Dokumentarfilm im Ersten: Die Kinder der Klimakrise - Di. 30.11. - ARD: 22.50 Uhr

"Ich möchte nicht leise sein": So kämpfen Jugendliche für eine bessere Zukunft

27.11.2021 von SWYRL/Maximilian Haase

Vier Mädchen im Kampf gegen den Klimawandel: "Die Kinder der Klimakrise", so der Titel einer neuen ARD-Doku, porträtiert mutige junge Menschen aus drei Kontinenten.

Nicht selten kommt es vor, dass Kinder und Jugendliche einem das Offensichtliche klar vor Augen führen. So brauchte es erst eine Greta Thunberg, um die alte Garde der Weltpolitik nachdrücklich auf das dringliche Problem des Klimawandels aufmerksam zu machen. Noch deutlicher als die junge Schwedin zeigen aber "Die Kinder der Klimakrise" in der gleichnamigen ARD-Dokumentation auf, was es heißt, unter globalen Umweltkatastrophen zu leiden. Der Film von Irja von Bernstorff begleitet auf drei Kontinenten vier Mädchen im Alter von 11 bis 14 Jahren, deren Leben und Existenz von der Krise bisweilen akut bedroht sind.

Die globale Tragweite der Klimakrise scheint im gemeinsamen Anliegen ziemlich unterschiedlicher Jugendlicher auf: Da wäre die 14-jährige Fatou aus dem Senegal, deren Leben am Rande der Sahara vom Mangel am Wesentlichsten geprägt ist: Wasser. Seit Wochen hat es nicht geregnet, die enorme Trockenheit lässt Ziegen sterben und Menschen darben. Ihren Tag muss Fatou mit Wasserholen verbringen, alles dreht sich ums Überleben. Das hat weitere Auswirkungen: Das Lernen für die Schule bleibt auf der Strecke. Fatou, die sich für einen neuen Wassertank für ihr Dorf einsetzt, repräsentiert zwei Milliarden Menschen, die mangelnden Zugang zu sauberem Wasser haben.

Im indischen Punjab wiederum leiden die Menschen unter einem anderen Umweltproblem: Das Abbrennen der Erntereste auf den Feldern der fruchtbaren Gegend bewirkt eine gigantische Luftverschmutzung; verpestet werden Luft und Boden zudem durch die flächendeckende Verwendung chemischer Düngemittel. Von den Folgen für die Menschen - insbesondere das häufige Auftreten schwerwiegender Erkrankungen - ist auch die zwölfjährige Gagan betroffen. Das junge Mädchen musste sich vor zwei Jahren einer komplizierten Lungen-OP unterziehen. Heute kämpft sie gegen die Ernteverbrennung - nicht nur mit einem von ihr organisierten Lichtermarsch, sondern auch, indem sie vor der Kamera sogar einen Bauern konfrontiert: "Warum brennst du die Felder ab?" - "Weil ich keine Wahl habe", antwortet der Mann.

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So etwas wie Notwehr

Die Folgen der fragwürdigen Umweltpolitik des Westens führt die ebenfalls zwölfjährige Nina aus Indonesien vor Augen: Ihr Leben in dem südostasiatischen Inselstaat ist geprägt von Müllbergen, die sie umgeben. Oft handelt es sich dabei um Plastikmüll, der aus westlichen Ländern wie den USA, Kanada, Australien und aus Europa importiert wurde. Mit ihren Freundinnen fördert Nina im Müll die Überbleibsel der westlichen Wohlstandsgesellschaften zutage - unter anderem einen deutschen Personalausweis. Sie will zeigen, "dass Indonesien mit Müll aus den Industrieländern bombardiert wird".

In Indonesien bringe man Mädchen bei, sich nicht einzumischen, sagt Nina: "So bin ich nicht. Ich möchte nicht leise sein." Ninas Kampf für eine müllfreie Zukunft ist beachtlich: In Briefen an die Regierungschefs der Industrieländer fordert sie politisches Handeln, bei einem Treffen mit dem deutschen Botschafter übergibt sie ein Schreiben an Angela Merkel.

Betroffen sind aber auch die Kinder der westlichen Länder selbst, wie das Beispiel der elfjährigen Sabyah zeigt. Die Kamera begleitet die Australierin bei ihrem Einsatz gegen die Kohleindustrie, zu deren Folgen nicht nur Luftverschmutzung, sondern die Zerstörung ganzer Ökosysteme gehören könnte. In Australien, das weltweit zweitgrößter Kohleexporteur ist, zeigt sich das am bedrohten Great Barrier Reef, das bislang schon über die Hälfte seiner Korallen verloren hat. Bei ihren Tauchgängen sieht Sabyah wofür sie kämpft.

Ihre Mitschüler, deren Eltern oft in den Kohleminen arbeiten und um ihre ökonomische Existenz fürchten, können dem Engagement der jungen Klimaaktivistin weniger abgewinnen: "Viele meine Schulkameraden mögen mich nicht, weil ich eine andere Meinung habe", beklagt sie die grassierende Ignoranz. Klimaschutz versus Arbeitsplätze: In den postindustriellen Gesellschaften des Westens scheint sich diese Debatte überall zu wiederholen.

Auch wenn die Dokumentation an mancher Stelle etwas belehrend und naiv auftritt, auch wenn der Schluss (Regen fällt, Verträge werden unterzeichnet, Kinder tanzen) gar eine Art unrealistisches Happy End suggeriert: "Die Kinder der Klimakrise" zeigt die Generation, die von den Folgen des Klimawandels am meisten betroffen sein wird, nicht als bemitleidenswerte Opfer. Sondern als bewundernswerte junge Menschen, die ihre bedrohte Zukunft aktiv retten und umgestalten wollen. Dass sie für eine bessere Welt kämpfen, scheint kein Lifestyle, keine Ideologie, kein Aktivismus um des Aktivismus willen zu sein. Sondern in vielen Fällen tatsächlich so etwas wie Notwehr.

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