29.03.2025 von SWYRL/Marko Schlichting
Sie gehört zu den erfolgreichsten deutschen Leichtathletinnen der letzten Jahre. Wegen ihrer dunklen Hautfarbe hat sie immer wieder Rassismus erlebt. In der WDR-Talkshow "Kölner Treff" erzählt Malaika Mihambo, wie sie wieder runterkommt, wenn es mal ganz schlimm wird.
"Es geht mir gut, danke der Nachfrage", antwortet Malaika Mihambo (31), als "Kölner Treff"-Moderator Micky Beisenherz sie nach ihrem Befinden fragt. Denn es stand nicht gut um die Weitspringerin.
Am 8. August vergangenen Jahres will die Weitsprung-Europameisterin aus Deutschland im Stade de France alles zeigen, was sie drauf hat. Bei der EM in Rom hatte sie zuvor die Saisonbestleistung vorgelegt: 7,22 Meter war sie da gesprungen. Sie weiß: Heute muss sie alles geben, zum ersten Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele will sie zweimal innerhalb von vier Jahren Gold holen. Bereits 2021 stand sie bei Olympia ganz oben auf dem Siegertreppchen.
Dann ist es soweit: 80.000 Zuschauer beobachten sie. Spannung im Stadion. Sie nimmt Anlauf. Springt. Zu kurz. 6,98 Meter. Silber.
Dann ist das Finale zu Ende. In der ARD sieht man die Sportlerin erneut. In einem Rollstuhl sitzt sie, wird von Helfern durch den Innenraum des Stadions geschoben. Was ist passiert? Ist sie verletzt? "Atemprobleme", sagt Teamarzt Andrew Lichtenthal. Mihambo hatte sich nach der EM im Juni mit Corona infiziert. Sie sei wieder gesund, habe aber einen Hustenanfall bekommen.
"Post-Covid hat mich begleitet bis Ende Oktober", sagt Mihambo beim "Kölner Treff" im WDR. Dort ist sie Freitagabend zu Gast. Nun hat die Weltklasse-Springerin, die einen Abschluss in Politikwissenschaften hat und Umweltwissenschaften im Master studiert, alles überstanden.
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Der Rassismus und die Meditation
Malaika Mihambo ist in einer sehr kleinen Stadt aufgewachsen. Ihr Vater stammt aus Tansania, ihre Mutter aus Deutschland. "Das war nicht so einfach. Ich war die einzige Schwarze in meiner Schule", erinnert sie sich. Damals hat sie gemerkt: Sie ist anders. Als sie acht Jahre alt ist, springt sie während der Sommerferien einmal im Leichtathletikverein der Gemeinde. Nur mal so zum Spaß. "Und dann meinte der Trainer: Hey, Du springst gut, komm doch mal zum regulären Training."
Damals sei sie ein sehr selbstbewusstes Kind gewesen, erzählt sie im "Kölner Treff". "Nach und nach, nach den Jahren, die man dem Rassismus ausgesetzt war, hat sich das verändert. Das macht was mit dem Weltbild, Man wird stiller. Und da hat mir der Sport geholfen. Als Kind wusste ich, dass es Rassismus gibt, aber für mich hat das keinen Sinn gemacht. Eben, weil es ja auch keinen Sinn macht."
Sie ist 22, da wird sie Vierte bei den Olympischen Spielen in Brasilien. Dann erleidet sie eine Verletzung, nur eine kleine. Doch es ist unklar, ob sie je wieder springen kann. Sie fährt nach Indien. Da lernt sie, zu meditieren. "Ich habe klein angefangen, fünf Minuten täglich. Aber ich hatte auch ein Ziel: Das Schweige-Retreat." Dabei lernt man durch geführte Meditationen, sich ganz seinem Geist zu widmen. Mehrere Tage verbringt man dabei im Schweigen, in der absoluten Stille, um daraus neue Stärke zu schöpfen. Bei Malaika Mihambo waren es zehn Tage. "Zehn Tage ohne Sport, ohne Schreiben, ohne Musik, keine Bewegung, nur Meditieren. Elf Stunden am Tag." Ein sehr spannendes Selbstexperiment sei das gewesen, erzählt sie.
"Mir ist dabei immer wieder vieles bewusst geworden. Ich habe mit meiner Selbstreflexion an dem Punkt angefangen, also mit 22. Und das war auch der Punkt, wo ich angefangen habe, diese ganzen rassistischen Erfahrungen aufzuarbeiten. Aber damit ist man nicht in zwei Jahren durch."
Was sie inzwischen gelernt hat: "Jeder hat einen Rucksack, und bei mir sind da ein paar Päckchen Rassismus drin. Aber jeder hat seinen eigenen, und der ist mit verschiedenen Dingen gefüllt. Letztendlich haben wir alle Erfahrungen gemacht, die uns in unserem Selbstwert reduziert haben, die vielleicht traumatisch waren. Und das muss man einfach verarbeiten. Und man ist nie zu alt dafür." Sie sei sehr jung gewesen, als sie damit angefangen habe. Und die Meditation hat ihr viel geholfen. "Mein Rucksack ist schon viel leichter", sagt sie. "Und damit springt man auch besser."