11.12.2024 von SWYRL/Hans Czerny
Mit einer großen Doku über William Shakespeare eröffnet ARTE sein Festtagsprogramm mit zahlreichen Highlights aus Kino-, Tanz- und Konzertklassikern (alleine viermal Beethovens Neunte). "Shakespeare" klingt abschreckend nach Schule und Seminar. Die sorgfältig synchronisierte dreiteilige BBC-Doku entpuppt sich aber als überraschend spannendes Biopic.
Wer er wirklich war, wird man nachher auch nicht wissen. Die BBC-Produktion "William Shakespeare" ist aber alles andere als trister Schulfunk oder gescheites Proseminar. Man erfährt in den aufwendig produzierten drei Filmen abendfüllend viel Neues über den Schwan von Avon (1564 bis 1616), den größten Dramatiker aller Zeiten, und sein Leben als Theaterunternehmer und Schauspieler.
Wie er hochkam in London, der ehrgeizige und begabte Sohn eines Handschuhmachers aus dem 2.000-Seelen-Nest Startford-upon-Avon, wie er sich durchzusetzen verstand im überbevölkerten, stinkenden Moloch inmitten einer Theatertruppe, die im Vergnügungsviertel zwischen Kaschemmen und Bordellen spielte und schließlich seine blutrünstigen ersten Stücke schrieb, und wie er angefeindet wurde von Christopher Marlowe, seinem großen Zeitgenossen - davon handelt der erste Teil der Doku, die der Autor und Regisseur Julian Jones eher als mitreißende Reportage denn als Historien-Doku angelegt hat.
Karriere und abenteuerliches Leben sind samt "Experten"-Kommentaren (stets kurz und bündig) und den Eindrücken großer altgedienter wie auch junger Schauspieler und Interpretinnen (darunter Judy Dench und Helen Mirren) so gut ineinander verschränkt, dass der unterhaltsame Bildungsfilm ohne Weiteres in dem Ausruf des Königsmörders Richard III.: "Ein Pferd, ein Pferd. Ein Königreich für ein Pferd!", kurz vor seinem Untergang gerufen, kulminieren kann.
Ganz nebenbei erfährt man viel über das harte Leben der Londoner Theatermenschen, 200 übrigens nur an der Zahl, über ihre Tricks - Schafs- statt Menschenblut und Kanonenkugeln auf der Kegelbahn fürs Donnergrollen, über die "Box Office", in der die Pennys am Eingang gezählt wurden und so Shakespeares Können auch an der Kasse bestätigt wurde. Die Ermordung Marlowes, welch ein Glück!, die vorübergezogene Pest, vor allem die Gunst der Königin Elizabeth I., die am seidenen Faden hing, sind da noch gar nicht aufgezählt. Mitten hinein ins Londoner Elend und die aufkommende Rebellion schrieb er die Liebesgeschichte von Romeo und Julia, die in Wahrheit ein Plädoyer gegen die Fehden verfeindeter Mächte ist. Trotzdem: "Es kommt ein ganzes Orchester aus diesem Mund", so kommentiert eine junge Schauspielerin von heute das überschwängliche Sich-Verlieben.
ARTE zeigt alle drei Doku-Teile am Stück Shakespeare satt, von 20.15 Uhr bis 23.05 Uhr!