21.03.2025 von SWYRL/Eric Leimann
Am 2. April 2025 wäre Hans Rosenthal 100 Jahre alt geworden. In den 70-ern und 80-ern galt der beliebte "Dalli Dalli"-Showmaster als einer der prominentesten Deutschen. Dass er auch Jude und Holocaust-Überlebender war, wussten viele nicht. Das Biopic "Rosenthal" mit Florian Lukas erinnert daran.
1978 befindet sich der deutsche Showmaster Hans Rosenthal (Florian Lukas) auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Seine Spiel- und Quizshow "Dalli Dalli" ist am Donnerstagabend ein Straßenfeger und ein Erfolg fürs ZDF. Auch daheim, im gutbürgerlichen Häuschen des Berliners, hat alles seine Ordnung: Frau Traudl (Silke Bodenbender) hält ihrem Hans zeitgemäß den Rücken frei. Sohn Gert (Julius Gause) zieht gerade in seine erste WG. Die einige Jahre ältere Tochter Birgit (Marta Martin) hat bereits einen kleinen Sohn und erwartet ein zweites Kind. Das Biopic "Rosenthal" konzentriert sich auf ein Jahr im Leben der deutschen Unterhaltungslegende, die am 2. April 100 Jahre alt geworden wäre.
Der Film (Idee und Regie: Oliver Haffner) fokussiert ein besonderes Datum. Weil sich am 9. November 1978 ein Grundkonflikt des Fernsehstars offenbart. An jenem Abend soll Hans Rosenthal fürs ZDF live die 75. Jubiläumsausgabe von "Dalli Dalli" moderieren. Zeitgleich findet jedoch eine große Feierstunde zum Gedenken an die Reichspogromnacht statt, bei der Bundeskanzler Helmut Schmidt spricht. Was viele damals nicht wussten: Hans Rosenthal war Jude und Holocaust-Überlebender.
In der ZDF-Mediathek kann man das Biopic "Rosenthal" nebst 30-minütiger Doku "Hans Rosenthal - zwei Leben in Deutschland" und der Originalshow "Dalli Dalli" vom 9. November 1978 bereits ab 22. März sehen.
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Der Showmaster steckt in einem Dilemma
Hans Rosenthal ging eher defensiv mit seinem Jüdischsein um. Er, der während des Krieges als Waisenjunge seiner Verhaftung entging, indem er sich zwei Jahre in einer Berliner Gartenlaube versteckt hielt, engagierte sich zwar in der jüdischen Gemeinde, in seinen Fernsehshows spielten Politik, Geschichte, Religion und Herkunft jedoch keine Rolle. Der preußisch geprägte Unterhaltungsarbeiter Hans Rosenthal wollte Heiterkeit und Normalität unter die Leute bringen, keine Anklagen. Als ihm der Vorsitzende des Zentralrates der Juden, Elias Gleitmann (Anatole Taubman), mitteilt, dass er als prominentestes Aushängeschild jüdischen Lebens in Deutschland bei der ersten großen Feierstunde zur Reichspogromnacht dabei sein müsse, steckt der Showmaster in einem Dilemma.
Das ZDF in Person von Showleiter Dr. Hummel (Hans-Jochen Wagner) hat längst zum gleichen Datum die 75. Jubiläumsshow von "Dalli Dalli" fix gemacht. Im Film begleitet man Hans Rosenthal nun dabei, wie er es allen - auch sich selbst - recht machen will und dabei in einen Konflikt gerät, aus dem es scheinbar keinen Ausweg gibt. Kleiner Spoiler: Die Show fand tatsächlich statt, allerdings auf andere Art und Weise, als sie ursprünglich geplant war.
"Rosenthal" gelingt es, in die Fernseh-Unterhaltungswelt von damals und in eine besondere Ausgabe von "Dalli Dalli" einzutauchen. Der Film bietet aber auch Rückblenden in die Zeit des Nazi-Terrors: Um sein Leben zu retten, musste sich der etwa 17-jährige Hans Rosenthal (Claude Albert Heinrich) zwei Jahre in einer Gartenlaube verstecken. Der Vater war 1937 gestorben. Nach dem Tod der Mutter 1941 kamen Hans und sein jüngerer Bruder Gert Rosenthal (1932-1942) in ein Berliner Waisenhaus. Der zehnjährige Gert wurde von dort nach Riga deportiert und ermordet.
Schuldverdrängung und auch latenter Antisemitismus
All diese Geschichten packt das Biopic, sorgsam ausgestattet mit viel Zeit-Kolorit (vor allem was Showkulisse und Garderobe betrifft), angenehm unaufgeregt und mit einem starken Florian Lukas als Rosenthal in einen kompakten 90-Minüter. Dass man dabei viel Schuldverdrängung und latenten Antisemitismus der Westdeutschen in einigen Szenen durchschimmern sieht, ist dem ZDF hoch anzurechnen. Schließlich kritisiert der Sender damit sich und seine Geschichte selbst: Die ZDF-Verantwortlichen, gespielt von "Tatort"-Kommissar Hans-Jochen Wagner als Showchef und Bernd Grawert als ZDF-Abteilungsleiter, sind nicht wirklich sympathisch. Für sie zählt nur: Die Show muss laufen, und das andere "ist ja schon ziemlich lange her".
Dass dem bescheidenen und harmoniebedürftigen Hans Rosenthal jener Konflikt sehr unangenehm war, weiß man durch Rosenthals Autobiografie "Zwei Leben in Deutschland". Sie erschien 1980, und viele Deutsche mussten über sie erst überrascht "lernen", dass ihr Lieblingsshowmaster Jude war. Hans Rosenthal starb am 10. Februar 1987 im Alter von 61 Jahren an einer Krebserkrankung.