In einem Land, das es nicht mehr gibt - Mi. 27.11. - ARD: 20.15 Uhr

Von wegen nur grau: So modisch und schrill ging es in der DDR zu

25.11.2024 von SWYRL/Jasmin Herzog

Es gab schon viele Filme über die DDR, aber noch keinen wie diesen: "In einem Land, das es nicht mehr gibt" taucht tief ein in die Modewelt des Ostens. Das Erste zeigt das Coming-Of-Age-Drama nun zur Primetime.

Befasst sich ein Film mit der "Schönheit im Osten", klingt das fast wie eine Antithese zu früheren DDR-Filmen wie "Das Leben der anderen". Meist wird der Fokus in filmischen Erinnerungen an die Zeit im "Arbeiter- und Bauernstaat" doch eher auf die Tristesse, den Verzicht und die Unterdrückung gelegt, wirklich schön oder ästhetisch ist da wenig. Aber wer wusste, wo man nachsehen muss, der konnte das Schöne in der DDR durchaus finden. Man sah es in der legendären Modezeitschrift "Sibylle", in den Exquisit-Läden, zwischendurch auch auf der Straße bei den jungen Leuten. Genau davon handelt das historische Coming-of-Age-Drama "In einem Land, das es nicht mehr gibt" (2022), das nach der Premiere bei ARTE nun auch im Ersten zur Primetime läuft.

Der Film von Regisseurin und Drehbuchautorin Aelrun Goette (Produktion: Ziegler Film), die früher selbst für Exquisit modelte und in Teilen ihre eigene Geschichte nacherzählt, ist durchaus originell - verklärt wird hier aber nichts. Die Story spielt im Jahr 1989 und dreht sich vor allem um Suzie, eine Art Alter Ego der (Ost-)Berliner Filmemacherin.

Die von Marlene Burow glaubwürdig verkörperte Hauptfigur steht kurz vor dem Abitur und träumt von einem Literaturstudium. Doch dann findet die Stasi verbotene Bücher bei ihr, und sie fliegt von der Schule. Statt des Schulabschlusses wartet nun eine Zwangsausbildung zur Facharbeiterin im Kabelwerk Oberspree auf die junge Frau. Dort findet sie immerhin eine Vertraute in Gisela - gespielt von Jördis Triebel, die für ihre Rolle der lebensklugen Fabrikarbeiterin 2023 mit dem Deutschen Filmpreis für die beste weibliche Nebenrolle ausgezeichnet wurde.

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Der Reiz des Verfalls

Suzie jedenfalls ist mittendrin im sozialistischen Fabrikleben - bis ein zufälliger Schnappschuss ihre Sicht auf die Welt verändert. Sie landet auf dem "Sibylle"-Cover, lernt Chefredakteurin Elsa Wilbrodt (Claudia Michelsen) kennen, taucht ein in die Ost-Modeszene. Da sind die hochwertigen Produkte von VHB Exquisit, für die Suzie als Mannequin werben soll, aber da ist noch viel mehr. Im schillernden Ostberliner Untergrund trifft sie den schwulen Rudi (Sabin Tambrea) und sieht, wie man selbst aus einem Duschvorhang noch ein aufregendes Outfit zaubern kann. Mit Fotograf Coyote (David Schütter) düst sie auf dem Motorrad ans Meer - da wird groß geträumt, nicht nur von Mode. Es folgt ein aufregender Sommer voller ungeahnter Freiheiten in einem Land, das es bald schon nicht mehr gibt.

Zum Kinostart 2022 erhielt diese etwas andere filmische Perspektive auf die deutsche Modegeschichte nicht nur vielfach Lob von der Kritik, sondern von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) zudem das Prädikat "besonders wertvoll". "Dieser Film ist ein befreiender, beglückender und sehr differenzierter Blick über ein Land, das es so nicht mehr gibt", heißt es in der Jury-Begründung. Ein Film, "der über die Härte des Alltagslebens, die Solidarität der Menschen, den großen Zusammenhalt untereinander berichtet" und "eine große Emotionalität" ausstrahle. Man sehe "auch die Schönheit eines Landes im Verfall" - und es ist wohl genau diese Ästhetik des Kaputtgehens, die den Reiz der Wende- und Nachwendezeit ebenso ausmachte wie jenen des Films.

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