26.01.2024 von SWYRL/Hans Czerny
Sie reisen gerne in Kriegsgebiete, wenn andere am Strand Urlaub machen. Sie suchen den Adrenalin-Kick, das ultimative Abenteuer, "Kriegstouristen" werden von Agenturen für sündteures Geld betreut. Die britische Doku zeigt Extremtouristen und ihre geschäftstüchtigen Betreuer.
Manchmal ist der Kanonendonner schon verhallt. Manchmal, wenn sie ganz nah dran sind, ist er für sie aber auch noch gut zu hören. Sie, das sind "Kriegstouristen", vornehmer auch "Extremtouristen" genannt. Die ARTE/ZDF-Doku zeigt im Querschnitt Menschen, die den ultimativen Kick suchen, den Adrenalinschock, den sie sonst nirgends finden können. Das Leben daheim wird ihnen zu langweilig, deswegen ziehen sie in den Krieg, oder wenigstens in Gebiete, die vom Krieg gezeichnet sind. Es klingt verrückt, aber so etwas gibt es.
Andrew, ein Bauunternehmer aus Surrey, ist glücklich verheiratet und hat zwei Kinder. Doch nach ein paar Wochen in seinem Alltag zieht es ihn hinaus nach Somalia, in den Irak, oder nach Syrien. Er will dorthin, "wo man die Geschütze hört" und möglicherweise selbst unter Beschuss gerät.
Die Ruinen von Aleppo wirken dann wie "das Gesicht der Finsternis", und eine endlose Kamerafahrt zeigt eine einsame Straße in Bergkarabach so, dass man die Gefahr lauern sieht. Kriegstouristen auf der Suche nach dem ultimativen Kick sind alle gute Beobachter ihrer selbst. Sie wissen, was sie tun für das viele Geld. Ihre Sucht ist eine, die sich gerne mal mit dem Mäntelchen des Mitleids umgibt. "Es macht mich immer noch betroffen", sagt Andrew nach dem Besuch eines riesigen syrischen Flüchtlingslagers. Deshalb bringt er immer kleine Geschenke mit und schüttelt Hände.
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Mit dem Reisebüro ins Kriegsgebiet
Als Rick, ein durch seine Untauglichkeit verhinderter Militarist, erstmals die Geräusche des Krieges vernahm, kam ihm die Idee, ein Reisebüro zu gründen, das Menschen in Konfliktgebiete bringen sollte. Es war der Beginn von "War Zone Tours", das fortan Kriegstouristen in alle Welt verschickte und betreute.
"Geben Sie mir einen Monat, und ich bringe Sie an jede Front der Welt, an die Orte, die in den Nachrichten gehandelt werden", lautet die eigentlich unfassbare PR-Botschaft Ricks. Kriegstouristen wollen, warum auch immer, mit eigenen Augen sehen, was die Medien für ihre Begriffe nur unvollständig zeigen. Man könnte auch sagen, sie wollten gerne selbst Korrespondenten spielen. Dabei gleicht die umfassende Vorbereitung ihrer Touren durchaus der des Krieges selbst. Es gilt für Unternehmer wie Rick, die Lage an den angepeilten Schauplätzen auf das Genaueste zu sondieren und dabei Polizei und Soldaten vor Ort für die Sicherheit der Kunden zu akquirieren. Sowas kann kosten. Etwa 12.000 Dollar gibt ein Tourist aus Arizona seit 15 Jahren regelmäßig für so ein Kriegswochenende aus. "Bestattung und Überführungskosten der Leiche extra", heißt es im Kommentar des Films eher trocken, die Reiseverträge werden allerdings nicht offengelegt.
Für manch eine(n) ist es dann aber auch gut, die Sucht kommt an ihr Ende. "Was bringen all diese Kriege?" denkt Rick, der Organisator, eines Tages. "Also war's das mit 'War Zone Tours." Seit kurzem weiß er, "dass Krieg etwas Saudummes ist" und bildet die Leute nur noch zu Selbstverteidigungszwecken aus. Einer seiner Kunden hat jetzt eine neue Leidenschaft, das Fallschirmspringen, für sich entdeckt. Andere aber kommen nicht los von ihrer Sucht, sie reisen in ihrer Freizeit immer weiter dem ultimativen Kick des Krieges hinterher.