Freddy Quinn - eine deutsche Legende - So. 18.05. - ZDF: 23.45 Uhr

Heimweh nach St.Pauli

13.05.2025 von SWYRL/Hans Czerny

60 Millionen verkaufte Schallplatten, eine Karriere als Sänger, Schauspieler und Zirkusartist: Freddy Quinn war ein Phänomen. An der Geschichte vom Seemann, die man ihm auf den Leib schrieb, stimmte fast nichts. Heimweh war sein Thema, es traf den Nerv der Nachkriegszeit.

"Junge, komm bald wieder, bald wieder nach Haus ..." - Seine Lieder sind zumindest für ältere Semester bis heute im Ohr. Er selbst und mehr noch seine Plattenfirma verpassten ihm ein Seemannsimage. Der Künstlername Freddy Quinn soll auf Grund des fehlenden Nachnamens bei seiner ersten Plattenproduktion entstanden sein. "Heimweh" hieß die, und dieses Motiv klebte an Freddy Quinn, der als Manfred Nidl in einem Dorf in Niederösterreich geboren wurde und sich später mal als Hamburger, mal als Wiener ausgab, ein Leben lang. "Wer ist Freddy Quinn wirklich?" will daher die neue ZDF-"History"-Ausgabe sehr streng wissen.

Auf der Suche nach dem am 27. September 1931 geborenen Schlagerstar Freddy Quinn lässt sich stets prächtig in TV-Archiven wühlen. Zum Vorschein kommt denn auch in der neuen Doku ein Nachkriegs- und Wirtschaftswunder-Deutschland, das wirkt, wie schlecht geträumt. Aber man muss es ihm lassen: Freddy sang mit Schmelz in der Stimme - zumindest wenn die Tonlage stimmte. Ein Schuft, der nicht dahinschmelzen würde bei seinem Seemannsgarn, das er eben nicht nur in seinen Schlagern, sondern auch immer wieder in irgendwelchen Interviews wob.

Der Film von Falko Korth bringt wenig Überraschendes. Freddy selbst, heute 93 und zurückgezogen bei Hamburg lebend, bekommt man offensichtlich nicht mehr vor die Kamera. Sattdessen greifen Halbzeugen wie die frühere Moderatorin Sabine Sauer helfend ein. "Ich glaube...", so sagt sie immer wieder ehrlich, wenn sie Quinns Karriere interpretiert.

Gut, dass wenigstens der Biograf Elmar Kraushaar als rettender Anker fungiert und mit gebotener Sensibilität manches richtigstellt. Ja, er ging mit dem leiblichen Vater als Kind nach Amerika, wurde von der Mutter nach Wien zurückgeholt, fungierte im Krieg dort als Luftschutz-Melder. Es zog ihn fort in ferne Länder, auch als Schiffsjunge war er unterwegs und machte bereits davor in Hamburger Kneipen Musik. Mit dem Stiefvater, einem wirren Adeligen, den die Mutter heiratete. war er völlig über Kreuz. Er war wohl auf einer ewigen Vatersuche, seine tatsächliche Gefühlswelt konnte sich mit seinem zur Schau getragenen Heimweh durchaus decken.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

Scheitern am Broadway

Als er den Broadway erobern wollte und in der Jimmy-Carson-Show "Spanish Eyes" sang, wurde mit Al Martino ein anderer Interpret des bereits gelisteten Songs entdeckt - das Ende von Freddys Karriere in Amerika. Ende der 60-er dann ein anderer Fauxpas: der reaktionäre Song "Wir", der die "sinnlose Faulheit" der protestierenden langhaarigen Studenten verhöhnte. Dass es ohnehin sein wahrer Traum war, Zirkusartist zu sein, wird leider nur in allzu kurzen Szenen belegt. Plausibel hingegen die Wut auf die ihn ob seiner eigenen Legendenbildung beschimpfenden Presse. Dass er einen Paparazzo anlässlich der Aufführung seines Musicals "Heimweh nach St. Pauli" unter Jayne Mansfields Hamburger Hotelbett hervorzog, glaubt man gerne, auch wenn es fast zu schön sein mag, um wahr zu sein.

Zweifellos traf Freddy Quinn einen Nerv der Zeit, auch mit dem Saubermann-Image, das er sich gab. Zuletzt wurde er wütend, launig und ungeduldig. Doch, wenn er mit Samtstimme spanische Folklorelieder sang, war das "zum Niederknien", bemerkt sein Biograf im Film. Eine durchaus angemessene Ehrenrettung.

Bereits 2008 sagte Freddy Quinn: "Ich habe genug, es reicht". Dabei hatte er mindestens drei Karrieren hinter sich: als Sänger, Schsuapieler, Musicalstar. So eine Zeit wie in den 50er- und 60er-Jahren war ihm nie wieder geglückt.

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL