20.11.2024 von SWYRL/Marko Schlichting
Wie geht es weiter in der Ukraine? Darüber stritten sich am Dienstagabend die BSW-Chefin Sahra Wagenknecht und Katrin Göring-Eckardt von den Grünen bei Sandra Maischberger in der ARD.
"Es gibt in der Sozialpolitik eine ganze Menge Fragen, wo ich sagen würde, das verbindet uns", sagte die stellvertretende Bundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen über Sahra Wagenknecht, die Gründerin und Vorsitzende des BSW. Wagenknecht verbindet mit Göring-Eckardt, dass beide aus Thüringen stammen. Aber das war es auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Beide Politikerinnen sind am Dienstagabend zu Gast bei Sandra Maischberger im Ersten. Da möchte Wagenknecht lieber über Politik sprechen.
"Es geht in Thüringen um viele Dinge, die wir auch im Bundestag behandeln: Dass zum Beispiel die Finanzspielräume sehr eng sind, dass es wirklich sehr schwer ist in den Koalitionsverhandlungen, Verbesserungen durchzusetzen. Wir haben in Thüringen ein Riesenproblem, dass ganz viele Schulstunden ausfallen. Es gibt viele Automobilzulieferer, die jetzt in einer tiefen Krise sind, weil die Ampel die Weichen falsch gestellt hat und wir diese Wirtschaftskrise haben. Für mich ist viel wichtiger, wie wir da rauskommen."
Aber Sandra Maischberger möchte vor allem über den Krieg in der Ukraine sprechen. Und da ist Streit vorprogrammiert. Wagenknecht und Göring-Eckardt streiten sich dann auch nach Kräften.
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"Aber glauben Sie, dass sich die Atommacht Russland von uns erpressen lässt?"
Die Ansichten sind klar: Göring-Eckardt will mehr Waffen an die Ukraine liefern, damit die bei zukünftigen Friedensgesprächen mit Russland auf Augenhöhe verhandeln kann. Wagenknecht möchte so schnell wie möglich mit dem russischen Präsidenten Putin über einen Waffenstillstand verhandeln. Fakt ist aber: Nach Verhandlungen sieht es derzeit nicht aus. Russland hat die Angriffe auf die Ukraine am Wochenende massiv ausgeweitet, nachdem Bundeskanzler Scholz am Freitag mit Putin telefoniert hat. Offensichtlich hat Putin kein Interesse an einem Ende des Krieges.
Unterdessen hat CDU-Chef Friedrich Merz vor kurzem Klartext gesprochen und Russland gedroht: Wenn er Bundeskanzler wäre, würde er dem russischen Präsidenten Putin ein Ultimatum stellen. Wenn Russland den Raketenbeschuss ukrainischer Städte fortsetze, würde Deutschland Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern. "Die Konsequenz wäre: Bundeswehrsoldaten programmieren Raketen, die tief nach Russland reichen. Das ist praktisch eine Kriegserklärung an Russland", sagt Wagenknecht und kann das Ultimatum nicht ernst nehmen: "Wir haben keine Atomwaffen. Zu sagen, wir erpressen jetzt Putin mit diesem Ultimatum - das ist geradezu lächerlich."
In einer solchen zentralen Frage, bei der es um Leben und Tod gehe, sei es unverantwortlich, wenn Deutschland immer wieder austeste, welche rote Linien man überschreiten könne. "Noch ist nichts passiert. Aber wir können doch nicht weitergehen. Irgendwann wird etwas passieren. Und das, was dann passiert, ist so eine Tragödie, so eine Katastrophe für unser Land, dass ich es wirklich unverantwortlich finde, einen solchen Weg einzuschlagen", so Wagenknecht.
"Die Wahrheit ist, dass es eine Eskalation gibt. Und diese Eskalation geht von Putin aus", antwortet Katrin Göring-Eckardt. Russland bombardiere Kinderzimmer und Krankenhäuser. Es setze Drohnen ein, die einzelne Zivilisten auf der Straße treffen könnten. Die ukrainische Armee beschieße militärische Ziele in Russland. "Wenn wir über rote Linien sprechen, dann muss man sagen, dass Putin eine rote Linie nach der anderen überschreitet." Die Drohung von Merz unterstützt Göring-Eckardt: "Das war eine ganz klare Adresse an Putin."
"Aber glauben Sie, dass sich die Atommacht Russland von uns erpressen lässt?", fragt Wagenknecht. Göring-Eckardt: "Wenn Sie mit der Atommacht kommen, will ich eines sagen: Da wird an die Urangst appelliert. Wer glaubt, dass Putin anfängt, Atomschläge zu machen, der versteht nicht, dass es für Russland und für Putin das Allergefährlichste wäre. Was Putin will ist, dass wir Angst haben. Das ist seine größte Waffe. Und Sie bewirtschaften diese Angst. Und ich will, dass wir Stärke zeigen, dass wir Europa sichern, dass wir der Ukraine helfen. Das ist unsere Uraufgabe."
Doch Wagenknecht bleibt dabei: "Man darf nicht damit spielen, dass unser Land in einen Krieg mit einer Atommacht eintritt." Deswegen habe ihre Partei bei den Koalitionsverhandlungen nach den Wahlen in Ostdeutschland gefordert, einen entsprechenden Passus in die Präambeln der Koalitionsverträge aufzunehmen, sagt die Spitzenkandidatin des BSW für die kommenden Neuwahlen. Kanzlerkandidatin will sie übrigens nicht werden. Vielleicht später mal.
"Die meisten zweifeln an den anderen, Robert Habeck zweifelt an sich selbst"
Das sehen die Grünen anders. Die haben am vergangenen Wochenende Robert Habeck zu ihrem Kanzlerkandidaten gekürt. "Robert Habeck ist jemand, der einen klaren Kompass hat. Er sieht auch am besten aus", sagt dessen Parteikollegin Göring-Eckardt. "Und was das Entscheidende ist: Er hat den Anstand zu sagen, welche Fehler er gemacht hat. Das ist bei Politikern äußerst selten." Und: Habeck sei ein Mann mit Selbstzweifeln: "Die meisten zweifeln an den anderen, Robert Habeck zweifelt an sich selbst."
Ob Selbstzweifel jedoch eine besondere Qualifikation für einen Bundeskanzler sind, ist zwischen den beiden Politikerinnen kein Thema. Und auch viele andere Themen werden nicht angesprochen, die die Menschen in Deutschland gerade bewegen. Aber der Wahlkampf hat ja gerade erst begonnen.