08.03.2024 von SWYRL/John Fasnaugh
Norah Jones, Kim Gordon und Ariana Grande, die sich auf künstlerisch anspruchsvolle Art einen Spaß daraus macht, was Fans und Kritiker von ihr erwarten: Erfahren Sie hier, was neu, wichtig und hörenswert ist in der Welt der Musik.
Ariana Grande ist ein Superstar mit vielen Millionen Followern in den sozialen Medien, vielen Nummer-eins-Hits und mehreren nennenswerten Preisen im Trophäenschrank. Als große "Kunst" wurde ihre Musik bisher aber nur selten gefeiert. Zu Unrecht vielleicht? Mit "Eternal Sunshine" gibt sie nun ihre Antwort darauf, was viele Menschen von ihr erwarten (oder auch nicht erwarten), und dabei gelingt ihr eines der smartesten Alben des bisherigen Pop-Jahres 2024. Neues und Hörenswertes gibt es außerdem von Norah Jones und Sonic-Youth-Ikone Kim Gordon.
Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.
Ariana Grande - Eternal Sunshine
Kunst oder Massenware? Ariana Grande würde sich dieser Tage womöglich recht schnippisch dazu äußern, wo ihre Musik denn nun einzuordnen ist. Aber dass sie diese Fragestellung zuletzt verstärkt beschäftigte, scheint sicher zu sein. "Eine Art Konzeptalbum" sei ihr neues Werk "Eternal Sunshine", auf dem sie ganz bewusst mit den Erwartungen von Plattenfirmen, Kritikern und Fans spielt.
Das Video zur ersten Single "Yes, And?" gab zuletzt schon die Richtung vor. Ariana Grande gelang hier ein erstklassiger Dance-Pop-Track, die spannendsten Details finden sich aber am Rande des Clips. Anfangs stehen ein paar Musikkritikerinnen und -kritiker beisammen und warten darauf, dass Ariana Grande ihre neue Musik vorspielt. "Ich mochte die alte Ari lieber", "Ich will nichts, das glücklich klingt, ich will Kunst." Ein bisschen elitäres Naserümpfen, viele Gehässigkeiten. Aber am Ende der Ari-Show tanzen sie alle mit, völlig enthemmt und schweißgebadet.
Das inzwischen siebte Studioalbum der zweifachen Grammy-Gewinnerin enthält insgesamt 13 Titel. Einige davon seien "wirklich verletzliche" und durchaus ernste Songs, wie Ariana Grande im Vorfeld bereits erklärte. Oft geht es dabei, wie so oft bei ihr, um die Liebe. Gleichzeitig sei es der 30-Jährigen aber auch um eine augenzwinkernde Überzeichnung dessen gegangen, "was die Leute manchmal von mir erwarten". Es ist ein Ansatz, der fürchterlich schiefgehen kann, aber nicht so, wie Ariana Grande es anstellt. Smart, reflektiert, unterhaltsam: "Eternal Sunshine" ist vieles, aber gewiss keine austauschbare Massenware.
Norah Jones - Visions
Ein melancholischer, zuweilen fast düsterer Mix aus Jazz und Blues, dazu erzählte sie Geschichten vom Leben am Boden: Mit "Pick Me Up Off The Floor" (2020) veröffentlichte Norah Jones zu Beginn der Coronapandemie ein Album, das gut in diese schwere Zeit passte. Wenn man nun, vier Jahre später, aus dem Fenster oder in die Zeitungen blickt, sieht vieles noch viel schlimmer aus als damals. Insofern ist die neue Platte von Norah Jones eine angenehme Überraschung: Statt noch schwermütigere Songs über eine noch elendere Welt zu singen, präsentiert sie auf "Visions" sonnendurchflutete Muntermacher-Musik.
Die Ideen zu vielen der zwölf Lieder seien ihr kurz vor dem Einschlafen gekommen, einige auch beim Meditieren. Entspannung, innere Ruhe, Gelassenheit: Aus dieser Gemütslage heraus hat Norah Jones mit dem Produzenten Leon Michels eine Platte aufgenommen, die nicht verkrampft einem roten Faden folgt und nicht irgendwelche Genres neu erfinden will, sondern vor allem das Leben und die Musik selbst feiert. Mit Vogelgezwitscher und luftigem Groove, mit Songtiteln wie "Paradise" und "I Just Wanna Dance". Folk, Pop, Funk, Soul, Jazz: Jones spielt alles, was ihr Spaß macht, und zwar auf genau dem Niveau, das man von einer neunfachen Grammy-Gewinnerin erwartet.
Kim Gordon - The Collective
Das Leben feiern und das Publikum unterhalten? Pah. Gute Kritiken oder irgendwelche Musikpreise einheimsen? Nicht wichtig. Kim Gordon ging in der Kunst schon immer ihren eigenen Weg, stoisch, unerbittlich und doch unberechenbar. Als Zeichnerin, als Kuratorin, als Sängerin von Sonic Youth und zuletzt auch als Solomusikerin. 2019, als damals 66-Jährige, brachte sie mit "No Home Record" ihre erste eigene Platte auf den Markt. Jetzt veröffentlicht die New Yorkerin ihr zweites Album: "The Collective".
Wer genau hineinhorchte, konnte auf "No Home Record" zumindest vereinzelt noch "klassische" Songstrukturen und ein paar halbwegs zugängliche Momente finden. Jetzt sind da, oberflächlich beurteilt, nur noch Lärm, Gefiepe und Gebrumm. Und eben der kühle, trockene Sprechgesang von Kim Gordon. Da ist nichts Warmes in "Shelf Warmer" und garantiert nichts Süßes in "The Candy House". Aber diese Songs sind auch nicht da, um irgendjemandem zu gefallen, sondern dafür, Gordons nach wie vor scharfem Blick auf die Welt Ausdruck zu verleihen.
Gemeinsam mit den Produzenten Justin Raisen (Yves Tumor, Charli XCX) und Anthony Paul Lopez hat Kim Gordon elf Stücke zwischen Dub, Trap und Experimentalmusik erarbeitet, die klangästhetisch keine Gnade kennen, aber doch auf spannende Weise aufzeigen, was Musik jenseits von Chart-Hits eben auch sein kann. Wer bis hierhin noch nicht abgeschreckt ist: Inhaltlich handelt das Material auf "The Collective", so heißt es in einem Begleittext zum Album, "von Kommunikation, kommerzieller Sublimierung und sensorischer Überlastung".