"Expedition in die Heimat - Takeover Harald Schmidt"

"Hip ist woanders": Harald Schmidt verteilt fiese Seitenhiebe gegen das Schwabenländle

13.08.2022 von SWYRL/Simone Deckner

Harald Schmidt in ungewohnter Rolle: Als Reiseführer stellt er die Orte seiner Jugend im Schwäbischen vor. Mit Samthandschuhen geht der Entertainer aber nicht ins Werk - ganz im Gegenteil spart er nicht mit Seitenhieben gegen die Bewohner seiner Heimat.

Seit 2009 kennt man ihn als leicht verklemmten Kreuzfahrtdirektor Oskar Schifferle vom "Traumschiff" - nun schickt der Südwestrundfunk (SWR) Satiriker Harald Schmidt auf eine Reise in die eigene Vergangenheit: Zum zehnjährigen Jubiläums der SWR-Reihe "Expedition in die Heimat" besucht er das Schwabenländle, genauer: seinen Geburtsort Nürtingen, Stuttgart und die schwäbische Alb.

Ein großer Spaß, denn Schmidt verweigert sich der traditionellen Rolle der allwissenden Reiseleiters. Stattdessen sieht man dem 64-Jährigen dabei zu, wie er auf auf Burg Hohenneuffen in die Ferne guckt und Sätze sagt wie: "Das ist ja endlos! Das geht ja von ... bis ... fahren sie hin, schauen sie es sich an!" Wer mehr Informationen wolle, könne das "ja im Netz nachlesen".

Die Spontaneität, mit der Schmidt die vorgegebene Stationen abläuft, macht, dass man ihm gerne folgt. Vor dem Haus in Nürtingen, in dem er aufgewachsen ist, zeigt er auf das Küchenfenster: "Für meine Mutter war das nervlich nicht einfach, denn die Bushaltestelle war nur 50 Sekunden entfernt. Mein Bruder und ich haben uns nochmal Marmelade aufs Brot geschmiert, als der Bus schon vorfuhr", erinnert er sich.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

Harald Schmidt auf den Spuren seiner Vergangenheit

Als ehemaliger Orgelschüler ist ein Stopp in der Kirche Pflicht: "Sie haben hier Hausrecht!", umschmeichelt ihn ein junger Pfarrer. Das Vorspielen ist Schmidt sichtlich unangenehm. "Der Trick ist ja, dass man dann ins Leise, Meditative geht", sagt er, während der Pfarrer inbrünstig ein Kirchenlied anstimmt. Entspannter geht es dann auf einer Wiese im Tiefenbachtal zu, wo sich der junge Harry "beim Skifahren die Haxn gebrochen hat". Und da steht doch tatsächlich noch die Scheune, hinter der er und seine Kumpels sich damals heimlich zum Rauchen versteckt haben: "HB, Ernte oder Stuyvesant", erklärt Schmidt, "im Mega-Joke-Jargon damals Schtossmichsanft genannt."

Zur Musik von "Dreams Are My Reality" geht Schmidt an der Treppe vorbei, auf der er sich einst in eine Mitschülerin verguckte. "Jetzt wird diese Treppe mit Gold ausgelegt, Weltkulturerbe und der Ministerpräsident wird sie dann einweihen", sinniert er mit gestellt glasigem Blick. Sein vorläufiges Fazit: "Nürtingen ist gut für junge hippe, gut ausgebildete Familien, die noch einen Tag die Woche arbeiten oder Home Office auf dem Campingplatz in der Schwäbischen Alb machen wollen."

"Ich scheine eine Ausstrahlung wie ein Makler zu haben"

Getreu dem Motto, das Beste an Düsseldorf ist der Zug nach Köln (Schmidts Wahlheimat), steigt Schmidt auf dem "legendären Gleis 2" am Nürtinger Hauptbahnhof in den Zug nach Stuttgart. "Hier stand ich mit Reisetasche und Plastiktüte und dachte mir: 'Fahre ich mal nach Stuttgart und steige ins Showgeschäft ein.' Unterm Strich hat es ganz gut funktioniert", bilanziert Schmidt, der mit 19 Jahren die Schauspielschule in der Landeshauptstadt besuchte. Das Schauspielhaus sei "total zentral" für sein ganzes Leben gewesen, gerät Schmidt ehrlich ins Schwärmen. Dass er hier erst engagiert wurde, als er schon beim Fernsehen erfolgreich war, ist ihm schnuppe: "Das war aus PR-Gründen - egal! Ich wollte hier nur spielen."

Groß sind auch die Szenen, in denen Schmidt von Passanten in der Stuttgarter Fußgängerzone angesprochen wird. Einer bietet ihm spontan eine Luxus-Wohnung an: "160 Quadratmeter, große Garage für den Jaguar." Ein anderer starrt ihn unangenehm lange an und rückt dann damit heraus, dass er eine Wohnung in Köln sucht. Ob Schmidt als Wahl-Kölner da nicht mal was machen könne? Der 64-Jährige ist amüsiert: "Ich scheine eine Ausstrahlung wie ein Makler zu haben." Zwei ältere Touristinnen fällt beim Anblick des Satirikers der alter Schlager "Schmidtchen Schleicher" ein. Schmidt grinst, "der mit den e-las-ti-schen Beinen, das kennen heute ja nicht mehr so viele!"

Alles ein bisschen gemütlicher und altmodischer hier im Ländle, was Schmidt gar nicht schlimm findet. "Ich finde am lustigsten, wenn Schwaben versuchen, hip zu sein", sagt er, "hip ist woanders. Ich war auch nie hip!" Bei all seinen "Traumschiff"-Reisen, so hat Schmidt es jüngst dem "Stern" erzählt, habe er festgestellt, dass es ihm eigentlich egal sei, wo er ist: "Für mich ist nur der Reisevorgang als solcher interessant." Die Rolle des Reiseleiters habe ihm "großen Spaß gemacht", verabschiedet sich Schmidt, "bei anderer Gelegenheit gerne wieder!"

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL