Wir für immer - Mi. 11.09. - ARD: 20.15 Uhr

Die Dialektik der Liebe

08.09.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Der 17-jährige Jann (Philip Günsch) wohnt bei seiner labilen Mutter (Marie Leuenberger), die beiden stehen sich sehr nah. Als im Coming of Age-Drama "Wir für immer" die Liebe zur gleichaltrigen Selma (Mina-Giselle Rüffer) in Janns Leben tritt, drohen die Gefühle aller drei in Schieflage zu geraten.

Normalerweise sollten Eltern ihre halbwüchsigen Kinder beim Erwachsenwerden begleiten - auch wenn dieser Prozess, Stichwort: Pubertät, nicht immer ganz reibungslos verläuft. Beim 17-jährigen Jann (Philip Günsch) ist die Lage jedoch umgekehrt. Seine Mutter Lina (Marie Leuenberger) ist jener Zweierbeziehung der Mensch, welcher Stabilität braucht. Sie ist psychisch labil und schwankt in ihrem Alltag und Gemütszustand zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Für Jann macht es das im Coming-of-Age-Drama "Wir für immer" ziemlich schwer, seine Jugend zu genießen. Als er sich in Mitschülerin Selma (Mina-Giselle Rüffer) zu verlieben scheint, wehrt sich der Mutter-Stabilisator lange gegen seine Gefühle. Wie kann es sein, fragt er sich, dass Liebe, die sich für den Teenager immer schwer angefühlt hat, auf einmal leicht sein soll? Und geht das überhaupt: eine Liebesbeziehung zu zwei Menschen gleichzeitig, die doch jeweils absolut sein muss?

Filmemacher Johannes Schmid, der sowohl für Drehbuch wie auch die Regie dieses ungewöhnlichen "FilmMittwoch im Ersten" verantwortlich ist, hat sich vor allem einen Namen mit Erzählungen gemacht, bei denen Kinder und Jugendliche im Mittelpunkt stehen. "Blöde Mütze!", 2007 der erste abendfüllende Spielfilm des heute 50-Jährigen, gewann international zahlreiche Preise. Zuletzt war Schmid mit den deutsch-österreichischen Koproduktionen "Geschichten vom Franz" und "Neue Geschichten vom Franz" im Kino zu sehen. Auch sein neuer für den WDR produzierter Film berichtet sensibel aus der Zeit und dem Erleben noch nicht ganz erwachsener Menschen. Wobei man keine falschen Hoffnungen schüren sollte: Ein leichtes oder wenigstens bittersüßes Stück über die wunderbare Welt des Aufwachsens ist "Wir für immer" nicht. Eher schon ein klassisches Drama, das Menschen, die selbst unter psychischen Problemen leiden oder in ihrem nächsten Umfeld damit umgehen müssen, ziemlich an die Nieren gehen könnte.

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Liebe, wunderschön und unerträglich furchtbar

Erzählt wird der Film stets aus Sicht seines Protagonisten Jann, der vom Hamburger Nachwuchsschauspieler Philip Günsch überzeugend verkörpert wird. Noch etwas prominenter als der mittlerweile 20-jährige Star des Films sind jedoch seine beiden fast gleichwertigen Mitspielerinnen. Janns Mutter wird von der deutsch-schweizerischen Schauspielerin Marie Leuenberger mit so großer Intensität gegeben, dass man zwischen einer Gebanntheit des Hinsehenmüssens und einem Wegschaureflex aufgrund des großen Leids der Figur schwankt. Leuenberger war nicht nur Star am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, die preisgekrönte Charakterdarstellerin ist auch regelmäßig im Fernsehen zu sehen - zum Beispiel mit wiederkehrenden Rollen in Krimi-Reihen wie "Neben der Spur" und "Ein Krimi aus Passau".

Kleiner Fun Fact: In der ZDF-Gruselserie "Was wir fürchten" spielte Leuenberger 2023 ausgerechnet die Mutter jener Schauspielerin, die nun in "Wir für immer" zur Konkurrentin um die Liebe ihres Filmsohnes wird: Mina-Giselle Rüffer, 21 Jahre alt, machte zuvor in der bemerkenswerten Jugendserie "DRUCK" von sich reden, in der pro Staffel immer eine neue Geschichte im gleichen Jugendumfeld erzählt wird. Für ihre herausragende Darstellung als Nora in der fünften "DRUCK"-Staffel wurde Rüffer mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet. Ganz schön viel Talent also in diesem Dreiecks-Drama im Ersten, das mit seiner langsamen Erzählweise und drastischen Szenen psychischen Leids sicher nichts für Menschen ist, die nach etwas Zerstreuung am Feierabend suchen. Dennoch lohnt sich der Film. Die Dialektik der Liebe, die sich gerade für junge Menschen gleichzeitig wunderschön und unerträglich furchtbar anfühlen kann, wird hier ziemlich präzise und nachvollziehbar in authentische Fiktion verwandelt.

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