Tunnel der Freiheit - Mi. 28.07. - ARD: 23.00 Uhr

Eindrucksvolle Bilder: Durch den Fluchttunnel in den Westen

25.07.2021 von SWYRL/Maximilian Haase

Nach dem Schock des Mauerbaus gruben Westberliner Studenten einen Tunnel, der 29 Ostberlinern die Flucht in den Westen ermöglichte. Die Doku "Tunnel der Freiheit" erzählt ihre spannende Geschichte anhand beeindruckenden Archivmaterials, das in HD restauriert wurde.

"Eine Beleidigung gegen die Menschheit", nannte US-Präsident John F. Kennedy den Bau der Mauer bei seiner legendären "Ich bin ein Berliner"-Rede am 26. Juni 1963 in West-Berlin. Knapp zwei Jahre zuvor hatte die DDR die Sektorengrenzen in der geteilten Stadt schließen lassen und die Errichtung eines im Propagandajargon sogenannten "Antifaschistischen Schutzwalls" angeordnet. Familien wurden getrennt, Menschen an der Ausreise gehindert. Eine Gruppe Studenten aus dem Westen stellte sich dagegen - und grub einen Tunnel, der 29 Menschen zur Flucht aus Ost-Berlin verhelfen sollte. Die neu aufgelegte Dokumentation "Tunnel der Freiheit", die mit den mahnenden Worten Kennedys beginnt, erzählt im Ersten nun ihre Geschichte.

Über vier Monate lang hoben die 41 Studenten den 135 Meter langen Tunnel aus. Sie riskierten ihr Leben, um Freunde, Partner und Verwandte aus dem abgeschotteten Osten zu sich zu holen. Das Wagnis gelang im Sommer 1962. Was heute nicht außergewöhnlich wäre, war damals spektakulär: Bau und die Flucht wurden von Filmkameras begleitet. Denn die Gruppe war nach 20 Metern des Tunnelbaus pleite, vom Verkauf der Filmrechte erhoffte man sich eine Finanzierung der Grabungen. Veräußert wurden Rechte an dem hochpolitischen Abenteuer an den US-amerikanischen Fernsehsender NBC, der das atemberaubende 16mm-Material im Dezember 1962 vor Millionenpublikum ausstrahlte.

1999 erzählte der viel beachtete Dokumentarfilm "Der Tunnel" - nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen deutschen Spielfilm, in dem die Geschichte 2001 mit Heino Ferch in der Hauptrolle verfilmt wurde - von der Flucht, samt Interviews mit Tunnelbauern und Zeitzeugen, unterlegt mit NBC- und weiterem historischem Filmmaterial, das man zuvor auf einem Dachboden eines Beteiligten gefunden hatte. Über 20 Jahre später zeigt nun "Tunnel der Freiheit" die Story neu verfilmt als Remake in HD und im Cinescope-Format. Derart aufbereitet lassen gerade die Filmsequenzen aus den 60er-Jahren eine Nähe zu, wie man sie in historischen Dokumentationen selten erlebt.

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Beeindruckendes Filmmaterial

Man sieht, wie weinende Mütter ihre Kleinkinder im Westen in Empfang nehmen, wie Menschen sich nach gelungener Flucht in die Arme schließen. Aber auch, wie die Tunnelbauer zuvor tagtäglich schufteten, und wie sie abseits davon ihren Alltag in dem jungen geteilten Land verlebten. Eine der mitreißendsten Geschichten ist jene von Klaus und Inge Stürmer, deren gemeinsamer Fluchtversuch 1961 misslingt. Er schafft es in den Westen, sie wird - schwanger und Mutter eines Kindes - im Osten zu einer Haftstrafe verurteilt. Schließlich arbeitet er am Tunnel mit und holt seine Liebsten in den Westen.

Für die Dokumentation konnten die Filmemacher die Stürmers, heute über 80 Jahre alt, treffen, interviewen und mit ihnen gemeinsam die alten Ausschnitte anschauen. Zu Wort kommt auch der berühmte Hasso Herschel, der die Fluchtwilligen koordinierte und in den Folgejahren hunderten Menschen auch auf andere Weise zur Flucht in den Westen verholfen haben soll. Heute ist er Mitte 80 und lebt in der Uckermark, wo das Filmteam ihn besuchte.

Andere Beteiligte am Fluchttunnel sind mittlerweile gestorben. So auch die beiden Italiener Mimmo und Gigi, die damals den Vertrag mit der NBC abschlossen und durch den Tunnel ihrem Kumpel Peter Schmidt helfen konnten. Berührende Interviews sowie Begegnungen zwischen den Freunden aus Ost und West zeigt das ebenfalls verbesserte Filmmaterial aus den 90-ern. Andere selten gezeigte Archivaufnahmen, TV-Ausschnitte und Privatbilder illustrieren den historischen Hintergrund im Kalten Krieg. So lebt der Film von Marcus Vetter vor allem von seinem beeindruckenden Material, seinen Emotionen und Protagonisten - und von seiner in Zeiten weltweiter Fluchtrouten und abgeriegelter Staaten zeitlosen Thematik. Der Drang nach Freiheit ist schließlich universell.

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