Olympia-TV-Kolumne

"Sonnenblume" Müller-Hohenstein will die Handballer aufrichten - doch die sind untröstlich

11.08.2024 von SWYRL/Jürgen Winzer

Aller Final-Niederlagen wurden drei. Nach den Beachvolleyballern am späten Samstagabend unterlagen auch Lea Sophie Friedrich im Bahnrad-Sprint und dann die Handballer. "Sie haben nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen", tröstete Katrin Müller-Hohenstein. Aber ganz klar: Die Athleten, Gold vor Augen, können diese Floskel gerade gar nicht leiden.

Dreimal Silber statt dreimal Gold. Olympia endete für Team Deutschland erfolgreich und doch eben nicht. So schön die Medaillenbilanz aufpoliert wurde, so sehr ahnte ZDF-Moderatorin Kathrin Müller-Hohenstein, wie es in den Köpfen der unterlegenen Silbermedaillengewinner aussah: "Sie werden ein wenig Trübsal blasen, denn es war sehr, sehr deutlich."

Sie meinte die Handballer, die eine 26:39-Packung von Dänemark kassiert hatten. Ähnlich klar machten die Schweden mit Nils Ehlers und Clemens Wickler im Sand vor dem Eiffelturm kurzen 2:0-Satz-Prozess, und Lea Sophie Friedrich hatte nach zwei glatt verlorenen Races um Gold gefühlt drei Radlängen Rückstand auf die Neuseeländerin Ellesse Andrews - eine Ewigkeit im Radsprint, wo es sonst um Hundertstelsekunden geht.

"Trotzdem" beglückwünschte KMH alle zu ihrem großen Erfolg. Die Grande Dame des ZDF-Sport-TV wollte partout nicht Trübsal blasen. "Wenn man uns vor ein paar Wochen gesagt hätte, ihr kriegt Silber im Handball - dann hätten wir das doch alle gekauft." KHM wollte nicht miesmachen, sie trug die Sonne nicht nur im Herzen, sondern auch modisch zur Schau und sah mit ihrem gelben Top und der grünen Hose aus wie eine strahlende Sonnenblume. Aber auch die lassen ja zwischendurch mal den Kopf höngen.

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DOSB-Boss legt Missstände offen

Trotzdem: Wo ist Tom Cruise, wenn man ihn mal wirklich braucht? Der hätte die dreifache "Mission: Impossible" vielleicht verhindern und vergolden können. Aber der musste sich irgendwo in Paris auf seinen Stunt für die Abschlussfeier vorbereiten. Jedenfalls wurde noch wenige Stunden vor der großen Abschiedssause gemunkelt, er würde sich vom Dach des Stade de France abseilen.

Über die Schlussparty war konkret wenig bekannt. Die deutsche Flagge würden die Goldmedaillengewinner Laura Lindemann (Triathlon-Team) und Max Rendschmidt (Kajak-Vierer) tragen. Der hatte ja den aus der VIP-Lounge zuschauenden Bundeskanzler Olaf Scholz ein bisschen angepampt, er möge sich doch auch mal bei Deutschen Meisterschaften zeigen und nicht nur, wenn die Spotlights des Großevents erstrahlen.

Dazu passte das Interview von Müller-Hohenstein mit DOSB-Boss Thomas Weikert, der durchaus offen Missstände klarlegte ("Wir benötigen mehr Trainer und eine bessere Besoldung für sie", "Wir müssen die Kinder früher, schon im Kindergarten spielerisch zum Sport bringen") und auch selbstkritisch feststellte: "Das Geld fehlt natürlich." Und wenn es da ist, so Weikert, würde "einigen Sportarten zu wenig bezahlt".

Handball-Kapitän geknickt: "Das tut sehr, sehr weh"

Aber es gibt ja Gründe, das zu ändern. Die geplante Olympia-Bewerbung. Wenn, dann würde Olympia in Deutschland dezentraler als 2024 stattfinden. "Wir können uns Paris ja nicht backen", meinte Weikert. Aber vielleicht ein Buffet zaubern: mit Wildwasser in Augsburg, Marathon durchs Brandenburger Tor, Bouldern in der Sächsischen Schweiz, Rudern und Triathlon in München, Mountainbiken in den bayerischen Alpen und Breaking in einem schicken Ghetto in Frankfurt. Nur so als Idee. Nur so eine Kloake wie die Seine dürften die Deutschen fürs Freiwasserschwimmen halt nie und nimmer finden.

Emotional waren die Silbermedaillengewinner des 16. Olympia-Tages hin- und hergerissen. "Die Enttäuschung über unseren Auftritt ist riesengroß, das tut sehr, sehr weh", war Handball-Kapitän Johannes Golla im letzten Olympia-Interview mit der "Rebecca Mir vom ZDF", Lena Kesting, geknickt. Ausgerechnet im Finale hätten er und die Seinen "unser schlechteste Spiel im Turnier" gezeigt. Lea Sophie Friedrich dagegen war "mega stolz auf das Rennen" und ihre zweite Medaille.

Auch Golla & Co. ist zu wünschen, dass sie zur Freude zurückfinden. Die Leistungen der "Sekundenkriminalisten", vor allem das Verlängerungsdrama gegen Frankreich, werden bleiben. Reporter Christoph Hamm: "Das wird sich in die Hirne einbrennen." Und das ist doch auch was. Legenden sind nicht nur immer die, die gewinnen, sondern die, die alles geben.

Sportlerlob an Olympia-Fans: "Die Menge hat uns getragen, wir waren nie allein"

Wie war Paris? "12 + 13 + 8 = 33" lautet nüchtern die Medaillenbilanz. Ein Dutzend Goldene, immerhin mehr als in Tokio. Gleichzeutig gab es dort aber insgesamt vier Plaketten mehr. Da dürfen sich jetzt die Offiziellen (und Politiker) die Köpfe drüber heißreden, ob das jetzt besser oder schlechter ist. Während sich die Athleten die Frage stellen, ob sie sich noch mal jahrelang schinden wollen, aufopfern und entbehren, für einen 16-tägigen Megaevent.

Paris war auf jeden Fall ein Fest. Es machte richtig Spaß, zuzuschauen. Eiffelturm, Versailles, Tahiti, war auch schön, sogar die versiffte Seine hinterließ nachhaltig Eindruck, und sei es nur in der Kloschüssel nach dem Erbrechen und dem Durchfall, noch Tage nach dem Freiwasserschwimmen.

Aber Olympia ist halt einfach einzigartig, zumal, wenn es so zelebriert wird wie in Paris. Dieses "Dabei sein ist alles" wurde diesmal auch von den Fans gelebt. Überall volles Haus, überall Jubel und Anfeuerung. Das brachte Domenika Mayer, 29. im Marathon-Lauf am frühen Sonntagmorgen auf den Punkt. Ihr Zitat soll auch das Schlusswort unserer Olympia-Kolumnen sein: "Es war ein teilweise echt harter Kampf. Aber die Menge hat einen getragen. Man war nie allein. Das war wirklich schön."

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