13.12.2024 von SWYRL
Wenn der Sohn über den Vater einen Film dreht: Wayne Carpendale hat Howard Carpendale vor und während der diesjährigen Tournee mit der Kamera begleitet. Zutage kommen nun intime Bekenntnisse und Krisen hinter den Kulissen, von denen die Schlager-Fans nichts geahnt haben dürften.
"Das Publikum erlebt meinen Vater in dem Film so, wie ich ihn sehe: privat, echt und nahbar, aber ohne dass ich ihn interpretiere." So hat Schauspieler Wayne Carpendale seinen ersten einen Dokumentarfilm angekündigt. "Durch meine Augen - Mein Vater Howard Carpendale" heißt der Beitrag, der ab sofort in der ARD-Mediathek zu sehen ist und am Samstag, 14. Dezember, 21.45 Uhr im WDR Fernsehen läuft. Es ist ein außergewöhnlich intimes Porträt des "Hello Again"-Interpreten, der zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Musikern der letzten Jahrzehnte zählt.
Auf knapp 45 Minuten Laufzeit kommen Fans dem Schlagerstar emotional näher als auf jeder Autogrammstunde. Wayne Carpendale begleitet seinen Vater Howard bei den Vorbereitungen zur großen Konzert-Tournee 2024 und auch bei den Auftritten selbst. Dabei wird klar, wie schwer es dem 78-jährigen gebürtigen Südafrikaner gefallen ist, sich für den Show-Marathon in Form zu bringen.
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"Das ist ein echtes Problem, das hatten wir so noch nie"
"Natürlich macht das was mit mir. Seinen Vater im Krankenhaus zu besuchen, ist für jeden Sohn ein komisches Gefühl", sagt Wayne Carpendale im WDR-Film, als sich der Sänger von einer Hüft-OP erholt. Später, beim Weihnachtstreffen der Familie, spricht Howard über seine Beweggründe, sich noch mal eine solche Belastung ("fast drei Stunden auf der Bühne und das jeden Abend") zuzumuten. "Viele Leute fragen mich: Warum machst du das heute noch? Weil ich keinen Bock hab zu Hause zu sitzen und Däumchen zu drehen, und Golf hab ich genug gespielt."
Vom Münchner Reha-Coach, der auch die FC-Bayern-Stars fit macht, gibt es viel Lob für den einstigen südafrikanischen Jugendmeister im Kugelstoßen: "Er ist mit Herz und mit Leidenschaft dabei. Er hat sein Ziel vor Augen." Drei Tage vor der ersten Show sind es dann aber nicht die Muskeln und Gelenke, die streiken, sondern die Stimme. Der Schlager-Altmeister hat sich einen Infekt eingefangen.
"Das ist ein echtes Problem, das hatten wir so noch nie", sorgt sich Sohn Wayne. Mit Sänger kann die Band erst beim Soundcheck kurz vor dem ersten Konzert proben. Carpendale senior begrüßt die Musiker mit einem Scherz: "Ich wollte nur sagen für die, die es nicht wissen, ich bin der Sänger heute Abend."
Heim-Konzert in München stand kurz vor der Absage
Einige Tage später spitzt sich die gesundheitliche Krise ausgerechnet beim Heimspiel des Wahl-Münchners in der Olympiahalle zu. "Ich habe den ganzen Tag Ärzte organisiert, damit er heute auf die Bühne kann", hört man einen gestressten Wayne Carpendale sagen. Als der Doc das Kortison per Kanüle einflößt, liest der Sohn vom Display ab: "10,9." Howard fragt: "Was ist 10.9?" - "Entzündungswerte", kommt die Antwort. "Was ist normal?" - "Eins." - "Na super."
Die Sorgen des Filmemachers und Sohnes werden immer größer: "Wenn die Stimme nicht hält, ist es, was es ist. Er muss halten. Mir ist wichtig, dass er gesund von der Bühne kommt." Das gelingt am Ende - und wie. "Es ist ein Schluss fürs Konzert, wie ich es nie erlebt habe", ringt der umjubelte Star mit der eigenen Ergriffenheit. "Als ich langsam von der Bühne runter sollte, rollte eine Träne runter." Der behandelnde Arzt kann es im Backstage-Bereich fast nicht glauben: "Was er abliefert für das, wie krank er ist, ist ein Wahnsinn."
Gegen Ende der triumphalen "Do It Again"-Tour macht sich der in den letzten Jahren von vielen gesundheitlichen Problemen gezeichnete Star tiefgründige Gedanken. "Man ist nicht immer glücklich. Das Leben ist nicht so einfach", sagt Howard Carpendale im Hotelzimmer sitzend. Manchmal frage er sich: "Ist das Leben eine Aneinanderkettung von glücklichen Momenten mit ein paar traurigen dazwischen? Oder ist es genau umgekehrt?"
Howard Carpendale: "Für mich ist es in erster Linie ein Beruf
Bei vielen Menschen sei es umgekehrt, vermutet Carpendale, der bei diesen Worten womöglich auch an Teile seiner Fans denkt. "Ich hoffe, es versteht niemand falsch", grübelt er weiter. "Für mich ist es in erster Linie ein Beruf. Leute zahlen viel Geld, um so einen Abend zu genießen. Ich weiß, dass es diesen Menschen wahnsinnig viel bedeutet. Ich möchte ihnen das Gefühl geben, es hat sich gelohnt."
Gelohnt hat sich der große Aufwand am Ende auch für den Mann, der schon über 25 Millionen Tonträger verkauft hat. Nach dem letzten Konzert sagt Carpendale in einem berührenden Moment der Doku seines Sohnes: "Mit 78 diese vollen Häuser zu sehen - die Tränen sind sehr nah. Weil man mit 78 nicht so eine tiefe Wärme und Glück erwartet."
Für 2026 hat Howard Carpendale unter dem Titel "Let's Do It Again, Again!" seine Abschiedstournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz angekündigt. Der Sänger wird dann 80 Jahre alt sein.