26.09.2025 von SWYRL/Hans Czerny
"Wie viel Pluralismus hält die deutsche Gesellschaft aus? Ist Meinungsvielfalt noch erwünscht?" - Das fragt die 90-Minuten-Dokumentation vom MDR. Ein Experiment, das Umweltschützer und Wutbauern, Rechtsradikale und eine türkischstämmige Rapperin aufeinanderprallen lässt.
Sind die Deutschen noch fähig zum Dialog - oder ist es womöglich so, wie JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz zum Schrecken aller Zuhörer dozierte, dass die Meinungsfreiheit hierzulande gefährdet ist? Der 90-minütige ARD-Dokumentarfilm "Sind wir noch ein Volk?" will offenbar das Gegenteil beweisen - mit einem Experiment. Er führt mittels Schneidetisch Menschen unterschiedlicher politischer Lager zusammen - Menschen, die in der Realität "nie" aufeinandertreffen würden, "und wenn, würden sie einander nicht zuhören oder unverstanden auseinandergehen".
So trifft hier also ein Pegida-Gründer auf eine türkischstämmige Rapperin, die sich einsetzt gegen Migrationsfeindlichkeit und Alltagsrassismus. Ein "Wut-Bauer", der mit anderen Demonstranten Straßen mit dem Traktor blockierte, weil er um Subventionen und lohnenden Ackerbau wegen neuer EU-Auflagen fürchtete, sieht sich nun mit einer Klima-Aktivistin konfrontiert. Und die trotz des Putin-Einmarsches in der Ukraine an ihrem pazifistischen Weltbild festhaltende Slawistin sieht sich einem einstigen Wehrdienstverweigerer gegenüber, der angesichts des Ukraine-Überfalls entschlossen zur Waffe greifen will.
Im Allgemeinen geht es dabei um die eine bange Frage: Sind "wir" wirklich so weit, dass wir in der Realität nicht mehr miteinander reden wollen? Können wir uns nur noch an einem "virtuellen Gesprächstisch" versammeln? - Keine Frage, dass die Gräben tiefer werden, weil die wirtschaftliche Lage drückt und die Schulden größer werden - und vor allem, dass zu viele Fake-News die Lager auseinandertreiben.
Ob in dieser Situation die virtuelle Konfrontation das richtige Mittel ist, um den Dialog zu wagen, sei dahin gestellt. "Sind wir noch eine 'Schicksalsgemeinschaft'?" fragen die Autoren Jan N. Lorenzen und Emma Mack besorgt, und setzen noch eins drauf: "Was würde passieren, wenn Deutschland von außen angegriffen würde? Würden wir zusammenstehen oder würde jeder für sich das Weite suchen?" Gut, dass sie neben der virtuellen Konfrontation in ihrem Beitrag auch ganz normale Einblicke in den Alltag aller Beteiligten geben.