"Sayonara Loreley"

Katharina Marie Schubert im Interview: "Das Loreley-Lied ist auf keinen Fall Deutschland für mich"

04.06.2023 von SWYRL/Martina Maier

Langeweile kennt sie nicht - in einem ihrer zahlreichen Projekte ist die Vollblutschauspielerin Katharina Marie Schubert nun in einer multi-kulti- und doch urdeutschen Komödie zu sehen: "Sayonara Loreley". Am "disneyworldartigen Deutschlandbild" hatte sie großen Spaß.

Dass sie sich manchmal ein bisschen leid tut, räumt Katharina Marie Schubert ganz offen ein und lacht dabei. Das sei aber auch die einzige Ähnlichkeit mit ihrer Filmfigur in "Sayonara Loreley" (am Freitag, 9. Juni, 20.15 Uhr, im Ersten). In dem Streifen ist die 46-jährige Schauspielerin ("Bonn", "Totgeschwiegen") als graue Maus mit dem Traum von der großen weiten Welt zu sehen. Im wirklichen Leben genießt sie die Vielfalt ihres Berufs, der sie oft wochenlang an die verschiedensten Orte führt. Im Gespräch spürt man die Leidenschaft, mit der die Wahlberlinerin, die auch Regie führt, Drehbücher schreibt und Musik macht, ihre künstlerischen Tätigkeiten ausübt. Zwischen Filmprojekten spielt sie praktisch jedes Jahr auch Theater, zurzeit ist sie im Stück "Hungry Ghosts" in den Münchner Kammerspielen zu sehen. Eine viel beschäftigte Frau, die trotzdem entspannt wirkt und ausgiebige Antworten findet. Katharina Marie Schubert über japanisches Essen, Bio-Deutsche und den Verzicht auf Zucker.

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"Ein ganz anderer Lebensentwurf"

teleschau: In "Sayonara Loreley" spielen Sie Marie, eine Frau mit sehr wenig Selbstbewusstsein, die im altmodischen Lädchen ihrer Mutter versauert, zumindest zu Beginn. Was hätten Sie dieser erwachsenen Tochter gerne gesagt oder gewünscht?

Katharina Marie Schubert: Im Grunde genommen wünsche ich ihr genau den Film. Dass sie andere Leute trifft, die es auch nicht so gut haben, die aber mit mehr Energie daran gehen, ihre Situation zu verbessern. Und dass sie sich mal rausgräbt aus ihrem Unglück und ihrer Graumausigkeit. Zum Glück macht sie ja eine ziemliche Entwicklung durch und wird immer stärker. Mich selbst empfinde ich ganz anders als sie, obwohl ich mir vielleicht auch öfter mal ein bisschen leid tue. Ich bin tatkräftiger, nicht so verschüchtert, ich habe ein ganz anderes Verhältnis zu meiner Mutter und keine Geldsorgen in dem Sinne. Ein ganz anderer Lebensentwurf.

teleschau: Der Film porträtiert, wie man Deutschland gern aus japanischer, amerikanischer, argentinischer oder sonst einer Perspektive sieht, mit Straßenständen voller Mitbringsel, Kuckucksuhren, Biergläser und Ähnliches. Was mögen Sie an Deutschland?

Katharina Marie Schubert: Ich bin See-affin und liebe die Ost- und die Nordsee. Im Rheintal war ich vorher noch nie, das fand ich aber auch ausgesprochen schön und kann es empfehlen (lacht). Wir hatten bestes Wetter und durch die Ausläufer von Corona war es überhaupt nicht voll. Die Leute, die im Film durch Rüdesheim laufen, sind wirklich fast ausschließlich unsere Statisten. In der Gegend kann man sehr schöne Wandertouren machen, mit der Seilbahn den Berg hochfahren, dann eine Stunde laufen, mit der Seilbahn wieder runter und mit der Fähre zum Ausgangspunkt zurück. Wirklich traumhaft!

teleschau: Marie hat ein großes Faible für die japanische Kultur. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Katharina Marie Schubert: Ich habe ein großes Faible für japanisches Essen, und ich habe eine japanische Schwägerin. Ein bisschen was weiß ich über Japan, aber leider zu wenig, und ich war auch noch nie da. Aber wir haben uns das fest vorgenommen, dass das jetzt mal bald ansteht. Das Land ist total faszinierend und interessant.

teleschau: Was reizt Sie daran?

Katharina Marie Schubert: Am Essen mag ich, dass alles so klar ist. Es sind im Gegensatz zur italienischen Küche oder zum amerikanischen Burger-Essen zwei, drei Geschmackskomponenten. Man schmeckt den Reis und den Fisch, alles ist so pur. Das gefällt mir total. Und an Japan mag ich diese Andersartigkeit, unglaublich interessant. Und die Höflichkeit, das Zuvorkommende. Außerdem sind die Menschen wahnsinnig lustig.

teleschau: Wie waren die Dreharbeiten mit den japanischen Statistinnen?

Katharina Marie Schubert: Die waren ausgesprochen schön. Die gezeigten japanischen Touristinnen sprachen Deutsch und waren größtenteils seit Jahrzehnten in Deutschland. In Ludwigshafen lief der Film auf dem Filmfest, da waren die Statistinnen plötzlich auch da, weil sie sich angefreundet hatten. Ich fand es total schön, sie dort noch einmal wiederzusehen, denn mit denen war es wirklich nett, herzlich und witzig.

teleschau: Sie hatten im Rahmen Ihres Schauspielstudiums Gesangsunterricht - sind Sie auch im Chor wie Marie? Im Film beeindrucken Sie ja mit dem "Heideröslein" ...

Katharina Marie Schubert: Ich habe keine richtige Gesangsausbildung, aber ich war als Kind und Jugendliche viele, viele Jahre im Chor. Ich liebe das Singen wirklich sehr. Obwohl mir das bei "Sayonara" eher in bisschen wehtut (lacht) und etwas peinlich ist. Ich wollte immer gern wieder in einem Chor singen, aber das ist mit dem Beruf zu schwierig. Mal ist man sehr lange zu Hause und könnte jeden Tag und mal ist man wochenlang weg. Das ist sehr schade, denn sonst wäre ich wirklich sofort in einem Chor. Wenn ich Theater spiele, spiele ich oft auch Akkordeon und Klavier und singe, so oft und so viel man mich lässt.

teleschau: Sie sind in Gifhorn geboren und in Braunschweig aufgewachsen, da gibt es mehrere Akkordeonorchester ...

Katharina Marie Schubert : (lacht) Ja, aber ich wohne jetzt in Berlin. Meine Eltern leben noch in Braunschweig, deswegen bin ich immer mal zu Besuch da.

Kein Bedürfnis nach Hobbys - aber ein Chor wäre toll!

teleschau: Warum haben Sie sich gerade für diesen Film entschieden? Sie haben ja selbst Drehbücher geschrieben und auch Regie geführt und können aus vielen Möglichkeiten wählen.

Katharina Marie Schubert: Der erste und wichtigste Grund war der Regisseur Wolfgang Murnberger. Während und nach meinem Studium in Wien kamen seine Filme einer nach dem anderen ins österreichische Kino. Die gefielen mir sehr mit ihrem schrägen Humor, ich fand sie etwas ganz Besonderes. Dann habe ich ihn kennengelernt, und er sagte, er möchte gern, dass ich diese Rolle spiele. Also habe ich zugesagt, ohne das Drehbuch gelesen zu haben, nur weil er es verfilmt. Dann finde ich es schön, dass es um eine Frau geht, die in ein Städtchen fährt, das eine Art Aushängeschild Deutschlands für eine ganze Tourismusbranche ist und sie da fast nur Leute antrifft, die nicht bio-deutsch sind, die aber den Laden am Laufen halten, Dirndls tragen und Loreleylieder singen. Sie verkörpern dieses disneyworldartige Deutschlandbild, und das wird von den chinesischen, amerikanischen und japanischen TouristInnen dann als "Deutschland" missverstanden. Daran hatte ich großen Spaß. Wir haben im Film einen Alleinunterhalter, der wirklich dort arbeitet und das Lied von der Loreley mit solch starkem Akzent singt, dass man wirklich kein Wort versteht, aber das stört die TouristInnen nicht. Das finde ich genau richtig so. Mir kommt das Loreley-Lied ungefähr so fremd vor wie einem japanischen Touristen. Das ist auf keinen Fall Deutschland für mich.

teleschau: Was halten Sie davon, Regie zu führen und gleichzeitig zu spielen?

Katharina Marie Schubert: Das habe ich in zwei Filmen schon gemacht, vor dem "Mädchen mit den goldenen Händen". Ich kann es mir also schon vorstellen, aber wenn es eine große Rolle ist, ist die Doppelbelastung enorm. Ich weiß nicht, ob ich dazu solche Lust habe. Beim Regieführen von "Das Mädchen mit den goldenen Händen" war ich total froh, dass ich nicht spielen musste, sondern nur zugucken konnte (lacht).

teleschau: Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Katharina Marie Schubert: Das kann ich noch gar nicht sagen. Mir macht beides viel Freude. Das Regieführen und Schreiben ist mit viel mehr Aufwand verbunden und dauert sehr viel länger. Als Schauspielerin zu arbeiten ist nicht so zeitintensiv.

teleschau: Was haben Sie für persönliche Zukunftspläne?

Katharina Marie Schubert: Die Serie "Bonn", die jetzt gerade in der ARD-Mediathek läuft, hat mir großen Spaß gemacht. Ich hoffe sehr, dass es davon eine zweite Staffel gibt, weil es eine tolle Arbeit war mit der Regisseurin, mit den Kollegen, und auch das Thema war spannend. Das würde ich mir für das nächste Jahr wünschen. Außerdem würde ich sehr gerne in einem Politthriller mitspielen!

teleschau: Ach ja? Das Kontrastprogramm zum "Heideröslein"?

Katharina Marie Schubert: Ich schaue extrem gern Politthriller, aber nicht nur. Das sind für mich Serien wie "House of Cards" oder "The Wire", die von Macht, Geld, Korruption und Strukturen handeln, die man sich immer mal wieder klarmachen sollte.

teleschau: Abgesehen vom Thriller-Schauen, womit verbringen Sie sonst gern Ihre Freizeit?

Katharina Marie Schubert: Mein Beruf ist mein Hobby und mein Leben. Ich verstehe nie, wie Schauspieler noch Hobbys haben können! Wenn man das so betreibt wie ich, dann geht da nicht mehr viel Hobby. Ich spiele auch Theater und mache ab und zu mal ein Hörspiel. Es ist wirklich ein Full-Time-Job, aber auch mein Interesse. Ich habe so einen tollen, vielseitigen Beruf, der mich durch die Welt schickt und mir immer wieder Neues beschert, dass ich abgesehen davon, dass ich wie gesagt gerne in einem Chor singen würde, kein Bedürfnis nach Hobbys habe.

teleschau: Wäre es ein Vorsatz, sich mehr Auszeiten zu nehmen? Was halten Sie generell von guten Vorsätzen?

Katharina Marie Schubert: Ich esse so gut wie keine Süßigkeiten! Das klappt sogar ganz gut (lacht). Ich wollte mir etwas vornehmen, von dem ich das Gefühl hatte, es ist vielleicht auch einzuhalten. Außerdem möchte ich ein gutes Vorbild sein. Auf Alkohol zu verzichten, fällt mir nicht schwer, also versuche ich es mit Zucker. Ich habe manchmal schon in der Fastenzeit auf eine bestimmte Sache verzichtet. Ich verbiete es mir auch nicht ganz strikt, aber wenn ein Teller mit Keksen an mir vorbeikommt, denke ich, du hast dir doch was vorgenommen! Das macht irgendwie auch Spaß (lacht). Es ist aber nicht religiös motiviert. Auf etwas zu verzichten ist ein gutes Einüben. Wegen der Klimakrise werden wir sehr oft, sehr viel und bald auf einiges verzichten müssen, denke ich. Und das kann auch ein Spaß sein.

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