09.12.2025 von SWYRL/Friederike Hilz
Zwischen den Frankfurter Wolkenkratzern verfolgen junge Menschen ihren Traum vom Erfolg in der Finanzbranche. Welchen Preis zahlen sie dafür? Was motiviert sie? Eine ARD-Reportage taucht in die Welt des Geldes ein.
Irgendwo auf einem Golfplatz in Frankfurt treffen sich Finanz-Influencer David Döbele und Investmentbanker Andreas Wegerich. Dabei ist das Spiel selbst zweitrangig. Es geht um Deals, um Netzwerken und um Karriere. Gar nicht so unüblich in der Finanzbranche, in der Überstunden, ständige Erreichbarkeit und wenig Privatleben zum guten Ton gehören. Dafür winken ein hohes Gehalt, Status und Anerkennung. Aber ist es das wirklich wert? Und wie blicken Banker der GenZ auf diese Fragen?
Die ARD-Reporter Madeleine Sabel und Timm Giesbers tauchen in "Y-Kollektiv: Jung-Banker - bis ans Limit" in eine Parallelwelt ein und sprechen mit Studenten, Bankern und einem Aussteiger.
"Meine größte Angst wäre tatsächlich, durchschnittlich zu sein", erklärt Ling in der ARD-Reportage. Die 20-Jährige studiert dual an der privaten Hochschule Frankfurt School of Finance. Das bedeutet drei Tage Uni, drei Tage Arbeit bei einer Bank. "Ich fühle mich jeden Abend so richtig mächtig", erzählt Ling stolz, als sie mit den Reportern auf die Skyline der Mainmetropole blickt. In einem der Wolkenkratzer arbeite sie.
Die Zeit zwischen Büro, Uni und Bibliothek nutzen die Studentinnen und Studenten zum Netzwerken, denn gute Noten alleine reichen schon lange nicht mehr aus, um im Finanzsektor Erfolg zu haben. Man müsse die richtigen Leute kennen, sagt ein junger Mann bei einem After-Work-Event. Freizeit? Fehlanzeige. Aber das scheint die jungen Leute nicht zu stören, bemerken Sabel und Giesbers.
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Finanz-Influencer: "Ich glaube, das Schöne ist halt der Erfolg"
Döbele spricht auf seinen Social-Media-Kanälen genau diese jungen Leute an. Zwar war er selbst nie Banker, doch der 28-Jährige erklärt in seinen Videos, welchen Abitur-Schnitt man brauche, um in der Finanzbranche erfolgreich zu sein (laut ihm 0,67) und welche Universitäten und Hochschulen Firmen besonders beeindrucken. Außerdem bietet er Coachings an, um jungen Menschen beim Einstieg in die hart umkämpfte Finanzbranche zu helfen.
"Ich glaube, das Schöne ist halt Erfolg", erklärt er sich den Traum vieler junger Leute, in diese Welt einzutauchen. Anerkennung und Statussymbole könnten auch eine Rolle spielen, überlegt Döbele weiter, "aber viel kommt von innen", meint er. Als die beiden Reporter auf dem Golfplatz noch einmal nachfragen, kommt ihm sein Mitspieler zuvor: "Leidenschaft. Es ist Leidenschaft", ist Investmentbanker Wegerich überzeugt.
Doch hinter Sätzen wie diesem oder "die sind alle hungrig, die haben alle Bock", wie es Döbele sagt, scheint sich auch eine gewisse Erwartungshaltung zu verbergen: ständig Leistung, keine Pausen. Kritiker sagen: Der Influencer normalisiere mit seinem Content eine ungesunde Arbeitseinstellung.
"Es gibt schon Momente, wo ich dann dastehe und denke: Wofür eigentlich das alles?"
Auch nach dem Studium ändert sich wenig, wie die beiden ARD-Reporter in Gesprächen mit der Bankerin Vanaa (24) und dem Wirtschaftsprüfer Leon (28) feststellen. Dass sie für ihren Erfolg und das Geld privat große Abstriche machen müssen, stört sie auf den ersten Blick nicht. Doch bei einem Drink gesteht der 28-Jährige: "Es gibt schon Momente, wo ich dann dastehe und denke: Wofür eigentlich das alles?"
Auch Vanaa blickt nicht nur positiv auf ihre Branche: "Was mich schon ein bisschen nervt, ist, dass diese Bubble so ein bisschen auf ein Podest gestellt wird", erklärt die 24-Jährige. Dieses Klischee werde auch intern gerne aufrechterhalten, glaubt sie. Nach dem Besuch in der teuren Wohnung der Bankerin überlegt auch Giesbers: Als Krankenschwester oder Pfleger arbeite man ebenfalls hart, aber "du wirst auf keinen Fall in so einem Tower, in so einer krassen Bude leben. Das ist schon dicker Luxus, den diese Branche dir ermöglichen kann."
DZ Bank-Vorstand: "Das kann man nicht zurückholen"
Ob Geld und Luxus es wert sind, privat zurückzustecken? Das ist wohl eine persönliche Entscheidung. Stefan Beismann, Vorstand der Firmenkundensparte der DZ Bank, der zweitgrößten Bank Deutschlands, bereut mittlerweile, dass er wegen seiner Karriere einige Momente im Leben seiner inzwischen erwachsenen Kinder verpasst hat, wie er Sabel und Giesbers erzählt: "Das kann man nicht zurückholen. Das ist einfach weg."
Wenn der Alltag in der Branche für eine Person nicht "tragbar" ist, kann das krank machen, dessen ist sich Vanaa bewusst. So erging es Mario. Der ehemalige Investmentbanker ist heute Physiotherapeut und hat dafür ein Jahresgehalt von um die 100.000 Euro aufgegeben.
Heute verdient er weniger als die Hälfte und dennoch bereue er seine Entscheidung nicht. Die ständige psychische Belastung habe sich auch auf sein körperliches Wohlbefinden ausgewirkt. Anders als es etwa Döbele erzählte, berichtet Mario von einer "Ellenbogen-Mentalität" unter den Kolleginnen und Kollegen. "Und der Schwächste verliert."
"Y-Kollektiv: Junge Banker - bis ans Limit" ist in der ARD-Mediathek zu sehen.



