Ein Hauch von Amerika - Mi. 01.12. - ARD: 20.15 Uhr

Die Gedanken sind frei, aber nur die ...

23.11.2021 von SWYRL/Eric Leimann

Der ARD-Mehrteiler "Ein Hauch von Amerika" erforscht deutsch-amerikanische Befindlichkeiten Anfang der 50er-Jahre an einem US-Truppenstützpunkt in der Pfalz. Das mit Stars gespickte Event-Programm erzählt von Aufbruch und Zukunftsträumen, aber auch von Rassismus dies- und jenseits des Atlantiks.

Nachdem Drittes Reich, Weltkrieg sowie die deutsche Teilung und Wiedervereinigung in zahlreichen Event-Movies und Mehrteilern aufgearbeitet wurden, scheint sich die Nachkriegszeit als neues Setting für fiktionales Erzählen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen herauszukristallisieren. Klar, passt schon irgendwie. Der Altersschnitt der Zuschauer des linearen ARD- und ZDF-Programms liegt bei gut 60 Jahren. Schon der ARD-Dreiteiler "Unsere wunderbaren Jahre" beschäftigte sich vor gut anderthalb Jahren mit der ganz jungen Bundesrepublik. In der Verfilmung des gleichnamigen Buches von Peter Prange standen damals die Einführung der D-Mark und das Entstehen einer neuen gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Ordnung als Thema Pate. Hauptsächlich wurde jedoch ein Familienmelodram um drei Schwestern erzählt.

Eine dieser Schwestern verkörperte Elisa Schlott, die nun in "Ein Hauch von Amerika" auch die Hauptrolle spielt. Im neuen Nachkriegsepos, das in der Mediathek bereits ab Mittwoch, 24. November, als sechsteilige Miniserie abrufbar ist, spielt die 27-Jährige Bauerntochter Marie. 1951 macht sie im beschaulichen Pfälzer Ort Kaltenstein Bekanntschaft mit den amerikanischen Besatzern. Nach der Explosion einer alten Fliegerbombe auf dem Kartoffelacker ihrer Familie zerstört ein amerikanischer Panzer auch noch deren Ernte. Der Fahrer des Panzers, ein schwarzer Soldat namens George (Reomy D. Mpeho), will den Schaden wieder gut machen und ist sofort fasziniert von Marie. Doch die bleibt erst mal reserviert. Ihre Freundin Erika (Franziska Brandmeier), Tochter von Bürgermeister Strumm (Dietmar Bär), ist dagegen begeistert vom Lebensgefühl, das die Amerikaner in das verschlafen-konservative Kaltenstein bringen. Sie könnte sich eine Beziehung zu einem GI durchaus vorstellen ...

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Schwarze GIs in Deutschland: Rassismus von zwei Seiten

Ebenso euphorisch sind George und seine schwarzen Kameraden, die in Deutschland zum ersten Mal einen Hauch von Freiheit erleben, wenn sie in der Kaltensteiner Kneipe grenzenlos Bier bestellen und mit einem "Fräulein" ausgehen können. Während Erikas Bürgermeister-Vater mit den Amerikanern fleißig Geschäfte macht, legt sich Marie mit den GIs an. Als ihr Vater (Aljoscha Stadelmann) nach einem Wutausbruch verhaftet und dann auch noch sein Land für den Bau eines US-Militärkrankenhauses annektiert wird, nimmt Marie einen Job auf der Army-Base im Haushalt des Colonel Jim McCoy (Philippe Brenninkmeyer) an, um den Hof und die Existenz ihrer Familie zu retten. Vor allem mit McCoys Frau Amy (Julia Koschitz) versteht sich die junge Deutsche ausgezeichnet. Währenddessen ist unklar, ob Maries Verlobter Siegfried (Jonas Nay) noch einmal aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehren wird ...

Die Themen jenes "Culture Clashs" der frühen Besatzerjahre, der sowohl für junge Deutsche wie auch die amerikanischen GIs sehr prägend waren, verpacken die 270 Minuten Event-Fernsehen ziemlich effizient in ein typisches deutsches Fernsehmelodram. Die empfundene Freiheit der schwarzen GIs in Deutschland, der Rassismus gegen sie vonseiten der Deutschen wie auch ihrer weißen Vorgesetzten und Kameraden - all das wird hier erstmals in einem großen deutschen TV-Programm thematisiert.

Auch von älteren Deutschen wird erzählt, deren Wurzeln in die Vergangenheit scheinbar gekappt waren. Im Mittelpunkt steht jedoch jene junge Generation Deutscher, die den "Hauch von Amerika" als große Verheißung, ja als Traum von einem besseren und freieren Leben verstand. Sogar der erschreckende Nachkriegs-Antisemitismus gegen Juden, die frühzeitig in Deutschland Lokale eröffnen durften, kommt im Mehrteiler vor.

Das große Amerika in der kleinen deutschen Provinz

Ja, all diese Themen waren damals sehr präsent in der jungen BRD, zumindest unter der Oberfläche - auch wenn sie der Film etwas zu melodramatisch (Drehbuch: Johannes Rotter, Jo Baier, Christoph Mathieu, Ben von Rönne) und in der Bildsprache arg klassisch aufbereitet. Der Film von Dror Zahavi (Teil 2 am Samstag, 4.12., Teil 3 am Mittwoch, 8.12., jeweils 20.15 Uhr) wendet sich deutlich an ein älteres Publikum. Der ein oder andere Zuschauende kann sich vielleicht sogar noch an jene Jahre erinnern, als das große Amerika selbst in die kleinste deutsche Provinz einzog.

"Unsere wunderbaren Jahre" interessierte vor anderthalb Jahren sechs bis sieben Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer. Wer damals zufrieden war, wird es auch jetzt wieder sein. Sehr sehenswert ist auf jeden Fall die Dokumentation zum Thema: "Ein Hauch von Amerika - Die Doku" von Sigrid Faltin wird im Anschluss an den letzten Teil am Mittwoch, 8.12., um 21.45 Uhr, ausgestrahlt.

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