Zum ARD-Film "Das Haus"

Science Fiction oder Wirklichkeit: Können Häuser denken?

13.08.2024 von SWYRL/Elisa Eberle

In dem nun erneut gezeigten Fernsehfilm "Das Haus" (ARD) richtet sich ein modernes "Smart Home" gegen seine eigenen Bewohner, weil diese vom gewünschten Kurs abweichen. Wie realistisch ist dieses Szenario tatsächlich?

Es ist ein durchaus beunruhigendes Zukunftsszenario, das Rick Ostermann (Regie und Buch, mit Patrick Brunken) in seinem kühlen Thriller "Das Haus" (Erstausstrahlung 2021, Wiederholung am Mittwoch, 14. August, 20.15 Uhr, das Erste) entwirft: Tobias Moretti spielt darin einen regierungskritischen Journalisten, der im Jahr 2029 mit einem Schreibverbot belegt wurde. Um dem Ärger zu entgehen, zieht er sich mit seiner Frau Lucia (Valery Tscheplanowa) in sein Ferienhaus auf einer einsamen Insel zurück.

Doch das Haus ist "smart" - es lebt, könnte man fast sagen. Jedenfalls erkennt es seine Bewohner, öffnet selbstständig die Türen und beginnt irgendwann ein gefährliches Eigenleben zu entwickeln. Wie wahrscheinlich ist ein derartiges Szenario? Können Häuser wirklich "denken"? Und wie kann man sich vor Manipulation von außen schützen?

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Was kann das Smart Home heute?

"Smart Homes", also "Intelligente Häuser", gibt es wirklich. Man versteht darunter ein Haus, in welchem bestimmte Geräte über ein zentrales Steuerungssystem, zum Beispiel über ein Smartphone oder ein Tablet, miteinander verbunden sind. Dies hat den Vorteil, dass man die verknüpften Anwendungen intelligent, energiesparend und komfortabel nutzen kann. Wie im Film ist es auch in der Realität möglich, Türen automatisch zu öffnen, Musik mit einem verbalen Befehl zu starten oder das Licht auf die gewünschte Intensität zu dimmen. In sogenannten smarten Szenen können zudem bestimmte Befehle in einem einzigen gebündelt werden. Dies ist zum Beispiel im Sicherheitssektor praktisch, etwa wenn der Bewegungsmelder auf der Veranda gleichzeitig die Außenbeleuchtung und eine Sirene aktiviert und so etwaige Einbrecher in die Flucht schlägt.

Den wohl größten Nutzen bietet das derzeitige Smart Home allerdings beim Energiesparen: Da viele Smart Homes inzwischen über eine Selbstlernfunktion verfügen, können sie Daten über die Gewohnheiten ihrer Bewohner sammeln. In gewisser Weise können diese Häuser also tatsächlich schon heutzutage "denken", so wie es auch in dem "Near-Future"-Szenario im Fernsehfilm dargestellt wird.

Welche Vorteile haben Smart Homes?

Mit der Zeit "lernt" die verbaute Künstliche Intelligenz (KI), welche Räume wann von den Bewohnerinnen benutzt werden. In wenig benutzten Räumen wird die Heizung nach unten reguliert, gleiches gilt über Nacht. Pünktlich zur Weckzeit sorgt das Smart Home allerdings für eine angenehme Wärme in den Wohnräumen. Gleichzeitig ist denkbar, dass die Waschmaschine in Zukunft genau dann ein Waschprogramm startet, wenn der erneuerbare Strom gerade besonders günstig ist. Das spart Energie und Kosten.

Doch es gibt noch mehr Vorteile: In Zukunft, so hoffen viele Entwickler, sollen ältere Menschen dank Smart Homes länger selbstständig zu Hause wohnen können. Da die KI ihre Gewohnheiten kennt, soll sie bei Angehörigen Alarm schlagen, wenn die Person morgens zu lange im Bett liegen bleibt, oder aber den Herd ausschalten, wenn eine demente Person ihn vergessen hat. Zuletzt kann die smarte Technik etwaige Schäden frühzeitig erkennen: Wenn der Wasserschlauch einer Waschmaschine platzt, merkt der batteriebetriebene Wassermelder etwa schon ab einem Wasserstand von 1,5 Millimeter, dass etwas nicht stimmt, und schickt automatisch eine SMS an den Besitzer.

Es gibt auch Nachteile

Doch wie bei vielen Dingen im Leben gibt es auch beim Smart Home einige Haken. Zunächst einmal sind Smart Homes sehr teuer: 2015 berichtete die "Süddeutsche Zeitung" über den Bau einer intelligenten Wohnsiedlung in Karlsfeld bei München. Damals hieß es, dass Käufer eines intelligenten Hauses etwa 20 Prozent mehr investieren müssten als beim Kauf einer herkömmlichen Technik. Auch wenn es heute Einsteigerpakete für 200 bis 300 Euro gibt, decken diese noch lange nicht den vollen Umfang an Möglichkeiten ab. Außerdem lassen sich Produkte unterschiedlicher Hersteller nicht uneingeschränkt miteinander kombinieren. Ein vollständig ausgestattetes Smart Home, in welchem die unterschiedlichen Geräte miteinander interagieren, ist in vielen Fällen also noch Zukunftsmusik.

Zuletzt - und das dürfte für viele der wohl entscheidendste Kritikpunkt sein - gibt es ungeklärte Fragen beim Datenschutz: 2011 machte eine Forschergruppe aus Münster Schlagzeilen, weil sie anhand der Daten eines intelligenten Stromzählers auf den Film geschlossen hatte, den sich der Verbraucher im Fernsehen angesehen hatte.

Wenn der Kühlschrank Spam-Mails verschickt

Die Anbieter von Smart Home-Technologien empfehlen, die Geräte, ebenso wie Computer oder Smartphones, vor unerlaubten Zugriffen von außen zu schützen: So sollen Kunden starke Passwörter, bestehend aus Zahlen, Sonderzeichen sowie Groß- und Kleinschreibung, verwenden und diese regelmäßig wechseln. Am besten bekommt jede Anwendung und jedes Endgerät ihr eigenes. Außerdem empfehlen sie regelmäßige Updates und die Installation eines Anti-Virenprogramms auf dem Endgerät, welches als Steuerzentrale dient.

Die erhobenen Daten, heißt es weiter, würden in den meisten Fällen auf einem geschlossenen Server zu Hause sowie verschlüsselt in einer Cloud gespeichert. Dennoch lassen sich diese Schutzmechanismen in vereinzelten Fällen umgehen: 2014 etwa titelte der "Spiegel" die etwas kuriose Schlagzeile: "Kühlschrank verschickte Spam-Mails". Tatsächlich waren ein Kühlschrank und weitere Haushaltsgeräte Opfer einer Cyberattacke geworden, durch die in der Summe 750.000 Spam-E-Mails verschickt wurden.

Es lässt sich somit festhalten: Ja, Häuser können in gewisser Weise "denken". Sie können Informationen über ihre Bewohner sammeln, verarbeiten und vielleicht auch weitergeben.

Das sagt der Drehbuchautor

"In 'Das Haus' zeigen wir eine Premium-Variante, die es ja heute schon gibt", erklärt Drehbuchautor Patrick Brunken: "Sicherheit kostet. Einige Wenige werden sich die totale Personalisierung der KI und maximale Sicherheit leisten können: mit geschützten Daten, isoliert von der Außenwelt, sozusagen kurzgeschlossen mit der eigenen Filterblase, ganz konzentriert auf die eigenen Bedürfnisse, aber eben auch - und das ist die Kehrseite - auf die eigenen Ängste und Charakterfehler." Zumindest aktuell scheint es jedoch glücklicherweise noch nicht ganz so weit zu sein.

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