"Perfekt Verpasst": Pastewka, Engelke und die Mathematik der Liebe

Gemeinsame "Wochenshow"-Sketche, Begegnungen in "Pastewka" und die Shows von "Wolfgang & Anneliese": Die beiden befreundeten Komödien-Spezialisten Anke Engelke (58) und Bastian Pastewka (52) haben in den vergangenen knapp 30 Jahren ihrer Karriere schon eine Menge Gemeinsames auf die Beine gestellt: Sketch-Shows, Filme und Specials, die zu Recht mit Preisen ausgezeichnet wurden. Und doch haben die Stars der anspruchsvollen deutschen Comedy noch nie eine Serie gemeinsam getragen. Dies ändert sich nun mit Amazons "Perfekt Verpasst", deren acht Folgen ab Donnerstag, 15. August, beim Streamingdienst zu finden sind. Der Plot ist durchaus putzig: Maria (Engelke) und Ralf (Pastewka) stecken in ihrem nicht mehr ganz jungen Leben fest.

Sie betreibt einen Buchladen, wäre aber lieber Schriftstellerin. Marias kinderlose Ehe mit Max (Serkan Kaya) ist gescheitert, aber man hat noch heimlich Sex miteinander. Heimlich deshalb, weil Max nun mit Maries enger und hochsensibler Freundin Nikki (Fritzi Haberlandt) zusammen ist. Auch bei Ralf sieht es in der Lebensmitte ein wenig trist aus. Die Ehe des passionierten Schuhladenbesitzers wurde gerade geschieden. Die fast erwachsenen Töchter (Momo Beier, Lea Freund) sind genervt von den Dad-Jokes ihres eher uncoolen Vaters, der mit Fröhlichkeit die Leere in seinem Leben zu überdecken scheint. Mit anderen Worten: eine typische Pastewka-Figur.

In ihren Szenen deuten die Serien-Autoren Sebastian Colley ("Pauline") und Claudius Pläging ("Spieleabend") an: Maria und Ralf wären eigentlich perfekt füreinander - doch sie sind sich noch nie über den Weg gelaufen. Und das, obwohl sie in der gleichen Kleinstadt leben. Zusätzlich befeuert wird die Kuriosität dadurch, dass die beiden durch einige Nebenfiguren miteinander verbunden sind: So ist Marias Vater (Michael Wittenborn) nach seinem späten Coming out mit einem der besten Freunde von Ralf zusammen, seinem Amateur-Rockbandkollegen Jochen zwei (Peter Jordan).

Viel Erfahrung und Talent steckt in dieser netten Schmunzelserie mit tragikomischen Tiefgangmomenten, sowohl vor wie auch jenseits der Kamera. Die Autoren Colley und Pläging waren schon bei so illustren Werken deutscher Comedy-Kunst wie "Pastewka", "Ladykracher", "Die Carolin Kebekus Show", "Kroymann" oder "How to Sell Drugs Online (Fast)" am Werke. Pastewkas und Engelkes Figuren rühren durchaus an, ohne jedoch ganz tief zu berühren. Dafür bleibt die Amazon-Serie zu sehr an der Oberfläche ihres Figurenreigens stecken und traut sich nicht immer ganz tief hinein in die Figuren. Also dahin, wo es im menschlichen Miteinander oder auch in der Einsamkeit so richtig wehtut. Die gewisse Leichtigkeit der verpassten Liebes-Mathematik mit Engelke und Pastewka hat aber auch ihr Gutes: Man sieht eine nette Kleinstadtgeschichte voller netter, menschlicher Figuren, die man alle mögen kann - auch wenn manche von ihnen ein bisschen nerven.

Apropos Kleinstadt: "Perfekt Verpasst" spielt im mittelhessisch abgelegenen Studentenstädtchen Marburg. Marburg, 78.000 Einwohner inklusive eingemeindeter Dörfer, ist im Prinzip ein Bonus-Joke für Kenner des Ortes, den die Serie mitliefert. Aufgrund der Enge des mittelalterlichen Stadtbildes ist es dort nahezu unmöglich, sich über längere Zeit nicht zu treffen oder aus dem Weg zu gehen. Insofern ist es der in der Tat der "perfekte" Ort, um sich "perfekt" zu verpassen.