22.11.2024 von SWYRL/John Fasnaugh
Eine deutschtürkische Löwenmama aus Bremen gegen den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika: Das ist die Geschichte, die Andreas Dresen in "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" erzählt. Als Vorlage diente der Fall Murat Kurnaz, der hier auf unkonventionelle Art neu aufgerollt wird.
"Kann Mr. Bush meinen Murat so lange einsperren, wie er will?" - Es schwingt ein bisschen Naivität mit bei der Frage, aber auch eine Menge Verzweiflung und Angst. Wo ist Rabiye Kurnaz, wo ist vor allem ihr Murat da nur hineingeraten? Ihr geliebter Sohn sitzt in irgendeinem Gefängnis in irgendeinem Ort, von dem sie noch nie gehört hat, und um ihn zu befreien, muss sie sich mit dem mächtigsten Mann der Welt anlegen - das ist die Geschichte des preisgekrönten Dramas "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush", das den Fall Murat Kurnaz aus ungewöhnlicher Perspektive neu aufrollt. Nachdem der Film von Andreas Dresen vor einigen Wochen bereits bei ARTE TV-Premiere feierte, ist er jetzt im Rahmen der ARD-Reihe "KinoFestival im Ersten" noch einmal zu sehen.
Andreas Dresen ist bekannt dafür, gerne politisches Zeitgeschehen mit bewegenden Einzelschicksalen zu verknüpfen, oft setzen sich die Filme des in Gera geborenen Regisseurs kritisch mit der DDR und der Wendezeit auseinander. Diesmal ist der Rahmen noch ein bisschen weiter gefasst als sonst, aber auch in "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" ist der Dreh- und Angelpunkt eine Kleine-Leute-Geschichte, die zutiefst berührt (und zugleich erstklassig unterhält).
Konsequent zurückverfolgt, beginnt es mit den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001. Eine direkte Folge des Terrors war der Krieg in Afghanistan. Gleichzeitig machten die USA auf der ganzen Welt Jagd auf potenzielle Gefährder und Terroristen. Oft erwischte es bei diesem "Krieg gegen den Terror", den der damalige US-Präsident George W. Bush zur Chefsache machte, auch die Falschen - so wie im Fall von Murat Kurnaz, einem Deutschtürken aus Bremen. Im November 2001 wurde Kurnaz in Pakistan festgenommen und anschließend ins heute berüchtigte Gefangenenlager nach Guantanamo Bay verlegt. Was er dort erlebte, schilderte Kurnaz hinterher selbst in seinem Buch "Fünf Jahre meines Lebens", zudem wurde seine Geschichte mehrfach verfilmt. Andreas Dresen erzählt den Fall Kurnaz nun aus Sicht der Mutter.
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Sympathiepunkte eindeutig verteilt
Ja, theoretisch kann Mr. Bush Murat so lange einsperren, wie er will, erklärt Anwalt Bernhard Docke (Alexander Scheer) mit einigem Herumgedruckse. "Ihr Sohn befindet sich gerade in einem rechtlichen Niemandsland." Aber das will, das wird Rabiye Kurnaz (Meltem Kaptan) so nicht hinnehmen. "Ich geh' bis ans Ende der Welt", verspricht die robust-liebenswerte und äußerst temperamentvolle Löwenmama, die von der Unschuld ihres Sohnes überzeugt ist und ihn unbedingt wieder nach Hause bringen will. Der Weg führt sie und Menschenrechtsanwalt Docke bis vor den Obersten Gerichtshof der USA.
Andreas Dresen inszeniert "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" (Drehbuch: Laila Stieler) als feinfühliges David-gegen-Goliath-Stück mit viel Tragik, aber auch mit viel Herz und wohltuendem Witz. Wenn Rabiye, die einfache Hausfrau aus Bremen, mit prall gefüllten Tupperdosen voller selbst gekochter Leckereien in der Kanzlei von Bernhard Docke aufschlägt, um dort eine Klage gegen George W. Bush vorzubereiten, sind die Sympathiepunkte sofort eindeutig verteilt. Auch dank der erstklassigen Darstellerriege: Meltem Kaptan gewann für ihre Hauptrolle den Silbernen Bären (Berlinale) sowie den Deutschen Filmpreis. Darüber hinaus wurde "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" auch mit dem Deutschen Filmpreis in der Kategorie "Bester Spielfilm" ausgezeichnet. Bereits zwei Tage vor der TV-Ausstrahlung im Ersten, ab Freitag, 22. November, 23.35 Uhr, ist der Film in der ARD Mediathek abrufbar.