Der Kroatien-Krimi: Tod im roten Kleid - Do. 27.01. - ARD: 20.15 Uhr

Wenn Mittelalter auf Moderne trifft

24.01.2022 von SWYRL/Wilfried Geldner

Erster von zwei neuen Kroatien-Krimis mit Jasmin Gerat als Kommissarin Stascha Novak in Split. Auf einer Straße in den Bergen oberhalb von Split wird eine halb verweste Leiche in einem roten Kleid gefunden. Ein Transsexueller, so stellt sich heraus. Aber warum war er in die Tiefe gestürzt?

Auf der Straße in den Bergen oberhalb von Split liegt eine Leiche im roten Kleid, stark verwest und zerschlissen - vor ihrem Anblick sei schon mal gewarnt. Was ist passiert? - Im elften "Kroatien-Krimi" des Ersten mit dem viel Thrill versprechen Titel "Tod im roten Kleid" (Regie: Michael Kreindl) treffen festgefahrene Geschlechtervorstellungen, die sektenhaft religiös untermauert sind, und die aufgeschlossene Kommissarin Stascha der Jasmin Gerat in Split aufeinander.

Der Erfinder und stete Autor der Reihe, Christoph Darnstädt, wagt es, im dalmatinischen Ferienambiente Tradition und Moderne aufeinanderprallen zu lassen. Zwischen den Dialogzeilen werden überkommene Vorstellungen geschickt verhandelt - was sich wiederum zu einem Gutteil dem frischen Spiel Jasmin Gerats als kroatische Kommissarin verdankt. Der etwas brav angelegte Kollege Emil Perica (Lenn Kudrjawizki) ist ihr bei der Interpretation der heimischen Mentalität behilflich, ganz ohne Aufdringlichkeit.

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"Kein Transvestit - sondern Transgender!"

"Das ist ein junger Mann. Kein Transvestit - sondern Transgender", erklärt die Forensikerin gleich zu Beginn am Fundort der Leiche, während der Ortspolizist moniert, dass "so was" allenfalls in Rijeka oder in Zagreb herumlaufe - "hier oben nicht!" Damit sind die weltanschaulichen Grenzen deutlich abgesteckt. "Die leben da oben noch im Mittelalter", so heißt es. Später wird Staschas Kollege Emil gar aus der Bibel zitieren - aus dem Paulus-Brief an die Galater, so lässt sich googeln: "Hier ist nicht Jude noch Grieche ... Hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr seid alle eins in Jesus Christus." Emil hat das von seiner frommen Mutter gelernt - und wahr ist's, auch wenn Paulus vielleicht den Himmel meinte. Der Satz trifft das Transgender-Thema, das in diesem Krimi ansonsten mit viel theatralischem Thrill verhandelt wird.

Antonia, die Tote, die vormals Anton hieß, gibt viele Rätsel auf. Stascha und Emil sind bei ihrer Recherche, beim Abklappern von Verdächtigen und Verwandten, schwer beschäftigt. Bald wird auch ein toter Onkel Antonias in seinem Haus gefunden. Starker Verwesungsgeruch und ausführlich agierende Schmeißfliegen und Maden lassen darauf schließen, dass Antonias Leiche vor mehreren Tagen im Haus des Onkels gewesen ist. Warum wurde einer nach dem anderen ums Leben gebracht? Geht ein moralisierender Fanatiker um? Die Suche führt zuletzt gar in die Psychiatrie, wohin man den Neffen einst verbrachte - wegen seines Verfolgungswahns, wie es heißt.

Es wird viel Vergangenes berichtet und zurückgeblendet, um die Lebensgeschichte von Antonia zu erzählen. Der fortgereiste Bruder, eine enttäuschte Jugendfreundin kommen ins Spiel. Die Spannung wird dabei hoch gehalten, der zur Belehrung tendierende Stoff aber nicht einfältig verhandelt. Jasmin Gerat und Lenn Kudrjawizki, der in Leningrad geborene Schauspieler mit dem unaussprechlichen Namen, bewegen sich auf dem Gender-Terrain so geschickt, dass man die Fragwürdigkeit, dass hier Deutsche kroatische Kommissare mimen, ganz gut vergessen kann.

Überflüssig muten dagegen die Dispute der Kommissarin mit dem eigenen Vater an, die für die heitere Farbgebung sorgen sollen. Wiederholt werden Staschas immer noch ausstehende Ehe und die endlich zu zeugenden Enkel vor illustrer Kulisse thematisiert. Alles in allem ist das aber ein spannender Thriller, der sich dem Hang zur Groteske mit viel Geschick erwehrt.

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