?
Carolin Kebekus: Ja, das stimmt. Was ich auch vorher nicht wusste, war, welchen krassen Einfluss ich auf dich hatte. Einmal habe ich ein Mädchen als nervig kritisiert, von der ich nicht wusste, dass sie deine Freundin war. Danach hast du sofort mit ihr Schluss gemacht. Das kam erst über den Podcast so richtig raus ...
David Kebekus: Ja, vielleicht ist es mir da wie Schuppen von den Augen gefallen, dass sie tatsächlich nervig war (lacht).
teleschau: Und was haben Sie über Ihre Schwester gelernt, David?
David Kebekus: Dass sie eine sehr disziplinierte Arbeiterin und verlässliche Partnerin ist. Ich habe ja vorher immer nur das Ergebnis ihrer Arbeit auf der Bühne oder im Fernsehen gesehen. Jetzt waren wir ja ein richtiges Team im gleichen Projekt. Und ich muss sagen: Auf sie ist echt Verlass!