ARD-Mediathek

Neue ARD-Dramedy "All you need": Schwul, und das ist auch gut so

02.05.2021 von SWYRL/Christopher Schmitt

Queere Charaktere treten oft lediglich als Nebenfiguren auf, "All you need" rückt sie in den Mittelpunkt. Die fünfteilige ARD-Dramedy zeigt die Lebensrealität junger Homosexueller in einer pulsierenden Hauptstadt.

"Für viele Menschen wird 'All you need' vielleicht erst mal ein Schock sein." Schauspieler Benito Bause verkörpert in der fünfteiligen ARD-Dramedy eine schwarze schwule Hauptfigur. Der 29-Jährige ist sich sicher: Das ist revolutionär. "So eine Empowering-Figur wie Vince habe ich so im deutschen Fernsehen noch nie gesehen." In der Tat weicht das beschwingt erzählte "All you need" von den klassischen Sehgewohnheiten ab und identifiziert sich zu 100 Prozent als queer. Hier werden Homosexuelle nicht zu Nebenfiguren degradiert. Hier tragen sie die gesamte Serie und erzählen ihre Geschichte. Ab Freitag, 7. Mai, ist das gelungene Shortform-Format um den Lifestyle junger Schwuler in Berlin in der ARD-Mediathek abrufbar.

"Mir war es von Anfang an sehr wichtig, meine eigenen Erfahrungen als Teil der schwulen Community in das Projekt einfließen zu lassen, um eine größtmögliche Authentizität zu schaffen", erklärt Autor und Regisseur Benjamin Gutsche. Jenseits von Klischees ist ihm dies auf moderne Weise gelungen. "All you need" ist von frischen, gewitzten Dialogen geprägt und überzeugt durch sympathische Charaktere.

Medizinstudent Vince und sein bester Freund, der Webdesigner Levo (Arash Marandi), leben gemeinsam mit der guten Seele Sarina (Christin Nichols) in einer Berliner WG. Während ersterer Männer auf Dating-Apps aufreißt und durchs Nachtleben tanzt, zieht Levo nun zu seinem Partner Tom (Mads Hjulmand) in die spießige Vorstadt. Als Vince im Gay-Club auf den geheimnisvollen Robbie (Frédéric Brossier) trifft, bleibt es nicht bei einer schnellen Nummer. Erstmals stürzt er sich in eine Beziehung, doch weiß nichts von Robbies dunkler Seite.

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Schwulsein allein ist kein Charakter

Das größte Verdienst von "All you need" ist es wohl, die Lebensrealität junger Schwuler als gelebte Normalität abzubilden, ohne deren sexuelle Orientierung als einzig bedeutendes Merkmal zu begreifen. "Die Sexualität einer Figur ist mit Sicherheit ein wichtiger Aspekt, aber letztendlich auch nur ein Aspekt von vielen, die einen Menschen ausmachen", so Regisseur Gutsche. Die Protagonisten sind einsam, haben Beziehungsprobleme, Ärger mit Freunden oder dunkle Geheimnisse. In vielerlei Hinsicht unterscheiden sie sich nicht von den heterosexuellen Vertretern des Berliner Partyvolks. Ob Homo oder Hetero, ob Tinder oder Grindr: Viele Millennials haben unter dem Strich die gleichen Bindungsprobleme.

Homophobie und der unterschiedliche Umgang der Betroffenen mit der Diskriminierung wird jedoch keineswegs unterschlagen. Manch Betroffener ist offen wütend und konfrontativ, mancher ballt die Faust in der Tasche und bleibt äußerlich cool. Der eine trägt die Gay-Pride nach außen, der andere ist der Meinung, man müsse "es ja nicht allen auf die Nase binden" - schließlich besteht die Nachbarschaft seit neuestem aus Spießern. Im Falle von Vince kommt zur sexuellen Orientierung noch eine Hautfarbe, die auch 2021 noch Diskriminierung bedeutet. Homosexuell sind sie alle, homogen selbstverständlich nicht.

Die Gay-Sauna als neue Welt

Emotionales Potenzial birgt hingegen vor allem die Rolle von Tom: Der Spätzünder führte als Vorstandsmitglied einer Versicherung ein gesichertes Familienleben außerhalb der Stadt. Es war ein Leben voller Lügen. Im Gegensatz zu den anderen in der Clique ist er verhältnismäßig neu in der Gay-Community. In Rückblicken wird der Kampf mit sich selbst und gegen das eigene homophobe Selbstbild angerissen. Der Vater eines Teenagers muss beim Besuch der Gay-Sauna erst lernen, dass die Männer hier aus zweierlei Gründen ins Schwitzen geraten. Eine neue Welt tut sich auf.

Von falschen Tabus macht sich "All you need" ohnehin vollkommen frei. Bereits nach wenigen Minuten kommt es zum Oralsex auf der Club-Toilette. "Wir hatten einen Intimacy Coach, der uns geleitet hat, der hat alles durchchoreografiert. Sodass wir wussten, woran wir sind", so Schauspieler Frédéric Brossier über die intimen Szenen mit Benito Bause. Es geht heiß her im WG-Zimmer - oder eben auf der Club-Toilette.

ARD-Spartensender One zeigt "All you need" auch im linearen Fernsehen. Die Folgen eins und zwei laufen am Sonntag, 16. Mai, ab 23.15 Uhr. Die Episoden drei bis fünf werden am Montag, 17. Mai, ab 21.45 Uhr ausgestrahlt.

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