Letzter "Tatort" mit Janneke und Brix

Verrückter Abgang der Frankfurter "Tatort"-Ermittler: Diese Easter Eggs haben Sie vielleicht übersehen!

29.09.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Janneke (Margarita Broich) und Brix (Wolfram Koch) verabschiedeten sich im "Tatort: Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh'n" vom Publikum. Ein neues Ermittler-Team steht bereit. Doch wie verrückt war dieser Krimi mit einem von Matthias Brandt gespielten Psycho-Psychologen?

Vor zehn Jahren drehten die renommierten Theaterschauspieler Margarita Broich und Wolfram Koch ihren ersten Frankfurter "Tatort" mit dem Titel "Kälter als der Tod". Ausgestrahlt wurde er am 17. Mai 2015. Ihre beiden Figuren, Anna Janneke und Paul Brix, gingen über insgesamt 19 Folgen angenehm empathisch und freundschaftlich miteinander um. Sie waren die Nachfolger von Alki-Kommissar Frank Steier (Joachim Król) und der forschen Conny Mey (Nina Kunzendorf), zwischen denen es meist stressig zuging.

Nun erledigten die Freundlichen aus Frankfurt mit dem "Tatort: Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh'n" ihren letzten Job. Der Film war so verrückt und psychedelisch, dass man sich eher in einem Film des nahe gelegenen Wiesbadener Reviers mit Ulrich Tukur als Felix Murot wähnte. Doch der ist erst drei Wochen später dran. Jannekes und Brix' finaler Auftritt erzählte von einem Psychotherapeuten (Matthias Brandt), dem sein Leben entglitt und der dabei eine Blutspur hinter sich herzog. Aber haben Sie alle witzigen bis bedeutungsschweren Anspielungen im Film mitbekommen? Und wie geht es jetzt in Frankfurt weiter?

Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

Worum ging es?

Psychotherapeut Tristan Grünfels (Matthias Brandt) stellt sich dem Publikum gleich zu Beginn selbst vor, denn der Mörder in diesem "Tatort" ist auch gleichzeitig der Erzähler. So berichtet er von der Entfremdung von seiner Frau (Patrycia Ziolkowska) und den beiden fast erwachsenen Kindern (Maja Bons, Niko Jungmann).

Grünfels hat jedoch noch ärgere Probleme: Der Seelenklempner spricht mit seinem eigenen Doppelgänger. Er sieht Dinge, die andere nicht sehen - und er zieht eine Blutspur hinter sich her. Ermordet er etwa Menschen, ohne dass er es so richtig mitbekommt? Janneke und Brix ermitteln im Fall einer während einer Verkehrskontrolle getöteten Ordnungsbeamtin. Grünfels, der nebenbei als Angehörigen-Betreuer für die Frankfurter Polizei arbeitet, wird von Janneke gebeten, die Hinterbliebenen jener Frau zu betreuen, die er selbst ermordet haben könnte.

Worum ging es wirklich?

Man könnte es sich einfach machen und sagen: Um einen möglichst verrückten Abgang. In der Tat haben die Autoren Michael Proehl und Dirk Morgenstern bereits einige Krimis im Arthaus-Grenzbereich erschaffen. Von Proehl, übrigens gebürtiger Frankfurter, stammt der berühmte Tukur-Fall "Tatort: Im Schmerz geboren" (2014). Gemeinsam mit Morgenstern schrieb er auch den kommenden Tukur-Krimi "Tatort: Murot und das 1000-jährige Reich", der 1944 (!) spielt.

Und doch gibt es auch interessante psychiatrische Hard Facts im "Tatort: Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh'n". Die Hauptfigur leidet offenbar an einer Dissoziativen Störung. Sie führt dazu, dass das Selbst in verschiedene Teile zerfällt, die sich meist stark voneinander unterscheiden. So nimmt ein Teil von Tristan Grünfels nicht wahr, dass ein anderer Teil von ihm Menschen ermordet - und betrachtet nur staunend das Ergebnis. Durch den subjektiven und zudem kranken Erzähler erlebt man als Zuschauer die in Filmen sehr beliebte Dissoziative Identitätsstörung - auch bekannt als Multiple Persönlichkeitsstörung - quasi "aus erster Hand".

Haben Sie den Spieler von Eintracht Frankfurt erkannt?

Bundesliga-Fans, die der Frankfurter Eintracht nicht so nahe stehen, sagt der Name Timothy Chandler vielleicht nicht so viel. Der 34 Jahre alte, ehemalige US-Nationalspieler und gebürtige Frankfurter wird seit zwei bis drei Jahren nur noch sporadisch in Pflichtspielen eingesetzt. Chandler, ein großer Spaßvogel und Kümmerer, Team-intern verantwortlich für die Integration von Neuzugängen, ist in Frankfurt und unter Fans des Vereins allerdings bekannt wie ein bunter Hund.

Im "Tatort: Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh'n" hat er einen Auftritt als überraschte Reinigungskraft in einer Szene, in der Janneke und Brix eine Wohnung durchsuchen. Chandler ist nicht der erste Fußball-Profi, der in jüngerer Vergangenheit einen "Tatort"-Auftritt feiern durfte. Bayern-Spieler und Nationalmannschaftskapitän Joshua Kimmichs spielte bereits zweimal einen Fitness-Trainer in den Münchner "Tatort"-Folgen "Hackl" (2023) und "Schau mich an" (2024).

Mit welchem berühmten Gemälde wurde hier gespielt?

Der Abschiedsfilm für Janneke und Brix erschafft starke psychedelische Bilder mit viel doppeltem Boden und Kunstbezug. Beispiel gefällig? Psycho-Psychologe Grünfels wird in einer Szene zur Galerie des Freundes seiner Tochter gelotst. In den Video-Installationen, die man dort betreten kann, mischt sich ein berühmtes Romantik-Gemälde von Caspar David Friedrich mit animierten Horrorszenen. In der dunklen Romantik des Motivs läuft ein noch dunkleres Monster auf den eh schon verrückten Protagonisten zu.

Caspar David Friedrichs Gemälde sind derzeit mega-angesagt. Florian Illies im Herbst 2023 erschienenes Buch "Zauber der Stille: Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten" war No.1-Bestseller in Deutschland. Zudem fanden und finden große Ausstellungen statt. "Tatort"-Autor und Kunst-Spezialist Dirk Morgenstern sagt über die Szene im Film: "Die Installation ist der Spiegel der Seele der Hauptfigur. Das Vorbild war natürlich 'Der Wanderer über dem Nebelmeer', ein ikonografisches Bild der Sehnsucht der deutschen Seele nach Frieden und Ruhe." Diese Ruhe suchte auch "Tatort"-Protagonist Grünfels - vergeblich.

Was hatte es mir den Klosprüchen auf sich?

Am Anfang des Films finden Janneke und Brix einen toten Polizei-Informanten auf einer Toilette. Brix kannte den Mann ziemlich gut, interessant sind in der Szene aber die Frankfurter Insider-Gags, die sich in der Szene über zwei Klosprüche transportieren: "Lieber Grie Soß als brauner Käs" steht da als politisch-kulinarisches Hessen-Statement ("Frankfurter Grüne Soße" ist neben "Handkäs' mit Musik" das lokale Kultgericht).

Und dann ist da noch zu lesen: "Peter Feldmann make Offenbach great again". Für Frankfurt-Fremde: Peter Feldmann war der verhasste Oberbürgermeister der Stadt, der von den Bürgern abgewählt wurde und Offenbach ist, nun ja, der kleine, arme Nachbar, über den man sich in Frankfurt gerne lustig macht. Der Spruch schafft natürlich auch eine Nähe zu Donald Trumps Slogan "Make America Great Again" (zu deutsch: Macht Amerika wieder großartig), den man mittlerweile gerne als MAGA abkürzt.

Wie geht es beim Frankfurter "Tatort" weiter?

Die Berlinerin Margarita Broich und der tatsächlich seit langem in Frankfurt lebende Wolfram Koch beschlossen gemeinsam und freiwillig, ihre Amtszeit in der Mailmetropole zu beenden. Sie wollen sich wieder verstärkt dem Theater und auch privaten Herausforderungen wie den Enkeln (Aussage von Broich) stellen. Ende Juli 2024 wurden ihre Nachfolger vorgestellt: Es sind Melika Foroutan (48) und Edin Hasanović (32), die im Herbst 2024 ihren ersten "Tatort" drehen, der aber erst in der Saison 2025/26 - also nach der Sommerpause 2025 - zu sehen sein wird.

Auch mit dem Ansatz des neuen "Tatort"-Teams betritt der traditionell innovationsfreudige Hessische Rundfunk Neuland: Der Fokus von Foroutans und Hasanovićs Ermittlungen liegt auf Cold Cases, also ungeklärten Mordfällen und Tötungsdelikten aus der Vergangenheit. Vielleicht erleben wir also aus Frankfurt demnächst regelmäßig Krimis ohne "frische" Leiche.

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL