Spielball der Weltpolitik - Do. 06.05. - ARTE: 20.15 Uhr

Als ein Zipfel Deutschlands niederländisch wurde

03.05.2021 von SWYRL/Andreas Schoettl

Es ist ein beinahe unbekanntes Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte: Die kleine Gemeinde Elten am Niederrhein stand 14 Jahre lang unter niederländischer Verwaltung. Trotz aller Ängste zu Beginn: Elten wurde zu einem legendären Schmugglerdorf.

Elten im äußersten Nordwesten hat eine besondere Lage. Wie ein Stachel ragt die ehemalige Gemeinde, heute ist sie ein Stadtteil von Emmerich, in das niederländische Gelderland. Von jeher ist das Dorf von drei Seiten von den Niederlanden umgeben. Auch aufgrund dieser Lage erlebte Elten ein außergewöhnliches Stück deutscher Nachkriegsgeschichte. Bis heute ist es kaum bekannt. Am 23. April 1949 besetzte das Königreich der Niederlande deutsches Staatsgebiet als Pfand für geforderte Kriegsentschädigungen für die Verbrechen der Nazinationalsozialisten in den Niederlanden. Auch die 5.000-Seelen-Gemeinde Elten gehörte zu den annektierten Gebieten. 14 Jahre lang blieb es unter niederländischer Verwaltung.

Der Film von Dietrich Duppel zeichnet nicht nur nach, wie ausgerechnet das kleine Elten zu einem "Spielball der Weltpolitik", so der Titel seiner kurzweiligen Dokumentation, werden konnte. Vor allem zeigt er, wie ehemalige "Feinde" - trotz der Gräueltaten der Nazis - zu einem blühenden Zusammenleben kommen konnten. Mitunter einem sehr skurrilen.

"Anfangs hatten wir mehr Angst als Vaterlandsliebe", erinnert sich unter anderem Irmgard Roers. Sie war dabei, als am 23. April 1949 um 12 Uhr mehrere hundert Polizisten und Soldaten aus den Niederlanden die Grenze überquerten. Doch anstatt etwa Rache auszuüben, baute die neue Verwaltung das kleine Elten vorbildlich auf. Aus der Besatzung entwickelte sich eine rege Zeit "bei Holland". Inmitten des Wohlstands- und Wirtschaftswunders wollten viele Eltener gar nicht wieder zurück in die Bundesrepublik.

Als am 1. August 1963 das Dorf doch wieder rückgegliedert wurde, kam es zu einem besonderen Coup. Als "Elterner Butternacht" gilt er bis heute grenzübergreifend als legendär. Aus allen Teilen der Niederlande fuhren Lastkraftwagen in den Ort, beladen mit zollpflichtigen Waren. Die mehr als 400 Lkw konnten in Elten kaum geparkt werden. In jedem Keller, in jeder Scheune stapelten sich Butter, Getreide oder Rohkaffee. Als Elten um Mitternacht wieder bundesdeutsch wurde, galt dies urplötzlich auch für die "rollenden Butterberge". Das kaum bekannte Dorf steht seitdem für die größte Schmuggelaktion in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

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