27.07.2023 von SWYRL/Michael Eichhammer
Ein tierischer Todeskampf als Kunstobjekt? Am Motiv eines Mitbringsels in der Donnerstagsfolge von "Bares für Rares" schieden sich die Geister. Deswegen flunkerte der Verkäufer zunächst, um die Gemüter nicht zu erhitzen.
Auf den ersten Blick erkannte Horst Lichter "ein monumentales Kunstwerk". Dann wurde ihm klar: "Mit einem schwierigen Stoff." Experte Colmar Schulte-Goltz brachte es auf den Punkt: "Der schöne Hirsch im Moment des Todes." Oder war das Tier gar nicht tot, wie der Verkäufer weis machen wollte? "Bares für Rares"-Händler Julian Schmitz-Avila hatte da seine Zweifel.
Bei Horst Lichter erklärte der Verkäufer jedoch zunächst, woher sein Mitbringsel stammte: "Der stand, seit ich denken kann, beim Großvater auf dem Bücherschrank", teilte Hubertus seine Kindheitserinnerung. Der 64-jährige Forstwirt kannte Motive wie dieses auch aus dem wahren Leben: Er war auch als Jäger aktiv.
"Ein Tierbildhauer, der sein Handwerk wirklich verstand", schwärmte Colmar Schulte-Goltz von dem ihm bekannten Künstler. Er verwies auf die Signatur: Wilhelm Wolff. Hubertus hoffte, dass es sich um Bronze handele, doch der Experte musste ihn enttäuschen: "Es ist die günstigere Variante." Die Rede war von Zink.
Der Experte schätzte die Entstehung um 1900. Dafür sprach die typische Sockelzone mit der hölzernen Bodenplatte. Da Wilhelm Wolff bereits in den 1880er-Jahren verstorben war, entstand dieses Objekt also nach seinem Tod nach seiner Vorlage. Weiterer "Makel": "Der Sockel unten ist ein bisschen angestoßen überall", beobachtete Lichter. "Kein Ebenholz", schlussfolgerte der Experten-Adjutant. "Genau, das ist schwarz lackiertes Holz", stimmte der wahre Experte zu. Schulte-Goltz verwies auf die beriebene Patina. Unter der bronzierenden Lasur "schaut das echte Material silbrig hervor".
Lichter fragte nach dem Wunschpreis. Hubertus wollte eigentlich 2.000 Euro, doch das war, als er das Material noch für Bronze hielt. Er ließ sich auf den Expertenrat ein: bis 1.000 Euro. "Weil es so groß ist, nicht unbedingt, weil es so schön ist", so Schulte-Goltz.
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Angeschossen oder wälzend? Hirsch-Motiv wirft Fragen auf
"Ist der gerade angeschossen worden oder wälzt der sich?", fragte sich Susanne Steiger laut im Händlerraum. "Oh, das ist ein Sechzehnender", zählte Julian Schmitz-Avila ab. "Das ist ein Sechzehnverender", kalauerte der neue Kollege Leo Leo. "Sind Sie Jäger?", fragte Julian Schmitz-Avila. "Förster - aber ich jage auch", erzählte Hubertus. "Und der Hirsch, ist der gerade erlegt worden oder schubbert der sich gerade im Unterholz?", fragte Susanne Steiger. Die Kollegen lachten.
"Es ist ja nicht viel Unterholz", winkte Hubertus mit dem Zaunpfahl. Schmitz-Avila lachte. "Entweder er markiert was oder ... Ich denke, er markiert was", flunkerte der Jäger und Förster, wohl um Steigers Nerven zu schonen. Schmitz-Avila durchschaute dies: "Ja, ja, das sagen Sie jetzt, weil Sie der Susi schmeicheln wollen", behauptete er. "Sie können es ruhig sagen: Der ist kurz vor küchenfertig", ging der Händler in die Offensive. "Das dauert noch eine Weile, die müssen ja auch länger abhängen", wich Hubertus erst aus. Dann gab er zu: "Es könnte auch sein, dass es seine letzten Zuckungen sind." Was er ebenfalls zugeben musste: Es handelte sich um Zink, nicht um Bronze.
"Ich finde den trotzdem stark", erklärte Walter Lehnertz. Er machte das Startgebot mit 280 Euro. Schmitz-Avila ging sofort auf 350. Lehnertz auf 380. "Was ist denn mit euch?", wendete sich Schmitz-Avila an Leo Leo und Jos van Katwijk. "In Holland gibt es wenig Wild?", fragte Schmitz-Avila den Niederländer. "Nein, ganz viel", widersprach dieser. "Aber ich bin nicht mehr dabei." Walter Lehnertz wolle nicht mehr als 500 Euro bezahlen. Als Schmitz-Avila 600 bot, wurde klar, dass der Verkäufer sich schwer tat, Abschied von der Kindheitserinnerung zu nehmen. Erst als Schmitz-Avila 700 Euro nannte, war er einverstanden. Weidmannsheil!
Begehrter Silberspiegel: "Bares für Rares"-Händerin zahlt doppelten Schätzpreis
Ein Grenzschild des Herzogtums Sachsen Coburg brachte eine Verkäuferin aus der letztgenannten Stadt mit. Leider war die Messing-Medaille keine Antiquität, sondern ein Nachdruck aus den 1990er-Jahren. Der Wunschpreis: 500 Euro. Kümmel bremste auf 350. Jos van Katwijk bezahlte 200.
Der verzierte Spiegel aus 925er Silber stammte aus dem Jahr 1907. Das Verkäuferpaar wünschte sich 50 Euro dafür. Wendela Horz taxierte auf 80. Händlerin Susanne Steiger bezahlte sogar 160 Euro.
Mit Fliesen mit Motiven des bekannten Karikaturisten Deix wollten zwei Verkäuferinnen für 500 Euro ein großes Geschäft machen. Colmar Schulte-Goltz empfahl 400. Höchstbietender war Schmitz-Avila. Doch 300 Euro waren dem Duo zu wenig. Kein Deal.
Eine 750er Gold-Kette mit einer venezianischen Silbermünze aus dem frühen 16. Jh. wollte ein Ehepaar für 4.200 Euro veräußern. Wendela Horz taxierte auf bis zu 4.800. Susanne Steiger bezahlte 4.500 Euro.
Ein in Omas Garten entdecktes Margarine-Werbeschild Mutter und Tochter als Küchen-Wanddeko. Detlev Kümmel taxierte auf 250 bis 350 Euro. Zu wenig für die Verkäuferinnen, die ihr Objekt wieder mitnahmen.