Karl Lauterbach bei "Maischberger"

"Man kann nicht sagen, wir helfen der Ukraine, bauen aber keine Waffen"

03.06.2025 von SWYRL/Doris Neubauer

Milliarden für Verteidigung und Steuerentlastung für Unternehmen, doch die kleinen Leute müssen warten: "Setzt Schwarz-Rot die richtigen Prioritäten?" fragte Sandra Maischberger in ihrer Sendung am Montag. Die Antworten von Karl Lauterbach und Gregor Gysi waren Polemik, Floskeln und eine Prise Inhalt.

Das Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur hat die Bundesregierung genauso beschlossen wie die Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen. Nur die ebenfalls angekündigten Steuerentlastungen für kleinere und mittlere Einkommen kommen nicht - zumindest nicht sofort. "Setzt Schwarz-Rot die richtigen Prioritäten?", fragte Sandra Maischberger am Montag, 2. Juni, den ehemaligen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Gregor Gysi, den Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei.

"Alles, was Positives in Koalitionsvertrag steht, hat ein Finanzierungsproblem", machte Gysi aus seiner Enttäuschung keinen Hehl, und sah darin vor allem ein Versagen der SPD : "Kompromisse muss man machen", lenkte er ein, aber: "Alle Schritte müssen in die richtige Richtung gehen. Ein Schritt in die richtige Richtung und ein Schritt in die Falsche, das ist kein Kompromiss, sondern da verliert man sein Gesicht", erklärte er mit Blick auf Lauterbach.

SPD-Politiker wollte sich das nicht vorwerfen lassen: "Das sind Floskeln", konterte er. Beim Investitionspaket habe Merz "die Position von Olaf Scholz exekutiert", fügte er hinzu und ortete das Sondervermögen auf der "Habenseite". Bei diesem Thema habe sich die SPD durchgesetzt." Zudem habe seine Partei die Renten stabilisiert, das Tariftreuegesetz umgesetzt und in der Arbeitsmarktpolitik Regeln auf den Weg gebracht, die die Arbeitszeiten gleich ließen. Kurz: "Wir machen Schritte in die richtige Richtung", so Lauterbach.

Gysi überzeugte er damit nicht: "Die hervorragende SPD hat an Stimmen verloren, nur weil sie gute Politik gemacht hat", ätzte der Linkspolitiker, womit er Lauterbach verärgerte. "Das ist Polemik, das ist noch schlimmer als Floskeln", wehrte sich der SPD-Politiker, der für das Scheitern der Ampel im Wesentlichen die FDP verantwortlich sieht. Damit tat er etwas, was er später am Abend Gysi vorwarf: "Es ist immer das Gleiche mit euch: Immer ist jemand anderer Schuld."

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Lauterbach: "Einige Punkte (...) kriegen wir mit der Union nicht durch."

Neben Polemik, Floskeln und halb scherzhaftem Geplänkel tauschten die beiden Politiker dann doch auch inhaltliche Aspekte aus: Nachvollziehbarer wäre aus seiner Sicht gewesen, die Körperschaftssteuer gleichzeitig mit den Steuern für kleine und mittlere Einkommen zu senken, kritisierte Gysi das Vorgehen der Koalition.

Lauterbach sah das anders: Es müsste alles getan werden, um die Wirtschaft zu stärken, sagte er und fügte hinzu: "Dass die Wirtschaftspolitik im Vordergrund steht, ist eine sozialdemokratische Position." Zudem müssten für Steuerentlastungen Mittel aus dem Haushalt beschaffen werden. "Da müssen wir die europäischen Schuldenregeln beachten und können nicht so tun, als könnten wir im Haushalt mit dem Füllhorn ausgeben". Die Entlastung würde kommen, "sobald der Haushalt es hergibt". Er zeigte sich optimistisch, das bis 2026 zu erreichen.

Als Maischberger anmerkte, dass es außer der Vermögenssteuer auch andere Möglichkeiten gebe, die Einnahmen zu steigern, musste Lauterbach dann doch einräumen: Es gäbe "einige Punkten, die mir unglaublich wichtig sind und die unser Land gerechter machen würden, aber die kriegen wir mit der Union nicht durch."

Ob er denn lieber mit den Linken in einer Koalition wäre, fragte die Moderatorin. "Das wird ehrlich gesagt schwerfallen", antwortete Lauterbach. Dennoch hofft er auf eine "großartige linksliberale Koalition (...) wenn die Linke pragmatischer wird." Noch aber sei man in vielen außenpolitischen Fragen zu weit voneinander entfernt.

Gysi: "Hauptsache wir erleben nicht, dass die AfD regiert."

Eine dieser außenpolitischen Fragen ist die Positionierung Deutschlands im Ukraine-Krieg. In dieser Frage will Lauterbach dem Bundeskanzler Friedrich Merz zwar keine Ratschläge geben, äußerte aber seine Bedenken, sich jetzt in die Verhandlungsgespräche einzumischen. "Im Moment laufen Verhandlungen zwischen der Ukraine und Moskau, das ist das richtige Forum", betonte er. Dass Merz in der Außenpolitik eine aktive Rolle einnehme und Deutschland unabhängig von den USA werde, finde er aber richtig.

Gysi sah das anders: Merz solle sich sehr wohl "als Gesprächspartner anbieten". Im Moment sei Europa außen vor. Da spielten nur Putin und Trump eine Rolle, "als ob es keine anderen Leute gäbe."

"Wir sind nicht neutral, wir sind auch angegriffen", widersprach Lauterbach. Man dürfe nicht den Anschein erwecken, die Ukraine könne den Krieg nicht gewinnen und man müsste den Streit schlichten. "Ich bin kein Merz-Versteher", sagte er und sprach sich für die Produktion von Waffen für die Ukraine in der Ukraine aus. Denn: "Man kann nicht sagen, wir helfen der Ukraine, bauen aber keine Waffen. Das wäre unschlüssig."

Gysi hält genau das für "nicht ungefährlich" und warnte davor, selbst Kriegspartei zu werden. Es ist nicht seine einzige Sorge: Werte wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit würden von außen durch den Ukraine-Krieg sowie durch die Situation in den USA genauso angegriffen wie von innen durch die AfD. Um dagegen zu bestehen, "müssen wir uns organisieren", so Gysi. Aber: "Dazu sind wir nicht in der Lage."

Vielleicht kann sich der Fraktionsvorsitzende deshalb vorstellen, dass die Linke künftig mit der SPD ein Bündnis eingeht. "Hauptsache wir erleben nicht, das die AfD regiert", sagte er.

Ebenfalls zu Gast bei Maischberger war der Merz-Vertraute und langjährige hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Als Kommentatoren fungierten der Fernsehmoderator Jörg Pilawa, Mariam Lau (Politikredakteurin der "Zeit") und der Redaktionsleiter des WDR-Politmagazins "Monitor", Georg Restle.

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