Dieter Könnes im Interview zu "Achtung Verbrechen!"

"Die Opfer sind in dem guten Glauben, auf nette Menschen zu treffen"

05.02.2023 von SWYRL/Elisa Eberle

Welche Betrugsmaschen sind derzeit besonders häufig? Und wie können sich potenzielle Opfer vor Betrugsangriffen schützen? Der Moderator Dieter Könnes gibt im Interview Einblick in seine Arbeit an der neuen RTL-True-Crime-Sendung "Achtung Verbrechen!" (erste Folge am Donnerstag, 9. Februar, um 20.15 Uhr).

Dieter Könnes ist kein Mann der halben Sachen: "Ich bin ein großer Verfechter der Aussage: 'Beruf kommt von Berufung", sagt er. Bei "Könnes kämpft" (WDR) setzte sich der 51-Jährige rund zehn Jahre lang für Verbraucherthemen ein. Vergangenes Jahr wechselte er zu RTL und "stern TV am Sonntag". In seiner neuen Sendung "Achtung Verbrechen!" stehen nun reale Betrugsfälle im Fokus: Ziel der Sendung, die erstmals am Donnerstag, 9. Februar, um 20.15 Uhr, bei RTL zu sehen ist, ist es, über moderne Maschen aufzuklären, Prävention zu leisten und ein Bild über die Häufigkeit derartiger Taten zu schaffen. Wie das gelingen kann, verrät der Moderator im Interview.

teleschau: Wurden Sie schon einmal Opfer eines Betrugs?

Dieter Könnes: Tatsächlich ja! Ich hatte online - wie so viele andere Menschen auch - bei einer Firma Gartenfeatures bestellt. Angeblich sollte alles sofort lieferbar sein. Dann stellte sich heraus, dass das ein Fake-Shop war.

teleschau: Wie ging die Geschichte aus? Haben Sie Ihr Geld zurückbekommen?

Könnes: Nee! Das waren rund 200 Euro. Das sind so Beträge, die du dann selber in den Wind schießt, weil du sagst: Okay, dafür lohnt es sich nicht, juristisch dagegen vorzugehen. Das ist wahrscheinlich auch Kalkül, dass die Täter sagen: "Damit rechnen wir nicht, dass die Geschädigten außer Beschwerden, Anrufen und Mails noch mehr tun." Ich habe es als Lehrgeld bezahlt und die Sache dann auch abgehakt.

teleschau: Haben Sie während der Vorbereitungen auf "Achtung Verbrechen!" gelernt, worauf Sie künftig achten sollten, damit das nicht wieder passiert?

Könnes: Das Kuriose ist ja, dass ich mich mit dem Thema schon seit Jahren beschäftige: In meiner Vorgängerzeit beim WDR habe ich als Verbraucherjournalist immer wieder genau solche Themen gemacht. Insofern ist die Sendung "Achtung Verbrechen!" aus meiner Sicht der verlängerte Arm dessen, was ich ohnehin schon gemacht habe. Da gab es auch immer wieder Betrugsthemen. Natürlich bin ich durch diese Erfahrungen sehr sensibilisiert und hellhörig geworden. Nur weil ich darüber berichte, will ich allerdings nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass es mir nicht doch noch mal passiert. Natürlich fragt man sich immer: "Wie kann man darauf reinfallen?" Aber wenn man einmal in diesem Strudel drinsteckt, fällt einem das gar nicht auf, weil es so perfekt gemacht ist.

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"Ich stimme der These zu, dass ältere Menschen die vermeintlich leichteren Opfer sind"

teleschau: Oft entsteht der Eindruck, dass vor allem ältere Menschen auf Betrugsmaschen hereinfallen.

Könnes: Ich stimme der These zu, dass ältere Menschen die vermeintlich leichteren Opfer sind. Das kennen wir zum Beispiel vom Enkeltrick: Da werden Telefonbücher gezielt nach älteren Vornamen durchsucht, um dann bei diesen Leuten anzurufen. Das scheint trotz aller Warnung immer noch ganz gut zu funktionieren.

teleschau: Woran liegt diese Tendenz Ihrer Einschätzung nach?

Könnes: Im Prinzip ergibt sich das aus der Lebenssituation der älteren Menschen. Das sieht man auch bei dem Fall "Erbschleicher", den wir in der ersten Sendung haben werden: Die Frau ist alleinstehend und hat ihren Mann verloren. Ihre Tochter wohnt weiter weg. Der Täter hat sich das Vertrauen im wahrsten Sinne des Wortes erschlichen und hatte somit leichtes Spiel. Die Opfer sind in dem guten Glauben, auf nette Menschen zu treffen, und sind dann bereit, das Portemonnaie zu öffnen. Somit hängt das eine mit dem anderen zusammen.

Hotspot-Karte für die Ermittlungsbehörden

teleschau: Wie will die Sendung den Betroffenen helfen?

Könnes: Das oberste Stichwort ist Prävention. Wir haben die Fälle sehr aufwendig recherchiert und werden sie sehr detailliert darstellen. Deswegen sind die Beiträge in der Sendung relativ lang, weil wir zeigen wollen, wie diese Masche funktioniert: Wie gehen die Täter vor? Mit welchen Argumenten setzen sie ihre Opfer unter Druck? Wir hoffen, dass sich viele Menschen, die betrogen worden sind, bei uns melden werden, wenn sie die Sendung sehen. Die Dunkelziffer ist in den meisten Fällen nämlich deutlich größer, als durch die Erstrecherche anzunehmen ist. Wenn wir Glück haben, nimmt der Bericht Betroffenen die Scheu, sich an die Polizei oder an Ermittlungsbehörden zu wenden und zu sagen: "Eigentlich wollte ich ja nicht, aber jetzt, wo ich das sehe, möchte ich auch aufmerksam machen, um andere zu warnen."

teleschau: Ein weiteres Element der Sendung ist das Betrugsradar.

Könnes: Wie bereits gesagt, möchten wir während der Sendung die Leute animieren, sich zu melden. Daraus entsteht eine Deutschlandkarte mit den Hotspots. Bei den Schockanrufen könnte es dann zum Beispiel so sein, dass sich das Phänomen auf eine bestimmte Region, wie das Ruhrgebiet, konzentriert. Diese Erkenntnis könnte im Anschluss ganz interessant für Ermittlungsbehörden sein.

"Die Schockanrufe haben mich überrascht"

teleschau: Wie eng ist diese Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden geplant? Ist, wie bei "Aktenzeichen XY" im ZDF, ein Ermittler vor Ort?

Könnes: Wir haben in dem Fall einen Experten (den Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes, Harald Schmidt, d. Red.) als Studiogast da. Er wird die ganze Zeit an meiner Seite sein, um den Fall immer wieder neu einzuschätzen. Wir werden themenspezifisch zudem Anwältinnen und Anwälte als Experten im Studio haben. In der ersten Sendung konzentrieren wir uns erst mal auf Betrugsfälle. Kapitalverbrechen oder Fahndungsaufrufe sind zunächst kein Schwerpunkt, aber wir wollen sie auch nicht gänzlich ausschließen. In der zweiten Sendung, die am 2. März laufen wird, geht es dann um die Frage, wie man sich in einem solchen Fall verhält. Da geht es zum Beispiel um eine ältere Dame, die zum Schein auf die Forderungen der Täter eingeht und so dafür sorgt, dass die Geldbotin bei der Übergabe festgenommen wird. Wie die Zusammenarbeit mit der Polizei aussieht, werden wir in der Sendung erklären.

teleschau: Welche der vielen Betrugsmaschen, mit denen Sie sich im Vorfeld der Sendung beschäftigten, hat Sie am meisten überrascht?

Könnes: Die Schockanrufe haben mich überrascht. Viele denken an den Enkeltrick oder den Wasseruhrentrick, wo die Täter sich Zugang zum Haus verschaffen. Das hat man alles schon mal gehört. Das mit den Schockanrufen war mir allerdings neu. Hier vermuten wir auch, dass die Dunkelziffer deutlich größer ist. Nur mal als Beispiel: In Nordrhein-Westfalen wurden im vergangenen Jahr 7.000 Schockanrufe gemeldet, zwei Jahre zuvor waren es 5.000. Da sieht man schon die Steigerung. Bei dem Fall aus der Sendung war ich überrascht, wie ausgebufft dieses System ist. Da sitzen am anderen Ende Menschen, die wissen zu 100 Prozent genau, was sie tun. Das ist wie beim Schach. Die sind ihren Opfern immer einen Schritt voraus.

teleschau: Wie kann man sich davor schützen?

Könnes: Das ist eine gute und eine verdammt schwere Frage, weil es eben so geschickt gemacht ist. Viel hängt von der Situation ab, in der man sich befindet. Der wichtigste Tipp bei Schockanrufen ist: Wenn es heißt "Sie haben keine Zeit" oder "Sie dürfen mit niemandem darüber reden", dann ist das Quatsch! Keine Ermittlungsbehörde setzt einen am Telefon so unter Druck, dass man quasi wie aus der Pistole geschossen reagieren muss. Spätestens da sollte man hellhörig werden. Das Gespräch kann man auch freundlich mit den Worten beenden: "Es klingelt gerade an der Tür. Rufen Sie bitte in zwei Stunden noch mal an." In der Zwischenzeit könnte man mit den Ermittlungsbehörden Kontakt aufnehmen.

Prävention steht im Vordergrund

teleschau: True-Crime-Formate sind seit einigen Jahren in aller Munde. Was fasziniert die Menschen so an dem Genre?

Könnes: Ich denke, das ist der berühmte Schlüssellocheffekt: Man will einfach wissen, was da draußen los ist. Wenn man dann erfährt, dass die Fälle eben nicht gescriptet, sondern echt passiert sind - möglicherweise sogar in der eigenen Umgebung -, dann ergibt sich ein Moment, in dem man dranbleiben und mehr erfahren will, weil es womöglich auch mich persönlich mal betreffen könnte. Unsere Geschichten sind mit Schauspielerinnen und Schauspielern nachgestellt, weil wir den Opfern nicht zumuten wollen, das Ganze nochmals zu durchleben. Es hat sich aber genauso zugetragen und ist aufwendig recherchiert. Diese glaubhafte Darstellung und die Überraschung, wie sich der Fall weiterentwickelt, sind Gründe für die Faszination.

teleschau: Was unterscheidet Ihre Sendung von vergleichbaren Formaten?

Könnes: Neu ist vor allem, dass wir die Prävention stark in den Vordergrund stellen. Und neu ist unser Betrugsradar: Dadurch, dass es eine Live-Sendung ist, haben wir einen direkten Rückkanal. Das werden wir in Zukunft sicher auch noch ausbauen, wie über die sozialen Medien. Diese beiden Punkte gibt es in dieser Form bislang noch nicht. Wir sind erst mal froh, dass wir mit zwei Folgen starten können. Wir möchten den Zuschauenden mit "Achtung Verbrechen!" eine interessante und informative Sendung bieten, insofern bin ich ganz optimistisch, dass weitere Sendungen folgen werden.

"Ich bin und bleibe ehrgeizig"

teleschau: Aktuell scheint es für Sie beruflich gut zu laufen: Im April 2022 übernahmen Sie die Moderation von "stern TV am Sonntag". Was wollen Sie neben "Achtung Verbrechen!" im Jahr 2023 erreichen?

Könnes: Mit der Moderation von "stern TV" bin ich total happy. Mit "Achtung Verbrechen!" kommt jetzt noch das Sahnehäubchen dazu. Das ist fast nicht zu toppen, denn in beiden Sendungen darf ich mit den Menschen auf Augenhöhe diskutieren, aufklären und versuchen, für Probleme eine Lösung zu finden. Das passt zu mir, und ich bin davon überzeugt, dass der Zuschauer auch sofort merkt, ob man etwas zu 100 Prozent mit Leidenschaft und Energie macht. Dass ich das mit gleich zwei Sendungen bei RTL so zeigen kann, erfüllt mich mit großer Freude.

teleschau: Also haben Sie keine mittel- bis langfristigen beruflichen Ziele?

Könnes: Doch, ich bin und bleibe weiter ehrgeizig. Aber ich bin auch ein großer Freund davon, das organisch weiterzuentwickeln. "Achtung Verbrechen!" ist eine Studioproduktion. Das mache ich gerne. Eine mögliche Weiterentwicklung wäre aber, dass ich auch als Reporter arbeite, ähnlich wie es ein Kollege in der zweiten Folge macht: Unter anderem geht er nach Schweden und stellt dort denjenigen, der gesucht wird. Diese investigative Suche bereitet mir viel Spaß, in diese Richtung würde ich die Sendung gerne weiterentwickeln.

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