"Herzogpark"

"Herzogpark": In dieser Serie bekommt die Münchner Schickeria ihr Fett weg

01.05.2022 von SWYRL/Julian Weinberger

Hoch die Gläser: RTL demaskiert in der Gesellschaftscomedy "Herzogpark" die Münchner High Society. Doch hinter dem schönen Schein verstecken sich Missgunst und Erpressung, die das namhafte Ensemble um Heiner Lauterbach und Lisa Maria Pothoff genüsslich auskostet.

Der Münchner Schickeria eilt ihr Ruf seit Jahrzehnten voraus. Zwar mögen die exquisiten und teils auch expliziten Feiern der Schönen und Reichen in der Bayerischen Landeshauptstadt in den letzten Jahren zurückhaltender ausgefallen sein. Der Mythos aber besteht. Nicht umsonst wusste die Spider Murphy Gang schon 1981 zu berichten: "Jeder spuit an Superstar. Und sauft an Schampus an der Bar." Seriell huldigte Helmut Dietl der Münchner Upperclass in der Kultserie "Kir Royal". Eines dürfte also klar sein: Mit "Herzogpark" (ab 3. Mai, RTL+) tritt RTL in große Fußstapfen.

Wer sich von der sechsteiligen Gesellschaftskomödie Lokalkolorit verspricht, wird allerdings enttäuscht. Die Großkopferten in der RTL-Vision der Schickeria haben kaum etwas an sich, das sie charakteristisch als Münchnerinnen oder Münchner ausweist - von bisweilen eingestreuten dialektalen Färbungen mal abgesehen. Die Serie der Regisseure Jochen Alexander Freydank und Anca Miruna Lăzărescu könnte jederzeit auch im gut betuchten Milieu einer anderen deutschen Metropole spielen.

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Der schnöselige Immobilienhai muss weg

In ihren schicken Villen im ebenso schicken Münchner Nobelviertel Herzogpark, wo Immobilien mit siebenstelligen Kaufpreisen zur Normalität gehören, verleben die Figuren ihren Alltag. In den Mittelpunkt stellt "Herzogpark" drei Frauen, die allesamt mit den "Tücken" ihres Wohlstands zu kämpfen haben.

Die ehrgeizige Anwältin Hannah Arndt (Lisa Maria Potthoff) bietet ihrem sexistischen Vorgesetzten (Francis Fulton-Smith) auf dem Weg zur Partnerin der Kanzlei Paroli. Annabelle Bernbauer (Felicitas Woll) vergnügt sich als Anhängsel des Bürgermeisteranwärters Alf (Trystan Pütter) bei privaten Box-Sessions auf der schmucken Dachterrasse. Und Elisabeth "Lisl" von Lynden (Antje Traue) wahrt zwar mit allem, was sie hat, den schönen Schein, die finanziellen Engpässe ("Weißt du, wie teuer drei Kinder im Internat sind?") drohen aber Überhand zu nehmen.

Die drei Damen eint ihre Antipathie gegenüber dem schnöseligen Immobilienmogul Nikolaus van der Bruck (Heiner Lauterbach). Obwohl er gewohnt ist, alles zu bekommen, was er sich wünscht, droht das Bauvorhaben des spektakulären "Herzog-Tower" zu platzen. Da trifft es sich für den blasierten Geschäftsmann gut, dass er gegen alle Frauen etwas in der Hand hat. Doch das Trio gibt nicht so leicht auf, schmiedet gar ein Mordkomplott gegen van der Bruck - und bekommt in Person der undurchschaubaren Cateringchefin Maria Schreiber (Heike Makatsch) unerwartet Zuwachs.

"Vorstadtweiber" lässt grüßen

Snobs, die sich in ihrer privilegierten Blase mit Oberflächlichkeiten den Tag vertreiben, Gefasel über das Golf-Handicaps auf schampusreichen Partys und ein Näschen Koks gegen den Stressabbau: Die Reichen und Schönen erlauben sich in "Herzogpark" die gewohnten Laster. Besonders unterhaltsam werden die sechs Episoden, wenn sich das höfliche Annähern und berechnende Abtasten hinter den geschlossenen Türen umkehrt und die Pseudo-Höflichkeit der Schicki-Micki-Gesellschaft effektreich implodiert.

Mit den bisweilen unausstehlichen und affektierten Kratzbürsten im Zentrum mutet "Herzogpark" wie ein recyceltes Münchner Abbild des fantastischen österreichischen Pendants "Vorstadtweiber" an - nur ohne den tiefschwarzen Wiener Schmäh, der die prämierte ORF-Persiflage stets kennzeichnete. Spitzen gegen die Politik oder die Gesellschaft sind in der RTL-Produktion rarer gesät. So gesehen ähnelt "Herzogpark" seinen Figuren: Die Innenansicht der Münchner High Society ist ein bisschen zu bedacht, ein bisschen zu distinguiert.

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