05.12.2025 von SWYRL/Natascha Wittmann
Die Grünen wollen sich neu aufstellen und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Bei "Markus Lanz" erklärte Parteichef Felix Banaszak, wie der Imagewechsel gelingen soll. Doch als es um Patriotismus ging, wurde der ZDF-Moderator hellhörig und hakte irritiert nach.
Der richtige Umgang mit der AfD beschäftigt nicht nur Deutschland und die Politik, sondern mittlerweile auch die Wirtschaft. Nachdem der Verband "Die Familienunternehmer" einen AfD-Abgeordneten zu einer Veranstaltung eingeladen hatte, verließ Drogerieunternehmer Raoul Roßmann die Lobbyorganisation. Bei "Markus Lanz" erklärte der Rossmann-Chef am Donnerstagabend deutlich: "Die Brandmauer ist für mich ein historischer Warnhinweis, nicht mit extremistischen Kräften zusammenzuarbeiten."
Christoph Werner, der Geschäftsführer der dm-Drogeriemarktkette, sah dies etwas anders. Er erklärte: "Als Unternehmer werde ich irgendwann (...) mit der AfD zu tun haben. Und dann müssen wir überlegen, wie wir vernünftig damit umgehen." Im Gespräch mit dem ZDF-Moderator lehnte Werner eine strikte Abgrenzung zur AfD ab. Seine Begründung? "Ich glaube grundsätzlich, dass Entwicklung nur möglich ist, wenn wir einen Diskurs haben."
Im Laufe der Sendung stellte Werner klar, dass er nichts von pauschalen Sprechverboten halte. Im Netz sei der dm-Geschäftsführer zuletzt angefeindet und dazu aufgefordert worden, aus dem Verband "Die Familienunternehmer" auszutreten. Eine Forderung, die Werner fassungslos machte: "Ich lasse mich nicht unter Druck setzen. Ich habe immer noch eine Meinungsfreiheit in diesem Land."
Journalistin Sabine Rennefanz sah dies offenbar ähnlich. Sie warnte vor einer Ausgrenzung der AfD und sagte: "Wer die AfD schwächen will, muss aufhören, sie zu beschweigen. Man besiegt keine Partei, indem man sie meidet." Rennefanz weiter: "Hinter dieser Brandmauer konnte die AfD wachsen." Eine Aussage, der Lanz nur zustimmen konnte: "Sie ist radikaler geworden."
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Lanz fragt Felix Banaszak: "Wer denkt sich so einen Mist aus?"
Bei "Markus Lanz" bezog zudem der Grünen-Parteivorsitzende Felix Banaszak Stellung zum jüngsten Parteitag in Hannover, der unter dem Motto "Damit Zukunft wieder Zukunft hat" stand. Der ZDF-Moderator hakte irritiert nach: "Was heißt das? Oder anders gefragt: Wer denkt sich so einen Mist aus?" Felix Banaszak lachte verhalten: "Man versucht, eine komplexe Botschaft auf einen Claim runterzubringen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass da etwas Generisches herauskommt, ist recht hoch."
Dennoch stellte der Co-Chef der Grünen klar, dass dahinter natürlich ein "inhaltlicher Anspruch" stecke, da seine Partei einen Gegenentwurf zur AfD stellen wolle, der "zukunftsorientiert" sei. "Wenn es keine Partei gibt, die mit Hoffnung und Optimismus und Zuversicht auf die Zukunft guckt, (...) dann haben wir ein Problem als Land", so der Politiker.
Banaszak zeigte sich mit Blick auf den Grünen-Parteitag zufrieden und sagte, dass dieser für seine Partei "ein neues Kapitel aufgeschlagen" habe. Markus Lanz konterte unbeeindruckt: "Herr Banaszak, das kauft Ihnen doch keiner ab!" Mit Blick auf den neuen Kurs der Grünen stichelte der ZDF-Moderator weiter: "Weg von der Akademiker-Partei, (...) hin zu den Kohle-Verstehern. (...) Das ist das Eingeständnis, dass Sie früher offenbar Politik für andere gemacht haben." Den Vorwurf wollte Banaszak nicht unkommentiert lassen. Er erklärte, dass es sich dabei lediglich um eine "programmatische Schärfung" sowie eine "Nachjustierung der eigenen Politik" gehe: "Vielleicht ist das jetzt auch eine Chance, einen Teil von uns, der schon immer da war, zu zeigen."
Markus Lanz stichelt gegen Felix Banaszak: "Deswegen habe ich da ein Thema mit der Glaubwürdigkeit"
Lanz sprach indessen den veränderten Sound der Grünen an. Beim Parteitag hatte Grünen-Politikerin Pegah Edalatian nämlich angekündigt: "Wir holen uns das Land zurück." Ein Satz, von dem einst auch AfD-Politiker Alexander Gauland in ähnlicher Art Gebrauch machte, wie Journalistin Sabine Rennefanz feststellte: "Das hinterlässt ein unangenehmes Gefühl, weil es eben auch so diese Bedrohung von außen aufruft."
Felix Banaszak hielt dagegen: "Diese Aussage hat doch einen Kontext. (...) Das war eine Motivationsrede an eine Partei, die in den letzten Jahren einige Rückschläge erlebt hat und die sich neu motiviert, in einer solchen Zeit aktiv zu sein." Rennefanz konterte prompt: "Ich habe mich dann schon gefragt, wenn man gegen die Rechtsextremisten so sehr kämpft, ist dann vielleicht die Gefahr auch, dass man sich dann dem Feind auch annähert - ungewollt?"
Auch Lanz sprach von einem "patriotischen Sound" und fragte irritiert: "Ihr hat doch keiner das Land genommen, Entschuldigung!" Als Felix Banaszak davon sprach, dass sich viele Menschen nicht mehr sicher und wohl in ihrem Land fühlen, erinnerte der ZDF-Moderator an das letzte ARD-Sommerinterview, in dem der Grünen-Co-Chef nicht sagen wollte, dass er Deutschland liebe. "Deswegen habe ich da ein Thema mit der Glaubwürdigkeit! Dann stellt sich da jemand hin und sagt: 'Lasst uns das Land zurückholen'", so der ZDF-Moderator.
Banaszak geriet daraufhin in Erklärungsnot: "Ich bekenne mich hiermit zu Deutschland. Ich bin sehr gerne hier." Gleichzeitig kritisierte er jedoch, dass er nach dem Sommerinterview "Todesdrohungen bekommen" habe - "so viele wie sonst noch nie". Banaszak wetterte weiter: "Der Begriff Liebe ist für mein ganz persönliches Leben reserviert. Und Menschen sagen: 'Banaszak, dich hängen wir, sobald wir dich sehen'. Was sagt das aus?"



