Doku-Serie "Roadtrip Amerika" bei Kabel Eins

Rosin, Kumptner, Güngörmüş: Drei Spitzenköche auf Jungstrip durch die USA

19.01.2023 von SWYRL/Eric Leimann

Mehr als 7.000 Kilometer sind die Spitzenköche Frank Rosin, Alexander Kumptner und Ali Güngörmüş gemeinsam im Camper durch die USA gereist. Ihr vierteiliges kulinarisches Reisemagazin bei Kabel Eins ist eine Mischung aus hochwertiger Food-Doku und pubertärem Jungsfernsehen.

Gemeinsam haben sie drei Michelin-Sterne und zwei Gault-Millau-Kochmützen: die allesamt aus dem Fernsehen bekannten Spitzenköche Frank Rosin (Ruhrgebiet), Alexander Kumptner (Wien) und Ali Güngörmüş (München). Für das viermal 90 Minuten lange Format "Roadtrip Amerika" (donnerstags, ab 9. Februar, 20.15 Uhr, Kabel Eins) haben sich die drei mitsamt ihrer großen bis sehr großen Egos in ein kleines gemeinsames Campmobil gepackt, mit dem sie vier Wochen lang durch die USA fahren. Von San Francisco bis nach Key West in Florida. Dabei wurde auf engstem Raum geschlafen, geduscht, geredet.

Alexander Kumptner, mit 39 Jahren der Jüngste im Bus, fasst das Konzept des Trips zusammen: "Es ist ein cooles Reisemagazin mit schönen Bildern, echten Emotionen und gutem Essen. Drei Kumpels fahren in den Urlaub - ein Riesenspaß. Dabei haben wir uns auch Ängsten gestellt, denen ich mich alleine nicht gestellt hätte." Und Ali Güngörmüş, erster Sternekoche mit türkischen Wurzeln, ergänzt: "Dabei war das Kulinarische erst mal der gemeinsame Nenner. Wir wollten Amerika richtig entdecken: Kalifornien, Nevada, Arizona, Texas, Florida - und wir wollten das Leben im Camper erfahren. Uns ging es darum, so viel wie möglich zu erleben, zu riechen, zu schmecken."

Natürlich ist es schwer, dem Kochen und Essen ein weiteres "neues" Format abzuringen. "Roadtrip Amerika" versucht es mit einer Mischung verschiedenen populärenAnsätzen, die nicht unbedingt alle mit Kulinarik zu tun haben. Wenn die Köche gleich zu Beginn ihres Trips am Dillon Beach in Nordkalifornien Taschenkrebse fischen und sie danach mit Steve zubereiten, einem Mann, der "Finger Limes" verarbeitet, eine extrem seltene Zitrusfrucht von außergewöhnlichem Geschmack, der seinen braunen Zucker selbst räuchert und eine Elefantenrüsselmuschel in der Seedfood-Pasta verarbeitet, dann ist man schon nahe dran, an den Kulinarik-Hochglanzdokus der Marke "Chef's Table".

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Fallschirmsprünge, Alligatoren, Schlangen: Ein Format mit Fallhöhe

Dennoch befinden wir uns in der Primetime von Kabel Eins, weswegen auch andere Entertainment-Faktoren eine Rolle spielen müssen. Kaum jemand versteht derlei Dialektik so gut wie Frank Rosin, Star und begabter Zeremonienmeister des Senders. Man kennt es: Der Zweisternekoch kann unglaublich derbe sein und im nächsten Moment philosophische Gedanken äußern, die sensibel, lebensklug und durchaus überraschend sind. Damit es nicht zu "sophisticated" wird, werden also am Dillon Beach mit der Elefantenrüsselmuschel Peniswitze gemacht, an einer Edel-Pulled Pork-Station auf einem Parkplatz in San Francisco wird (künstlich oder echt?) ein Streit zwischen Rosin und Kumptner vom Zaun gebrochen, weil der eine in den Burger des anderen gebisssen hat, und im Camper heißt es dann auch mal im Running Gag-Stakkato: "Ali hat gefurzt."

Jungsfernsehen soll "Roadtrip Amerika" auf jeden Fall auch sein, selbt wenn die präsentierten Jungs um die 40 bis Mitte 50 sind. Dazu gehört, dass jeder der Promiköche eine der ersten drei Wochen in Sachen Reiseroute und "Challenges" organisiert: mal ein überraschend eingestreuter Fallschirmsprung in Nevada, Tauchen mit Haien sowie die Begegnung mit Alligatoren und Schlangen. Dass Kumptner und Güngörmüş unter großer Schlangenangst leiden, macht die Sache nicht besser. Insofern muss man dem Format tatsächlich eine gewisse Fallhöhe attestieren.

Nicht nur ihren individuellen Rückzugsraum müssen die drei "Chefs" für vier Wochen im Camper aufgegeben. Auch überaus faktischen Ängsten, bei denen auch die meisten anderen zittern würden, stellten sie sich. Dass die Show auf "Personality Clash" setzt, kann man ihr nicht vorwerfen. Weil man "Typen" einzeln oder in der Interaktion mag, werden nicht nur Formate wie das "Dschungelcamp" eingeschaltet, sondern auch eine "Roadtrip Amerika". Und dennoch: Wenn die drei beim Großeinkauf zu Beginn der Reise minutenlang darüber streiten, ob Mayonaise gekauft werden darf oder ob man sie selbst im Camper herstellen muss, hat das eindeutig Längen - und nicht jeder Spitzenkoch ist auch ein Comedian.

Wie schmecken tausendjährige chinesische Eier?

Interessant wird es, wenn die kulinarischen Spitzenkräfte aus Europa tief in die Esskultur ihrer Reiseziele eintauchen: Wenn sie in Robert Mondavis Vinery, die eine der besten fünf Weinlagen der Welt bietet, Trauben schneiden, dort einen der wohl feinsten Kräuter- und Gemüsegarten der Welt besuchen und mitten auf dem Weingut gemeinsam Essen für die gastfreundlichen Betreiber kochen. In diesem Stil gibt es einige schöne Momente in viermal 90 Minuten: Das gemeinsame Strandkochen am Dillon Beach oder auch der Aufenthalt auf einer texanischen Farm mit 12.000 Rindern, wo man - da sind sich alle einig - eine "magische" Nacht verbrachte. Zwischendurch stellen sich immer wieder interessante Fragen im Tasting-Praxistest - inklusive Würgeattacken: Was macht die beste Pizza der Welt aus, was eine perfekte Peking Ente, wie schmecken tausendjährige Eier, wie stellt man perfekten Rum auf Key West her und macht Langustentauchen tatsächlich Spaß?

Wenn es um interessante Rohstoffe geht, um Zubereitung und "Erleben" von Kochen und Essen in grandiosen Natur, ist der Roadtrip der "Jungs" tatsächlich sehenswert. Bleibt die Frage, welches kulinarische Fazit die Spitzenköche aus ihrem "Roadtrip Amerika" mitnehmen. Waren die USA nicht die Heimat des Fastfoods und des galoppierenden Übergewichts? "Es gibt Klischees, die teilweise stimmen", antwortet Frank Rosin beim Dreier-Interview, für das sich die Köche eine Stunde Zeit nehmen und das sinnigerweise in einem in der Hamburger Hafencity geparkten Campmobil stattfindet. "So gibt es einen großen Gegensatz zwischen der Küste, den großen Zentren und den ländlichen Gegenden - in Sachen Qualität und Nachhaltigkeit. In den Hot Spots kann man sich hervorragend ernähren - aber es ist auch wesentlich teurer."

Wie immer, wenn man die USA verstehen will, muss man auch beim Essen und Kochen differenziert und auch mal widersprüchlich denken. Eine Widersprüchlichkeit, die sich auch in "Roadtrip Amerika" widerspiegelt. Wer die "Hangover"-Filme mag und trotzdem gerne "Chefs's Table"-Dokus bei Netflix schaut, könnte hier an der richtigen Adresse sein.

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