"Caren Miosga"

Ex-Grünen-Chefin Lang gesteht: Die Ampel hat "vieles an Vertrauen kaputtgemacht"

16.12.2024 von SWYRL/Marko Schlichting

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik ist deutlich gesunken. Was können Politiker dagegen tun? Das wollte Caren Miosga am Sonntagabend im Ersten von ihren Gästen wissen.

Die Körber-Stiftung hat im August eine Studie veröffentlicht. Dabei kam heraus, dass gerade mal 22 Prozent der Befragten noch Vertrauen in den Bundestag haben, 18 Prozent in die Bundesregierung, nur neun Prozent vertrauen den politischen Parteien. Woher kommt dieses Misstrauen? Darüber diskutierte am Sonntagabend Caren Miosga mit drei Gästen:

"Welt"-Chefredakteur Robin Alexander gehört zu den profiliertesten Politik-Erklärern dieses Landes. Die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang hat in den letzten Wochen immer häufiger Kritik an ihrer Partei, der Ampelregierung und der Politik im Allgemeinen geäußert, Und der ehemalige Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, ist Teil einer Stiftung, die herausfinden soll, welche Reformen in den nächsten Jahren nötig sind, um Deutschland wieder nach vorne zu bringen, und woran Reformen bisher gescheitert sind. Nun ist es nicht so, als ob er das nicht schon längst wüsste. "Politiker müssen genauer erklären, dass schwierige Zeiten auf uns zukommen", sagte Steinbrück am Ende der Sendung. Seiner Meinung hätten sich die Menschen schon seit zehn oder 15 Jahren in einer Komfortzone bewegt. Dabei seien sie durchaus bereit, Zumutungen anzunehmen, wenn diese gerecht verteilt würden.

Die richtigen Themen anzufassen und zu erklären, war nicht gerade eine erfolgreiche Kür der Ampelregierung. Das musste auch Ricarda Lang einräumen: "Wir haben gerade in den letzten Jahren eine Regierung erlebt, die vieles gerade in der Krisenbewältigung hinbekommen hat, die aber vieles an Vertrauen kaputtgemacht hat", analysierte sie. Die real existierenden Probleme würden oft durch eine schwülstige Diskussion über das Vertrauen in die Demokratie überdeckt, die letztlich zur Selbstzerstörung ebenjener führen könne, fürchtete Lang.

Vor allem das Vertrauen in die Lösungskompetenz der Politik sei geschwunden, fügte Peer Steinbrück hinzu. Das könne zu einem Demokratieproblem werden. "Das heißt: Wenn eine neue Regierung nicht in der Lage ist, dieses Vertrauen wieder zu heben, indem sie auf das eingeht, was maßgeblich ist für die Bürgerinnen und Bürger, dann fürchte ich, dass die übernächsten Bundestagswahlen 2029 zu einer Nagelprobe auf unseren Parlamentarismus werden könnten."

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

Kritik an der Ampel

Dass die Ampelregierung ein Teil dieses Problems war, wird kaum jemand bestreiten. Auch Ricarda Lang tut das nicht. Die Politikerin erklärte, man habe sich vor allem am Anfang der Probleme angenommen, die ohne Streit lösbar gewesen seien. Probleme wie die Finanz- und Wirtschaftspolitik, bei denen die drei Parteien unterschiedliche Ansichten gehabt hätten, sollten zunächst nicht angesprochen werden. "Das hätte funktioniert, wenn wir vier normale Jahre gehabt hätten. Das Ding ist nur, man hat keine vier normalen Jahre gehabt, und die Zeit wird auch nicht zurückkommen." Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und später das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hätten die Regierung in die Realität zurückgeworfen. Christian Lindner habe einen neuen Koalitionsvertrag verhandeln wollen. "Wir wollten das nicht. ich auch nicht. Ich kann da nicht sagen, dass ich da auf der richtigen Seite stand", reflektierte Ricarda Lang. Das habe dazu geführt, dass die Ampelregierung auf die Realitäten nicht mehr angemessen reagieren konnte. Hinzu komme, dass die Regierung versäumt habe, grundlegende Probleme deutlich zu benennen, fügte Steinbrück hinzu.

Lang gibt sich daran eine Mitschuld. Auch sie habe Probleme nicht angesprochen oder beschleunigt, aus Angst vor Kritik oder einem Shitstorm. Aber das Misstrauen in der Bevölkerung wachse, wenn man Probleme nicht anspreche, sagte Lang und forderte: "Wir müssen anfangen, die Menschen wieder wie Erwachsene zu behandeln."

Ricarda Lang ist nicht die erste Politikerin, die das möchte. Gebracht hat es bisher wenig, wie die (durchgesickerten) Wahlprogramme von Union und SPD verdeutlichen würden. Viele Steuererleichterungen würden darin versprochen. Unklar sei jedoch die Gegenfinanzierung der Wahlversprechen. 95 Prozent der Vergünstigungen seien nicht seriös gegenfinanziert, kritisierte Robin Alexander.

Was Lang und Steinbrück fordern, ist fast so etwas wie ein Reset der Demokratie in Deutschland. Das erfordere Mut. Vor allem von den Politikern, die demnächst dieses Land regieren.

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL