37°: Kein Kinderspiel! System Kita am Anschlag - Di. 15.10. - ZDF: 22.15 Uhr

Brechen unsere Kindergärten zusammen?

11.10.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Das System Kita droht zu kollabieren, sagt die Reportage "37°: Kein Kinderspiel! System Kita am Anschlag". Grund dafür sind Personalmangel und Überlastung an einem besonders intensiven Arbeitsplatz. Der Film begleitet eine Kitaleiterin und eine Erzieherin, die doch eigentlich nur das Beste wollen.

Claudia Fuchs (59) leitet seit Herbst 2019 den Paul-Gerhardt-Kindergarten in Bruchsal. Diana Nowak (35) arbeitet als Kita-Erzieherin in Halle an der Saale. Beide Frauen haben nicht nur gemeinsam, dass sie für den Film "37°: Kein Kinderspiel! System Kita am Anschlag" mit der Kamera begleitet wurden, sondern auch, dass sie sich mit ihren Kräften am Ende befinden. Irgendetwas ist passiert über die letzten Jahre in Deutschlands Kitas: Bundesweit gibt es derzeit über 400.000 Betreuungsplätze zu wenig. Freie Plätze sind schwer zu finden, auch Kindern und Eltern im "laufenden Betrieb" muss öfter abgesagt werden, weil "heute einfach niemand da ist". Der Betreuungsschlüssel kann immer öfter nicht mehr eingehalten werden. Dies liegt vor allem am Fachkräftemangel. Der Film spürt ihm in einem anspruchsvollen und fordernden Beruf nach, den man erst mal "von innen" erlebt haben muss, ehe man abfällige Dinge sagt wie: "Ach, ein bisschen mit den Kleinen spielen - das kann doch jede(r)."

Die gelernte Erzieherin Claudia Fuchs, seit fünf Jahren leitet sie in Bruchsal zwischen Heidelberg und Karlsruhe eine Einrichtung, schlägt Alarm: "Ich weiß nicht, ob ich es noch länger machen kann. Und an diesem Punkt war ich nicht einmal in den letzten fünf Jahren, dagegen war Corona eine Leichtigkeit." Fuchs beobachtet eine Kettenreaktion: Der Personalmangel sorgt dafür, dass immer mehr Kinder von nur einer Person betreut werden. Dies wird weder den Ansprüchen unterschiedlicher Kinder, noch jenen der Eltern oder Erzieherinnen gerecht. Durch die Mehrbelastung der Betreuungspersonen kommt es verstärkt zu Krankheitsausfällen - weshalb die verbliebenen Kräfte noch mehr Kinder übernehmen müssen. Ein Teufelskreis, wie er im Buche steht.

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Stiefkind-Jobs der Gesellschaft?

Erzieherin oder Erzieher - das ist eigentlich ein Job, mit dem man sich stark identifiziert. Etwas, das man aus Leidenschaft macht. Für Diana Nowak aus Halle war es ihr Traumberuf. Heute denkt die zweifache Mutter anders. Nach einem Zusammenbruch im Herbst 2022 erhielt sie die Diagnose "Burnout". Diana Nowaks Kita "Am Stadtpark" in Halle leidet - wie so viele Einrichtungen in Deutschland. "Heute fehlen acht Fachkräfte", sagt sie. "Trotzdem muss dieselbe Anzahl an Kindern betreut werden." Dabei sind viele Mitarbeiterinnen zu Beginn ihrer Berufslaufbahn idealistisch und engagiert: "Das ist ein richtig schlimmes Gefühl, man möchte ja für alle da sein", erzählt Nowak.

Die Filmemacherinnen Julia Knopp und Hanna Fischer zeigen in ihrer "37°"-Reportage zwei Frauen am Anschlag. Sie zeigen auch, mit welchen Hilfsmitteln das System Kita versucht, sich am Leben zu erhalten: Zusatzkräfte wie FSJ-ler springen ein, auch Rentnerinnen und Rentner sorgen für Entlastung. Neben der angespannten Personallage machen noch andere Faktoren den Job schwieriger als früher: neue gesetzliche Vorschriften, aber auch die modernen Erziehungsmethoden der Eltern.

Der Film zeichnet ein aktuelles Alltags- und Gegenwartsbild eines Berufs, den viele als einen der wichtigsten ansehen, wenn es darum geht, wie wir ins Leben starten. Welche Fähigkeiten und Überzeugungen, welche Kompetenzen, aber auch Ängste nehmen kleine Kinder für ihren Lebensweg mit? Und wieder stellt sich die Frage: Warum werden so wenig Geld und andere gesellschaftliche Ressourcen in Bildung investiert? Warum erfahren ausgerechnet Jobs wie Erzieherin und Erzieher oder auch Pflegeberufe so wenig Anerkennung?

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