18.08.2023 von SWYRL/Wilfried Geldner
Beim "Grindadrap", der blutigen Treibjagd auf Grindwale, werden auf den Färöer-Inseln alljährlich immer noch hunderte Wale und Delfine abgeschlachtet. Ein archaisch anmutendes Ritual. Der ARD-Korrespondent Christian Blenker will wissen, warum es dieses Schlachten noch immer gibt.
Tierschützer haben dem blutigen Treiben des "Grindadrap" seit Langem den Kampf angesagt. Doch die Färöer verteidigen die inzwischen größtenteils zum traditionellen Ritual verkommene Gebaren mit Leib und Seele. Was einst der Fleischbeschaffung wider den Hunger diente, wurde später zum blutigen Gemetzel, bei dem küstennahe Walfischgruppen, die wie Zaunlatten (Grinde) nebeneinander schwimmen, mit Motorbooten in schmale Buchten getrieben werden, wo die Schlächter am Ufer mit Haken, Messern und einen schnellen Tod bringenden Speeren auf sie warten. Christian Blenker, der ARD-Korrespondent und Autor des Weltspiegel-Films "Waljagd auf den Färöer Inseln - Warum gibt's das noch?", wollte wissen, warum dieses Blutbad noch immer betrieben wird. Allerdings nicht ohne Vorwarnung: "Achtung, Es wird in den nächsten Minuten Bilder geben, die für manchen verstörend sein könnten!" warnt er gleich zu Beginn.
Der Filmemacher selbst möchte "offen bleiben, verstehen und nicht verurteilen". Zu diesem Zweck besucht er die Gelegenheitswalfänger und ihre Familien, isst mit ihnen Walfleisch am Familientisch und hört sich ihre Beweggründe an.
Abonniere doch jetzt unseren Newsletter.
Walfischschlachten als Fest
"Weil wir mit der Natur leben", geben sie vor Ort gerne als Grund für das Schlachten an. Die Tradition stamme aus Zeiten, "in denen es nichts zu essen gab". Warnungen der Tierforscher, die den hohen Quecksilbergehalt der Fleischfresser (vor allem Tintenfische) betreffen, halten sie ebenso wenig von ihren Taten ab wie die hohe Intelligenz und das hoch entwickelte Sozialverhalten der zur Art der Delfine gehörigen Schwimmer.
Politiker wagen es ohnehin nicht, sich an die Seite der angefeindeten Tierschützer zu stellen. Sie hätten "keine Chance mehr", wie eine Dame im örtlichen Strickclub behauptet. Für den Autor übrigens kein Grund, mit einem freundlich gesinnten Politiker (ehemals Schauspieler und Journalist) ins acht Grad kalte Wasser zu springen.
Wer meint, dass der Weltspiegel-Mann somit ein "harter Hund" sei, sieht sich im Anblick einer überraschend anberaumten Treibjagd eines Besseren belehrt. Wieder färbt sich das Meer an der wild aufschäumenden Küste blutrot unter einem schwarzgrauen Himmel. Einer der Wale ist den Häschern mit ihrem beängstigenden Waffenarsenal wie Fanghaken, Messern und Speeren entkommen. So zieht sich die Jagd - 19 Grindwale in drei Minuten - merklich hin. Kind und Kegel sind dabei, es ist ein Fest. Später im Hafen wird das Walfleisch an 200 Familien verteilt. Für den Autor, der sich kommentierend einbringt, ist es unverständlich, "dass hier so viele unkritisch gegenüber der Waljagd sind". Er "könnte keine Grindwale jagen und töten", so bekennt er - und stellt zuletzt die Frage: "Könntest du?"
Nein, natürlich nicht, sagt da unsere innere Stimme. Trotzdem Danke für die romantischen Küstenbilder und die Porträts freundlicher Menschen, Sie haben sich an ihrer Autarkie festgehakt und wollen sich von niemand dreinreden lassen. Es geht ums Prestige einer Nation. So viel haben wir verstanden, befürworten können wir es aber nicht.