Die Blume des Bösen - Mi. 29.01. - ARTE: 20.15 Uhr

Der Reiz der bourgeoisen Nichtigkeit

28.01.2025 von SWYRL/Andreas Fischer

Claude Chabrol widmete sich in diesem Meisterwerk von 2003 wieder einmal dem französischen Bürgertum. Er deckt lustvoll hinter der glänzenden Fassade das dreckige Erbe einer Familie auf.

Es wird gefeiert im Hause Charpin-Vasseur. Die ganze Familie freut sich über Annes Sieg bei den Kommunalwahlen. Es gibt Champagner, es wird gelacht, es wird getanzt. Nur der Hausherr fehlt, Gérard liegt tot in irgendeinem Zimmer des Anwesens, niemand vermisst ihn. Seine Stieftochter Michèle hat ihn erschlagen. Aber das ist Nebensache. Tante Line wird die Schuld auf sich nehmen, um von ihren Qualen erlöst zu werden. Frankreichs Regie-Legende Claude Chabrol (1930 - 2010) warf mit "Die Blume des Bösen" (2003) einmal mehr einen ziemlich bösen Blick in die Abgründe des französischen Bürgertums. ARTE zeigt den hervorragend gealterten Film nun nochmals zur besten Sendezeit.

Vor 50 Jahren gab es einen Kollaborateur in der Familie. Der hat den Nazis seinen eigenen Sohn ausgeliefert und fiel wenig später selbst einem Verbrechen zum Opfer. Tante Line (Suzanne Flon) hat diese Morde bis heute nicht verkraftet. Die alte Dame zwingt sich zur Lebensfreude, sie ist die gute Seele des Hauses, in dem sonst wenig gut ist: Gérard Vasseur (Bernard Le Coq) steigt jungen Damen nach, und missgönnt seiner zweiten Ehefrau Anne Charpin-Vasseur (Nathalie Baye) den Erfolg. Die ist politisch ambitioniert und dabei, aus dem Familiengefängnis auszubrechen. Gérards Sohn François (Benoit Magimel) ist bereits einmal aus diesem Gefängnis geflüchtet. Als er zurückkommt, wird er sehnsüchtig von seiner lebenslustigen Stiefschwester Michèle (Mélanie Doutey) erwartet. Die beiden haben sich immer geliebt. Sie sind die Hoffnung in der Familie. Und sie haben dadurch die Macht, Tante Line zu helfen.

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Zynischer Blick in die banale Normalität

Claude Chabrol wirft mit "Die Blume des Bösen" einmal mehr einen zynischen Blick in die banale Normalität des provinziellen Bürgertums. Er leuchtet dorthin, wo Familien wie die Charpin-Vasseurs seit Generationen leben. Wo sich nichts ändert, wo das Leben eine stete Wiederkehr der immer selben Ereignisse, ein Kreis wie ein Gefängnis ist. Die traurige Konsequenz der komplexen Eintönigkeit: Gäbe es nicht hin und wieder ein Verbrechen in der Familie, hätte man nichts zu erzählen.

Chabrol ergötzt sich mit starken, symbolischen Bildern an der bourgeoisen Nichtigkeit. Er weidet sich an den Verbrechen und lässt seine Charaktere (großartig: LeCoq, Flon und Baye) daran reifen oder zugrunde gehen. Der Weg hinaus in die Wirklichkeit, den Tante Line, Anne, Michèle und François finden, spendet am Ende doch noch Trost, erfordert aber Kraft. Und Mut.

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