26.09.2025 von SWYRL/Hans Czerny
3sat begeht den 35. Jahrestag der Wiedervereinigung mit einem Programmschwerpunkt. Los geht es mit der Wiederholung der Doku "Die Unbeugsamen": eine Zeitreise in den Parlamentarismus der Bundesrepublik von 1950 bis zur Wende, die den Kampf namhafter Politikerinnen gegen männliche Ignoranz aufzeigt.
35 Jahre deutsche Einheit, wie die Zeit vergeht! 3sat zeigt aus diesem Anlass zwischen Montag, 29. September, und Freitag, 10. Oktober, eine ganze Reihe an Beiträgen. Den Anfang macht der Dokumentarfilm "Die Unbeugsamen" von 2020. Torsten Körner führt zurück in eine Zeit, in der es Frauen äußerst schwer hatten, Politik zu machen. Männliche Politiker reduzierten ihre Kolleginnen, die sie meist als Gegnerinnen ansahen, gerne auf Äußeres. Die filmische Zeitreise, die 3sat am späteren Montagabend wiederholt, blendet zurück auf Parlamentsdebatten und Flurflüstereien. Zum Vorschein kommt in Interviews und Archivaufnahmen vielfache männliche Ignoranz, aber auch der mutige Kampf der Frauen gegen männliche Macht über Parteigrenzen hinweg.
"Macht wird als männlich angesehen", analysiert die SPD-Politikerin Renate Schmidt, während die Grünen-Politikerin Petra Kelly die männliche "Angstbewegung auf der Regierungsbank" demaskiert. Und während Heiner Geißler (CDU) Politikerinnen chauvinistisch lobt: "Wir haben nichts gegen ältere, auch nichts gegen jüngere Frauen. Die schauen sich zum Teil doch ganz passabel an", plaudert Rita Süssmuth (CDU) gelassen über das Geheimnis ihres Erfolgs: "Es muss gelassen wirken, aber hart erkämpft werden!"
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Gegen männliche Vorurteile
"Die rückblickende Bewunderung für diese Pionierinnen kann angesichts des flegelhaft dummpatzigen Verhaltens ihrer Kollegen gar nicht groß genug sein", lobte nach der Filmpremiere im August 2021 die Kritik. Doch auch im fortdauernden Kampf um Gleichstellung kann der teils humorvolle Blick auf die Polit-Frauen der hemdsärmeligen Bonner Republik keineswegs schaden. Zwischen Interviews und Parlamentsdebatten wird klar, wie sehr sie damals gegen männliche Vorurteile kämpfen mussten, um sich auf der parlamentarischen Bühne durchzusetzen.
In "Die Unbeugsamen" kommen neben den Genannten auch Roswitha Verhülsdonk (CDU), Helga Schuchardt (FDP), Ursula Männle (CSU), Ingrid Matthäus-Maier (FDP/SPD), Christa Nickels (Die Grünen) und weitere Politikerinnen zu Wort. Neben einer gewissen Komik und Bitterkeit schwingt in vielen ihrer Erinnerungen auch eine gewisse Absurdität mit. Nichtsdestotrotz wirken manche Berichte erschreckend aktuell. In historischen Aufnahmen sind zudem politische Vorreiterinnen wie Aenne Brauksiepe (CDU), Hildegard Hamm-Brücher (FDP), Waltraud Schoppe und Petra Kelly (Die Grünen) zu sehen.
Angela Merkel über die Doku: "Es wurde Zeit"
Auch Angela Merkel gab sich im August 2021 bei der Kinopremiere die Ehre, obwohl das Kino nie als ihr großes Hobby galt. Acht Jahre lang absolvierte die ehemalige CDU-Politikerin keinen offiziellen Auftritt als Bundeskanzlerin bei einer Kinopremiere, doch für die Doku ließ sie sich das erste Mal seit 2013 wieder in einem Kinosessel nieder, im Berliner Delphi-Filmpalast. Nicht zuletzt haben die porträtierten Politikerinnen auch Merkel selbst den Weg geebnet. So richtete die damalige Kanzlerin auch ein Grußwort ans Premierenpublikum. Die gezeigten Politikerinnen "haben sich nicht mundtot machen lassen und dafür verdienen sie unseren Respekt", betonte Merkel.
Selbst in einer gefestigten Demokratie sei ein "Engagement in der Bundesrepublik für Frauen auch heute nicht immer einfach". Was Politikerinnen in früheren Jahrzehnten erlebt hätten, sei jedoch noch einmal ein ganz spezielles Kapitel bundesdeutscher Geschichte. Durch den Dokumentarfilm werde dieses Kapitel ins Zentrum gerückt. "Es wurde Zeit", so die ehemalige Regierungschefin.
2024 drehte Torsten Körner eine Fortsetzung seines Dokumentarfilms: Die Free-TV-Premiere von "Die Unbeugsamen 2 - Guten Morgen, ihr Schönen" ist am Mittwoch, 1. Oktober, zur Primetime bei 3sat zu sehen. Darin porträtiert Körner das Leben der Frauen in der DDR.
Zu den weiteren Beiträgen, die 3sat im Programmschwerpunkt zum 35. Jahrestag der deutschen Einheit zeigt, zählen die Erstausstrahlungen der Dokumentarfilme "Mein Land will nicht verschwinden" am Montag, 6. Oktober, und "Im Osten was Neues - 35 Jahre deutsche Einheit" am Mittwoch, 8. Oktober. Am Tag der deutschen Einheit, Freitag, 3. Oktober, widmet der Sender der ehemaligen innerdeutschen Grenze den Thementag "Grünes Band der Geschichte". Der Fernsehfilm "Wendezeit" mit Petra Schmidt-Schaller und Ulrich Thomsen beschließt den Programmschwerpunkt am Freitag, 10. Oktober.