ARD-Talk "Hart aber fair"

"Wahrscheinlich wird's eher nichts": "Hart aber fair" über Urlaub in Corona-Zeiten

23.02.2021 von SWYRL/Frank Rauscher

Das Schlimmste, was in der "Hart aber fair"-Sendung passierte, war ein technisches Malheur: Die Schalte zu Reinhold Messner in Bozen ging gründlich in die Hose. Zwischendurch ist so eine fast schon harmonische Sendung auch mal ganz erholsam - zumal deutlich wurde, wie kompliziert es 2021 mit der Urlaubsplanung wird.

Einer musste ja den Anfang machen: In Zeiten, in denen alle Welt über wieder steigende Infektionszahlen, Schulöffnungen, Engpässe bei der Impfung oder den verheerenden Stillstand in Einzelhandel, Kultur- und Gastronomiebetrieben debattiert, setzte ARD-Talker Frank Plasberg in "hart aber fair" im Vor-Frühling ein anderes Zeichen. Bei ihm ging es am Montagabend um die Freizeit- und Reiseplanung im Allgemeinen und ums Wandern im Besonderen - immerhin war mit dem Reisebuchautor Manuel Andrack ein beredter Streiter fürs ambitionierte Spazieren durch heimatliche Felder und Fluren anwesend. Überhaupt hatte sich unter dem Titel "Sommer der Unsicherheit - echter Urlaub nur mit Impfung?" eine recht sympathische und wenig streitlustige Runde eingefunden, was für die Sendung bedeutete, dass die Diskussion einerseits zwar anregend und erfrischend frei von Parteiengezänk war, auf der anderen Seite jedoch auch ziemlich substanzlos und in der Tat kaum aufregender als ein kleiner Abendspaziergang.

Gastgeber Frank Plasberg, der sich sehr wohl um den kühnen Themenansatz in düsteren Zeiten bewusst war, machte gleich zu Beginn der Sendung deutlich, dass es ihm auch um die "Suche nach Hoffnung im immer zäher und nervender werdenden Lockdown" gehe. Doch selbst der Präsident des Deutschen Reiseverbands, DRV, Norbert Fiebig, warb für Differenzierung und einen ehrlichen Blick auf die schlimme Situation der Branche. Er räumte auch ein, er glaube, die Diskussion über einen Urlaub nur für Geimpfte sei "ein bisschen verfrüht. Wir haben gerade mal drei Prozent der Bevölkerung geimpft." Und der einzige Politiker unter den Diskutanten, Andreas Bovenschulte (SPD, Bürgermeister und Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen), mahnte: "Wenn wir jetzt zu früh öffnen, geht alles wieder von vorne los." Doch natürlich habe er Verständnis für Menschen, "denen jetzt die Decke auf den Kopf fällt". Ob Urlaub möglich sei, hänge allein von der Entwicklung des Virus ab. Was den Sommer angehe, sei er durchaus zuversichtlich, nicht aber für die Osterferien. Eine Lockerung über Ostern lasse sich jetzt noch nicht "verantwortlich entscheiden".

Damit war im Grunde der Tenor der Sendung buchstabiert: Urlaub? Wird Ostern eher schwierig, allenfalls ab Sommer ist was drin, und am besten wird's wohl sein, man setzt gar nicht erst nicht auf die Fernreise, sondern plant, die "schönste Zeit des Jahres" in heimischen Gefilden zu verbringen. Corinna Pietsch, Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und Leiterin des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig, sagte, sie habe "aus verschiedenen Gründen" keinen Urlaub für Ostern geplant. Sie hält es "verantwortlich, frühzeitig zu große Euphorie auf den Urlaub wieder einzubremsen". Ihre Einschätzung: "Wahrscheinlich wird's eher nichts werden."

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Reinhold Messner wollte mitreden, konnte aber nicht

Die Südtiroler Bergsteigerlegende Reinhold Messner war eigentlich aus Bozen zugeschaltet. Als "Mensch, der Einsamkeit sehr gewohnt" sei, wurde er von Frank Plasberg noch angekündigt, doch dann machte die Technik der Sendung einen Strich durch die Rechnung. Alle Versuche, den Südtiroler einzubeziehen, scheiterten. "Wir werden ihn hinterher mal anrufen und uns entschuldigen", versprach Plasberg noch. Also gab es mehr Redezeit für die anderen Gäste - auch für Manuel Andrack. Der ehemalige Sidekick von Harald Schmidt war offensichtlich für einen kürzeren Part vorgesehen, sprang dann aber kurzfristig für Messner als "Dauergast" ein. "Das passt doch, dass der Mensch, der den Yeti persönlich getroffen hat, jetzt eingefroren ist", machte Andrack deutlich, dass er an diesem Abend gut aufgelegt ist.

Zunächst jedoch wurde noch das Thema Kreuzfahrturlaub gestreift, was selbstredend keine neue Sichtweise offerierte: Während die Anbieter auf ihre ausgefeilten Sicherheitskonzepte verweisen, bleiben Virologinnen wie Corinna Pietsch skeptisch. DRV-Chef Fiebig entgegnete, man müsse "anfangen, das Thema anders zu denken", und die Chance nutzen, "die Produkte anzubieten, die ein hohes Maß an Sicherheit gewährleisten". Er argumentierte für seine Branche, Corinna Pietsch und Andreas Bovenschulte wiesen aus Virologen- und Politikersicht auf die Risiken hin - zwangsläufig prallten an dieser Stelle die Standpunkte aufeinander. Nicht anders war es beim überflüssigen Schwenk auf die Debatte um vielfliegende Spitzensportler, insbesondere Fußballer, die munter zu Europapokalpartien anreisen. Es gab Kritik und Kopfschütteln - aber auch den Einwand, dass solche Sportevents positiv auf die Stimmung im Land einzahlen ... - Unzählige Male an anderer Stelle ausgetauschte Standpunkte bereichern ein solches TV-Format eher nicht.

"Der Weg ist das Ziel"

Eher schon Gäste wie Andrea Zschocher: Die Journalistin und Mutter von drei Kindern machte auf erfrischende Art deutlich, dass man als fünfköpfige Familie in einer 80-Quadratmeter-Wohnung allmählich an Grenzen kommt, und plädierte für die Möglichkeit zum Urlaub - jedenfalls wenn man diesen wie ihre Familie in einem Ferienhaus in den Bergen plant. Da mochte keiner der Anwesenden widersprechen. Einhellig wurde dann zunächst auch über das Thema Impfen im Zusammenhang mit der Urlaubsplanung gesprochen ... - Bis es der Virologin in der Runde zu bunt wurde: "Wir impfen ja nicht, um lustig jemanden in den Urlaub zu schicken. Das ist ja nicht Sinn und Zweck des Impfprogramms", warf sie ein. Urlaub sei angesichts der Prioritäten beim Impfen doch allenfalls "ein netter Nebeneffekt".

Spätestens jetzt war die Stunde des von Plasberg als "Wanderpapst" gewürdigten Manuel Andrack gekommen. Das Wandern sei gesund, es vertrage sich zudem hervorragend mit den Herausforderungen der Pandemie. Und langweilig sei es auch nicht, denn man müsse wissen: "Der Weg ist das Ziel." Gegenüber Kindern sei es im Übrigen ganz wichtig, "nie vom Spazierengehen" zu reden, sondern immer vom Wandern. Es bahnte sich gerade ein reger Austausch über das Wandern mit Kindern an, als es den Machern der Sendung gelang, die Eintracht doch noch etwas aufzubrechen - mit einem Einspieler, der deutlich machte, was dabei herauskommt, wenn in den Sozialen Medien sogenannte "Geheimtipps" für Ausflügler gepriesen werden: ein Massenandrang, der jeder Beschreibung spottet. Als Manuel Andrack just nach diesem Film seinerseits nach einem Geheimtipp für eine stille, erholsame Wanderung gefragt wurde, fiel diesem dann tatsächlich etwas Unerwartetes ein: Am Niederrhein, da wo es flach ist, sollte man sich einfach mal umgucken.

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