04.08.2025 von SWYRL
Billy Bob Thornton gehört zu den renommiertesten Schauspielern Hollywoods. Seine bemerkenswerte (Dreifach-)Leistung bei "Sling Blade" ist trotzdem fast in Vergessenheit geraten. Zu seinem 70. Geburtstag erinnern wir an den Film, mit dem Thornton seinen Durchbruch schaffte.
Er gehört zu den ungreifbarsten aller ungreifbaren Hollywoods-Stars: Billy Bob Thornton, der am 4. August seinen 70 Geburtstag feiert. Thornton, der Schauspieler? Nicht nur, denn auch als Regisseur hat er sich einen Namen gemacht. Und als Drehbuchautor. Als Theaterautor. Als Musiker. Und wollte man ihn auf das Berufsbild der Schauspielerei reduzieren, was wäre hier der rote Faden bei jemandem, der sich in Blockbustern ("Armageddon - Das jüngste Gericht") genauso wohlfühlt wie in kleineren, künstlerisch ambitionierten Indie-Produktionen ("Dead Man", "The Man Who Wasn't There")?
Unbestimmbar auch sein Image: Da ist auf der einen Seite der Ruf des seriösen Schauspielers - beschränken wir uns darauf, denn das ist Thornton letztlich doch in erster Linie. Eines Schauspielers also, der in seinen Rollen aufgehen und in ihnen verschwinden kann wie nur wenige aus seiner Zunft. Auf der anderen Seite der Schauspieler, der auch auf dem Jahrmarkt der Hollywood-Eitelkeiten eine gute Figur macht. Das gelang ihm besonders gut vor 20, 25 Jahren, als er vor allem aber mit seiner damaligen Partnerin Angelina Jolie perfekt zu polarisieren und damit für Aufsehen zu sorgen verstand. Thornton, das wurde damals allen klar, ist nicht nur ein begnadeter Schauspieler, Regisseur und Autor. Er kann auch Hollywoodstar.
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Durchbruch mit "Sling Blade"
Bei so vielen Facetten gerät die eine oder andere schon mal aus dem Blickfeld. Bei Thornton liegt der Anfang seiner Karriere für viele im Dunkeln. Was machte er vor dem rabenschwarzen Weihnachtsfilm "Bad Santa", mit dem er bis heute in Verbindung gebracht wird? Was vor "Monster's Ball" mit Halle Berry an seiner Seite? Oder vor "Ein einfacher Plan", der ihm eine Oscar-Nominierung einbrachte? Dabei hatte Thornton vor 30 Jahren mit einer Wucht von einer Leistung seinen Durchbruch geschafft, oder genauer: mit der Wucht einer Dreifachleistung. Denn in "Sling Blade - Auf Messers Schneide" spielte er nicht nur die Hauptrolle, sondern schrieb auch das Drehbuch und führte Regie.
Thornton verkörpert in dem Sozialdrama Karl Childers, der seit seinem 13. Lebensjahr in einer psychiatrischen Anstalt für Straftäter eingesessen hatte und nun entlassen wird. In die Einrichtung war er eingewiesen worden, weil er damals seine Mutter und deren Liebhaber getötet hat. Nun muss sich der geistig zurückgebliebene Mann in der freien Welt zurechtfinden. Und obwohl Karl wieder zurück in die Anstalt will, muss er doch seinen neuen Lebensabschnitt in Angriff nehmen. Er findet einen Job, kommt bei einer Familie unter und freundet sich mit dem 12-jährigen Frank an. Seine Wiedereingliederung in der Gesellschaft scheint geglückt, wäre da nicht Franks gewalttätiger Ziehvater, der keinen Hehl daraus macht, dass er Karl, den "Idioten", nicht ausstehen kann.
Billy Bob Thorntons großer Wurf
Mit der Rolle des geistig behinderten Karl Childers hat Thornton einen unvergesslichen Charakter geschaffen, der den Vergleich mit den ganz großen Figuren der Kulturgeschichte nicht zu scheuen braucht. Karl ist wie Dostojewskijs Epileptiker Fürst Myschkin, der in seinem Umfeld als "Idiot" gilt, von seinem Autor jedoch als Heiliger gesehen wird. Aber auch als Kino-(Anti-)Held befindet sich Karl in erlauchter Gesellschaft, und wie die Darsteller in "Mein linker Fuß" (Daniel Day-Lewis), "Rain Man" (Dustin Hoffman), "Von Mäusen und Menschen" (John Malkovich) und "Forrest Gump" (Tom Hanks) versteht es auch Thornton perfekt, mit dem Narren, der letztlich der beste aller Menschen ist, zu verschmelzen.
"Sling Blade" ist eine One-Man-Show, wie sie nur selten im Kino zu sehen war. Der Film basiert auf Thorntons Theaterstück von 1985, in dem er genauso die Hauptrolle spielte wie in der ersten Adaption der Vorlage, dem Kurzfilm "Some Folks Call It a Sling Blade" (1994). Mit dem Stoff hatte Thornton also einen Erfolg auf ganzer Linie gelandet, der mit der Würdigung bei den Oscars 1997 seinen Höhepunkt erreichte, als das Drama zweifach nominiert war (für das beste adaptierte Drehbuch und die beste Hauptdarstellerleistung). Freuen durfte sich Thornton am Ende jedoch nur als Drehbuchautor. Seine Darstellerleistung wurde von der Oscar-Academy übersehen, und vielleicht war das ein Vorzeichen für das Schicksal, das "Sling Blade" letztlich zuteilwurde. Im Schatten von Thorntons späteren, populäreren Filme steht das bestechende Drama jedenfalls zu Unrecht.