Band Aid
Vor 40 Jahren nahmen Musikstars - unter ihnen (von links) Sting, Bono von U2 und Duran-Duran-Sänger Simon Le Bon - mit "Do They Know It's Christmas?" eine Wohltätigkeitssingle auf, die in der kommenden Weihnachtszeit wieder oft im Radio zu hören sein wird. Jetzt machte der Song Schlagzeilen - wegen seines Inhalts. Sollte man das Lied aufgrund seines Textes heute nicht mehr spielen oder geht so ein Verbot zu weit? Wir zeigen weitere aktuelle Streitfälle aus der Musikwelt ...
© Youtube / LiveAidEd Sheeran
Auslöser der Kontroverse war Ed Sheeran: Zum 40-jährigen Jubiläum wird "Do They Know It's Christmas?" neu aufgelegt, die neue Version ist ein Zusammenschnitt der Aufnahmen aus den Jahren 1984, 2004 und 2014. Sheeran war vor zehn Jahren dabei, möchte nun aber nicht mehr Teil des Projekts sein. Er verwies in einem Instagram-Post auf eine Erklärung des britischen Rappers Fuse ODG ...
© Theo Wargo/Getty Images for The Rock and Roll Hall of FameFuse ODG
Der Rapper mit ghanaischen Wurzeln wirft darin Initiativen wie Band Aid vor, dass sie zwar Mitleid erzeugten und auch dazu führten, dass Geld gespendet werde - vor allem aber würden sie schädliche Stereotype über Afrika verfestigten. Zudem würde auch das Wirtschaftswachstum, Investitionen und den Tourismus auf dem Kontinent abgewürgt.
© Tristan Fewings/Getty ImagesUdo Lindenberg "Sonderzug nach Pankow"
Es ist eines seiner bekanntesten Lieder: Im "Sonderzug nach Pankow" richtet sich Udo Lindenberg an Ex-DDR-Staatschef Erich Honecker, der Deutschrocker singt unter anderem: "Ich muss da 'was klären, mit eurem Oberindianer. Ich bin ein Jodeltalent und will da spielen mit 'ner Band." Den Begriff "Oberindianer" hält eine Berliner Stiftung für diskriminierend, zwei Chöre, die in deren Namen auftreten, wollen den Begriff nun einfach weglassen.
© Christian Marquardt/Getty ImagesTom Jones "Delilah"
Vom Band kommt der Song - obwohl er bei Rugby-Fans als äußerst populär gilt - schon länger nicht, inzwischen darf "Delilah" von Tom Jones auch nicht mehr von Chören angestimmt werden, wie der walisische Rugby-Verband entschied.
© Gareth Cattermole/Getty ImagesTom Jones "Delilah"
Warum der Rugby-Verband "Delilah" auf den Index stellte? Der Song erzähle davon, wie ein Mann seine untreue Partnerin Delilah mit einem Messer angreift. Das könne einige Zuschauer verstören, erklärte ein Sprecher. Die Kritik ist nicht neu, Tom Jones verteidigte den Song schon früher - es sei ein Lied "über einen Mann, der die Kontrolle verliert", so Jones. Er spiele in "Delilah" lediglich eine Rolle, man dürfe den Song nicht wörtlich nehmen.
© John Minihan/Daily Express/Hulton Archive/Getty ImagesRolling Stones "Brown Sugar"
Der Text handelt von Sklavenhandel und Vergewaltigung, viellleicht strichen die Rolling Stones zuletzt höchstselbst "Brown Sugar" von ihrer Setlist. Mick Jagger erklärte schon 1995, dass er den Song heute nicht mehr schreiben könnte, sondern sich selbst zensieren würde. Zu Recht? Wie ein Kritiker jüngst meinte, biete der Song "keinen wohlüberlegten Gedanken" zu den Gräueltaten und historischen Themen, die er behandelt.
© Roger Jackson/Getty ImagesLou Reed "Walk On The Wild Side"
2017 entschuldigte sich eine kanadische Universität, nachdem sie "Walk On The Wild Side" bei einer Veranstaltung gespielt hatte. Kritiker empfinden den Song, den Lou Reed nach einem Treffen mit der Trans-Schauspielerin Holly Woodlawn geschrieben hatte, heute als transfeindlich. Auch das Wort "coloured", das im Text in Bezug auf die Hautfarbe Verwendung findet, gilt heute als rassistisch und abwertend.
© Fernando Leon/Getty ImagesQueen "Fat Bottomed Girls"
Beleidigt "Fat Bottomed Girls" Menschen mit Übergewicht? Verklärt der Queen-Song Kindesmissbrauch, wenn Freddie Mercury davon singt, dass eine "big fat nanny", eine "naughty nanny" ihn zu einem "bad boy" gemacht habe? Gitarrist Brian May verteidigte den Titel schon 2008 in einem Interview: "Der Song handelt von einem jungen Mann, der Frauen mit einem gewissen Umfang zu schätzen lernt", erklärte er.
© Express Newspapers/Getty ImagesABBA "When I Kissed The Teacher"
Intime Berührung mit einer Aufsichtsperson: Dass ABBA-Sängerin Agnetha Fältskog (dritte von links) sich in "When I Kissed The Teacher" als schwer verliebtes Schulmädchen im "siebten Himmel" wähnt, als sie "endlich" ihren Lehrer küsst, kann man heutzutage unangemessen finden.
© Universal Music / Wolfgang HeilemannElvis Presley "In The Ghetto"
Mit "In The Ghetto" gelang Elvis Presley Ende der 60er-Jahre sein Comeback, heute würde der Song sicherlich heftig diskutiert werden. Der Begriff "Ghetto" gilt als abwertend, die gesamte Geschichte des Songs, der den scheinbar unausweichlichen Weg eines armen Jungen in die Kriminalität erzählt, kann als rassistisch und sozial diskriminierend empfunen werden.
© ARTE / Elvis Presley EnterprisesDean Martin u.a. "Baby It's Cold Outside"
Nicht nur Dean Martin (Bild), auch zahlreiche weitere Musikgrößen haben "Baby It's Cold Outside", im Original von Frank Loesser, in den letzten 80 Jahren gecovert. Inzwischen gibt es Radiosender, die den Song aufgrund seiner nicht mehr zeitgemäßen Botschaft aus dem Programm gestrichen haben: Eine junge Frau gegen ihren offensichtlichen Willen und mit der Hilfe von Alkohol dazu zu überreden, doch noch zu bleiben, wird heute als unangemessen empfunden.
© Express Newspapers/Getty ImagesThe Beatles "Run For Your Life"
Auch die Texte der vermeintlich netten Beatles haben es teilweise in sich. Der John-Lennon-Song "Run For Your Life" etwa kann, ähnlich wie "Delilah" von Tom Jones, als "gewaltverherrlichend" empfunden werden. Dass der Sänger sein "Mädchen" lieber tot sähe als mit einem anderen Mann, war Lennon später selbst peinlich, "Run For Your Life" sei der Song, bei dem er am meisten bedauere, ihn geschrieben zu haben, erklärte er.Dire Straits "Money For Nothing"
Politisch unkorrekt? In Kanada wurde "Money For Nothing" von den Dire Straits aus dem Radio verbannt: wegen Diskriminierung. Die dreimalige Verwendung des Wortes "faggot" ("Schwuchtel"), disqualifiziere den Titel für den Radioeinsatz. Dass Frontmann Mark Knopfler (Bild) im Song eine Rolle einnimmt, änderte nichts am Urteil der kanadischen Behörde.
© Mercury RecordsThe Cure "Killing An Arab"
Er hätte den Song lieber "Standing On A Beach" nennen sollen, erklärte The-Cure-Frontmann Robert Smith einst. Schon bei seiner Veröffentlichung 1979 schlug der Titel "Killing An Arab" große Wellen, dabei bezog sich Smith darin auf eine Szene aus dem Roman "Der Fremde" von Albert Camus. In jener werde eben ein Araber erschossen, was aber keinesfalls ein Aufruf zu Gewalt sei, so der Sänger.
© Ian Gavan/Getty ImagesDie Ärzte "Elke"
Ein lustiger Song über eine fiktive Beziehung zwischen Ärzte-Frontmann Farin Urlaub (links) und einem übergewichtigen Fan namens "Elke"? Die "beste Band der Welt" findet inzwischen nicht mehr, dass der Titel zu ihren besten zählt: Als ein Fan 2022 bei einem Konzert den Song als Zugabe forderte, erklärte Urlaub, dass man den Song nicht mehr spiele, da er Fatshaming enthalte und misogyn sei.
© Jörg Steinmetz