Serie "Joan" bei MagentaTV

"Game of Thrones"-Star Sophie Turner als Juwelendiebin

05.10.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Die Juwelendiebin Joan Hannington verdiente sich im Großbritannien der 80-er und 90-er den Beinamen "The Godmother". Nun wurde Joans Leben - basierend auf ihrer Biografie - in eine sechs Folgen lange Biopic-Serie mit "Game of Thrones"-Star Sophie Turner überführt.

Volkstümliche Sympathie für Delinquenten und Systemsprenger gibt es, solange man sich Geschichte erzählt. In der gelungenen RTL+-Serie "Ich bin Dagobert" kann man dies gerade für die deutsche Kriminalgeschichte nachvollziehen. Ähnlich schillernd wie die Geschichte von Arno "Dagobert" Funke hierzulande ist jene der Juwelendiebin, Verwandlungskünstlerin und Trickbetrügerin Joan Hannington in Großbritannien. Die sechsteilige Serie "Joan" (bei MagentaTV: ab Donnerstag, 10. Oktober, alle Folgen auf einen Schlag) erzählt ihre Geschichte, die Mitte der 80-er in einem grauen Küstenstädtchen in Kent beginnt. Joan, Mitte 20, gespielt von "Game of Thrones"-Star Sophie Turner, lebt mit ihrer sechsjährigen Tochter Kelly und deren Vater, einem Gewaltverbrecher. Als eines Nachts ihr und das Leben ihrer Tochter von Gangstern bedroht wird, die übel auf ihren toxischen Lebensgefährten zu sprechen sind, verlässt sie ihr Zuhause. Sie gibt ihr Kind schweren Herzens über die Fürsorge zu Pflegeeltern und versucht in London, ein neues Leben zu beginnen.

Anfangs hilft sie im Friseursalon ihrer Schwester (Kirsty J. Curtis) aus. Bald jedoch interessiert sie sich mehr für Diamanten und andere Luxus-Güter, die sie gerne am modisch gestylten Leibe trägt. Als Assistentin eines Juweliers eignet sie sich Wissen an und lernt im Pub den charmant mysteriösen Boisie (Frank Dillane) kennen, der mit Antiquitäten handelt. Mit ihm beginnt Joan eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, bei der erst mal nicht ganz klar ist, welches Kalkül dahintersteckt. Auch Boisies Geschäfte sind nicht immer legal und auf trickreiche Art vielfältig. Während Joan einerseits versucht, ein seriöses Leben zu führen - was sie ein bisschen mit "Geld haben" verwechselt -, um ihre Tochter zurückzubekommen, lässt sie sich auf ein verführerisches Glamour-Leben mit Boisie ein. Das ähnelt ein bisschen jenem von Bonnie und Clyde, nur ohne Maschinengewehre, ist aber mit vergleichbarer krimineller Energie getränkt.

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Ein England in blassen 80er-Farben

Autorin Anna Symon nutzte Joan Hanningtons 2002 erschienene Autobiografie "I am What I am: The True Story of Britain's Most Notorious Jewel Thief" als Vorlage für ihre Serie. Als Showrunnerin erklärte sie aber, sich dabei auch künstlerische Freiheiten genommen zu haben. Nichtsdestotrotz lernte Sophie Turner am Ende der Dreharbeiten die echte, mittlerweile 67-jährige Joan Hannington persönlich kennen.

Auch auf der Pressekonferenz des privaten britischen Fernsehsenders ITV zur Serie, die auf der Insel ebenfalls erst Ende September 2024 startete, hatte sie ihren Auftritt. Wie schon in ihrer atmosphärisch dichten Apple-Serie "Die Schlange von Essex" mit Claire Danes und Tom Hiddleston erzählt Anna Symon auch in "Joan" nicht nur Kriminalgeschichte(n), sondern ist gut darin, das England einer bestimmten Epoche mit all seinen Konventionen zu zeichnen. Natürlich kann es problematisch sein, wenn die Autobiografie einer kriminellen Persönlichkeit, hier zudem die einer professionellen Lügnerin und Betrügerin, als Vorlage für ein (wahres) Biopic herhalten soll.

Und doch ist dieser Punkt am Ende nicht all entscheidend, denn Sophie Turner spielt ihre Rolle als Joan facettenreich zwischen proletarischem Aufsteigerwunsch, verletzter Partnerin und Mutter sowie einer Menge krimineller Energie, die intrinsisch motiviert aus ihr herauszusprudeln scheint. Dies alles beobachtet die Serie in blassen 80er-Farben, mit viel subtil toxischer Männlichkeit und in sehr ordentlich geschriebenen und gespielten Szenen.

Vielleicht ist "Joan" keine absolute Highend-Serie, die sich MagentaTV da aus dem britischen Privatfernsehen eingekauft hat, dafür ist die erzählte Geschichte in manchen Aspekten ein wenig zu flach und profan. Ein sehenswertes Frauen- und Zeitporträt ist die ungewöhnliche Kriminalkarriere einer englischen Hausfrau aber in jedem Fall.

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