"Maybrit Illner"

"Drohnen abschießen hat was mit Abschuss zu tun": Dobrindt pocht auf Amtshilfe der Bundeswehr

17.10.2025 von SWYRL/Doris Neubauer

Die Ausgestaltung eines Wehrdienstes sei "etwas, was tief in der Seele einer Gesellschaft viele Emotionen bewegt", sieht Alexander Dobrindt noch einige Hürden zu nehmen. Bei "Maybrit Illner" pochte der Bundesinnenminister zudem auf einen möglichen Einsatz der Bundesabwehr bei der Drohnenabwehr.

"Die Wehrpflicht ist der richtige Weg", bezog Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bei Maybrit Illner am Donnerstagabend zum Thema "Deutschlands Sicherheit - neue Gefahren von außen und innen?" Stellung. Als "Wischiwaschi" wollte er das geplante Freiwilligenmodell der Koalition für die Bundeswehr aber nicht bezeichnen. "Ich bringe mich doch nicht in den Widerspruch mit anderen Kollegen, da ist doch klar, auf welches Glatteis ich gehen soll", ließ er sich von Moderatorin Illner nicht auf die Wortwahl des CSU-Chefs Markus Söder festnageln.

Um die Bundeswehr, aber auch die Gesellschaft nicht zu überfordern brauche es zunächst Freiwilligkeit. Reiche die nicht aus, sei ein verständliches, faires und akzeptierbares Auswahl-Modell mit einem verpflichtendem Element notwendig. Ihm sei jedoch klar, dass die Ausgestaltung eines Wehrdienstes sei "etwas, was tief in der Seele einer Gesellschaft viele Emotionen bewegt" - und auch "noch ein paar Hürden kommen" werden.

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"Da gibt es weiß Gott genug zu tun"

"Es bewerben sich schon jedes Jahr Leute bei der Bundeswehr. Es werden nicht alle genommen, weil es nicht genug Kapazitäten gibt", widersprach Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen). Deshalb sei es wenig sinnvoll, "jetzt schon über ein Pflichtmodell zu diskutieren". Vorschläge wie die Einführung eines Losverfahrens, wie es in Dänemark zum Einsatz kommt, würden nur zur Planungsunsicherheit der Menschen beitragen: "Sie spielen mit den Perspektiven der Menschen", kritisierte sie. Stattdessen solle man erstmal die Rahmenbedingungen für die Freiwilligkeit schaffen - "da gibt es weiß Gott genug zu tun", meinte Mihalic und riet, "dringend mit jungen Menschen zu sprechen, um die Perspektive der Leute zu hören, die es betrifft".

"Das ist nicht ganz fair", wies Dobrindt die Vorwürfe zurück, angesichts der hybriden Bedrohungslage so ein wichtiges Thema vor sich herzuschieben. Es war genau die Rüge, die Mihalic ein paar Minuten zuvor der Regierung und allen voran dem "führungsschwachen Kanzler" Friedrich Merz angesichts der fehlgeschlagenen Einigung zum neuen Wehrdienst am Dienstag gemacht hatte. So eine Debatte werde dem Ernst der Lage nicht gerecht, hatte sie kritisiert.

Und auch jetzt drehte sie den Spieß um: "Das, was Sie machen, ist nicht fair", klagte sie. Man hätte beim Absetzen der Wehrpflicht zu viele Strukturen abgebaut, übernahm sie Dobrindts Argument: "Jetzt haben wir nicht Zeit zu warten, bis es wieder funktioniert." Stattdessen solle man die Attraktivität des Bundesheeres erhöhen, um sowohl Profis zu halten, wie auch Leute für den Wehrdienst zu rekrutieren.

"Beides ist richtig", lenkte André Wüstner, Oberst und Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes ein. Seiner Ansicht nach sei es aber kaum möglich, auf diesem Weg die angepeilten Zahlen von mindestens 260.000 aktiven Soldaten im Jahr 2032 zu erreichen. "Deshalb müssen wir vordenken", appellierte er an die Entscheider, "weil in der Phase x können wir Herrn Putin nicht sagen: Gib uns noch ein Jahr für die Debatte." Man müsse angesichts der Bedrohungslage jetzt aufs Gas steigen: "Die Zeit für langjährige Debatten haben wir nicht mehr!"

André Wüstner (Deutscher Bundeswehrverband): "Deutschland ist aktuell verwundbar!"

Das gelte nicht nur für das Verantwortungsgebiet von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. "Wir verkürzen die Debatte aufs Militärische", schoss sich Mihalic auf den anwesenden Alexander Dobrindt ein: "Den Bevölkerungsschutz klammern wir aus. Der liegt bei Ihnen." Auch ein Lagebericht über Drohnenattacken falle in seinen Zuständigkeitsbereich.

Dass er untätig sei, wollte der Bundesinnenminister nicht auf sich sitzen lassen. Die Regierung hätte den dringend notwendigen Nationalen Sicherheitsrat neu geschaffen, der hinter Einzelmaßnahmen wie Cyberangriffen oder Drohnenattacken Muster erkennen solle. Zudem würden rechtliche Grundlagen hergestellt, um Drohnen in Zukunft attackieren zu können.

Neben einem Drohnenabwehrzentrum und einer Drohneneinheit der Bundespolizei soll es künftig die Möglichkeit der Amtshilfe durch die Bundeswehr bei militärischen Drohnenflügen geben, so der CSU-Politiker. "Wenn die Bedrohung sehr unterschiedlich sein kann, wäre es doch fahrlässig, wenn die Politik jetzt den Eindruck erweckt, die Polizei könnte militärische Drohnen bekämpfen. Das ist Unsinn. Je nach Bedrohung wird es unterschiedliche Abwehrszenarien geben, und die muss man in einem gemeinsamen Drohnenabwehrzentrum koordinieren."

Ob es "super zackig" (O-Ton Illner) geht, wird sich zeigen. "Es wird alles schnellstens umgesetzt", versprach Dobrindt Maßnahmen noch in diesem Jahr. Doch bei der Drohnenabwehrtechnik etwa gebe es einen internationalen Wettlauf. Auch das Luftsicherheitsgesetz müsse erst angepasst werden, um die geplante Amtshilfe zu ermöglichen.

"So simpel ist das mit der Amtshilfe nicht", warf Mihalic ein und forderte vor allem eine "Drohnenabwehr aus einem Guss." Während sich Dobrindt "froh und dankbar" über den Vorstoß Bayerns zeigte, selbst ein Drohnenabwehrprogramm zu installieren, warnte sie: Verantwortungsdiffusion könne man sich nicht leisten.

"In so vielen Fällen wird es nicht passieren", wusste Holger Stark (stellv. Chefredakteur und Ressortleiter Investigative Recherche und Daten von "Die Zeit"). Schließlich müsse die Bundeswehr ihre eigenen Kasernen verteidigen und hätte nicht viel abzugeben. "Diese Art von Kapazitäten wird die Polizei aufbauen müssen", betonte er, denn "bei Drohnen hat man 10 bis 20 Minuten Zeit." Da könne man weder das Parlament fragen, noch lange Befehle durchtelefonieren - "das muss vor Ort gut funktionieren." Davon sei man aber noch lange entfernt und auch die Länder hätten weder die Expertise noch den Willen noch das Geld. "Außer Bayern", warf Maybrit Illner ein.

"Technisch ist vieles möglich", ließ sich Dobrindt nicht verunsichern, "am Schluss ist die Frage: Wie organisiert man den Abschuss." Diese müsse juristisch beantwortet werden. Denn: "Das will am Schluss immer keiner gerne hören, aber Drohnen abschießen hat was mit Abschuss zu tun. Und das hat was mit Munition zu tun. Und das findet dann auch an unserem Himmel statt."

"Warten wir das Gesetz ab", gab sich Wüstner pragmatisch. Das Thema Drohnenabwehr sei allerdings eine weitere große Herausforderung für die Bundeswehr, "weil wir mit Blick auf die innere Sicherheit Dinge verschlafen haben". Zwar könne die Bundeswehr helfen, sie sei aber nur für verteidigungsrelevante Infrastruktur zuständig. Die kritische Infrastruktur obliege der Polizei. Um Letztere zu schützen müssten alle mehr tun - die Gesellschaft und auch große Unternehmen, sprach er aus, was schon Pistorius gemeint hatte. Denn eines müsste jedem bewusst sein: "Deutschland ist aktuell verwundbar."

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