ARD-Polittalk

Gerhart Baum bei "Anne Will" über Demokratie-Feinde: "Die Gefahr kommt aus der Mitte"

11.12.2022 von SWYRL

Die Razzien gegen die sogenannten Reichsbürger haben gezeigt, dass es auch in den Sicherheitsbehörden Verfassungsfeinde gibt. Wie diese Extremisten aus staatlichen Behörden entfernen werden können, diskutierte Anne Will unter anderem mit Innenministerin Nancy Faeser.

Wie wehrhaft ist unsere Demokratie? Dieser Frage gingen am Sonntagabend "Anne Will" und ihre Talk-Gäste nach: NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), Linken-Parteivorsitzende Janine Wissler, Journalist Florian Flade, die zugeschaltete Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach. Außerdem zu Gast: Gerhart Baum, ehemaliger Bundesinnenminister der FDP, der klarstellte, dass nicht nur Extremisten die Demokratie bedrohen: "Die Gefahr kommt aus der Mitte und nicht von den Rändern."

Im Zuge der Ermittlungen und Razzien gegen die sogenannten Reichsbürger zeigte sich auch, dass sich unter den mutmaßlichen Staatsfeinden auch Angehörige der Sicherheitsbehörden befinden. Jedoch wurde nicht aufgrund der Vorbereitung eines Terroranschlags ermittelt, wie Journalist Flade betonte, sondern wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung. Gerhart Baum sagte dazu: "Sie wollen unsere Demokratie zerstören, sie sind Ausgewanderte aus unserem demokratischen System."

So gesehen verwundert es nicht, dass auch Polizisten und angehöre der Bundeswehr unter denjenigen sind, die der Demokratie schaden wollen. Daher richtet Anne Will auch die Frage an Bundesinnenministerin Faeser, ob die Bundesbehörden nach wie vor ein strukturelles Problem mit Rechtsextremisten haben. "Man muss jeden Fall, der aus den Behörden herauskommt ganz genau untersuchen. Gerade, wenn Extremisten in Behörden sind, ist das sehr gefährlich", so die SPD-Politikerin. Deswegen müsse man sehr schnell agieren und handeln. Unter Generalverdacht wollte sie hingegen niemanden stellen. "Gegen Verfassungsfeinde muss man möglichst schnell vorgehen und versuchen, sie aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen."

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Disziplinarrecht soll reformiert werden

Doch ein schnelles Vorgehen lassen die Gesetze derzeit kaum zu. Eine Tatsache, die vor allem NRW-Innenminister Reul bedauert: "Ich verzweifele daran, dass wir die rechtlichen Instrumente nicht geschärft bekommen." In einer Demokratie ist es wichtig und richtig, dass die Rechte des Einzelnen geschützt sind. Doch wie wehrhaft ist dann noch die Demokratie?

Die Bundesinnenministerin möchte mit der Reform des Disziplinarrechts genau das ändern. Mit der Verschärfung dieses Rechts soll ein schnelleres Vorgehen gegen Extremisten in Behörden ermöglicht werden: "Es geht darum, dass man das Disziplinarrecht so neu aufstellt, dass es keiner Verwaltungsgerichtsklage mehr bedarf, um Bedienstete aus dem öffentlichen Dienst zu bekommen, sondern, dass es mittels eines Verwaltungsaktes geschehen soll", erläuterte Faeser. "Es ist wichtig, dass der Staat in diesem Sinne auch handlungsfähig ist."

Faeser fasste zusammen: "Ich sehe Handlungsbedarf. Ich halte eine Veränderung des Disziplinarrechts für notwendig, eine Anpassung nicht nur des Verwaltungsgerichtsverfahrens. Es ist einfach wichtig, dass der Staat handlungsfähig ist."

Faeser: Hart durchgreifen "auch im Netz"

Eine Reform des Disziplinarrechts mag zwar den Staat in Bezug auf mögliche Extremisten in seinen Reihen handlungsfähiger machen, das gesellschaftliche Problem des Rechtsextremismus wird dadurch aber allenfalls tangiert. Nancy Faeser nahm diesbezüglich das Internet ins Visier.:"Wie wehrhaft ist eine Demokratie im Netz? Mir ist es wichtig, dass wir hart durchgreifen können, auch im Netz." Es könne nicht sein, dass auf rechten Internetseiten nur durchgegriffen werden kann, wenn das mit den Betreibenden abgestimmt wird.

So kristallisierte sich gegen Ende der Sendung eine ganz andere Frage heraus, die von der Runde jedoch nicht angerissen wird. Nämlich die Frage, wie wehrhaft eine Demokratie sein darf, ohne die Rechte des Einzelnen zu sehr einzuschränken.

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