"Nelson Müller: Der Zuckerkompass"

Nelson Müller deckt auf: So perfide manipuliert die Lebensmittelindustrie Kinder

11.05.2022 von SWYRL/Julian Weinberger

Zucker ist ungesund: Dieser Tenor herrscht in der öffentlichen Debatte oft vor. Doch was ist wirklich dran? Nelson Müller gab in seinem ZDF-"Zuckerkompass" Antworten auf die wichtigsten Fragen, entzauberte Marketingtricks und erklärte, weshalb zuckerfreie Alternativen nicht zwangsweise besser sind.

Egal ob Pesto, Pizza oder Pralinen: Heutzutage ist in 70 Prozent der Lebensmittel, die es im Supermarkt zu kaufen gibt, Zucker enthalten. Doch ist Zucker wirklich so ungesund, wie die öffentliche Debatte es oft vermittelt? Welche Tricks benutzen Hersteller, um ihn zu ersetzen - und sind die Produkte danach wirklich gesünder? Und mit welchen Marketingtricks versuchen Lebensmittelproduzenten, Kunden hinters Licht zu führen? Diesen Fragen und noch einigen mehr stellte sich Star-Koch Nelson Müller in seinem ZDF-"Zuckerkompass".

Es war nicht unbedingt neu, aber einmal mehr erschreckend, wie der Film von Teresa Lonnemann zutageförderte, wie perfide es Lebensmittelhersteller auf Kinder abgesehen haben. Beim Probe-Einkaufen einer Familie durften zwei Kinder kaufen, was sie wollten - und füllten den Einkaufswagen prompt mit allerlei Süßkram, oft mit quietschbunten Verpackungen samt Comicfiguren verziert. Oliver Huizinger von Foodwatch bestätigte: Die süßen Helden werden instrumentalisiert, dazu sind die gezuckerten Produkte meist in Kinderaugenhöhe im Supermarkt platziert.

"Gezuckerte Joghurts sind typische Fälle, wo eigentlich Lebensmittel gesund sein könnten, aber durch die Hersteller sehr viel Zucker zugesetzt bekommen und trotzdem so vermarktet werden, als wären das empfehlenswerte Frühstücksmahlzeiten", beschrieb Huizinger das Problem weiter. Teils werden Produkte sogar in einer zuckerhaltigeren Variation speziell für Kinder verkauft.

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Tipp von der Expertin: Nährwerttabelle statt Zutatenliste checken

"Das Problem ist vor allem, dass Kinder an diesen süßen Geschmack gewöhnt werden. Das prägt das Geschmacksempfinden für das ganze Leben", warnte auch Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin. Das Risiko von Folgeerkrankungen wie Karies und Diabetes steige damit an.

Doch auch Erwachsenen fällt es teils schwer, zuckerhaltige Lebensmittel von gesünderen Varianten zu unterscheiden. Indem Zuckersatzprodukte mit kryptischen Namen in Produkte gemischt werden, wird der klassische Haushaltszucker in der Zutatenliste nach hinten verdrängt. Deshalb der Tipp von Verbraucherschützerin Schautz: Immer die transparentere Nährwerttabelle zurate ziehen, um Verschleierungstaktiken nicht ins Netz zu gehen.

"Unverarbeitete Lebensmittel sind der Weg aus der Zuckerfalle"

Für Verwunderung bei Nelson Müllers Testpersonen sorgte auch der Getränke-Check. Alle Testenden vermuteten, dass Cola im Vergleich zu Multivitaminsaft, Rhabarbernektar und Orangenlimonade am zuckerhaltigsten sei. Doch falsch gedacht: Trotz des gesunden Images enthält der Saft am meisten Zucker. Ebenso überraschend war das Resultat eines weiteren Experiments.

Dieselbe Menge Obst verzehrte eine Testgruppe in rohem Zustand, eine weitere als Smoothie und eine dritte als Saft. Trotz gleicher Menge Zucker ist es für den Körper am gesündesten, Apfel und Co. unverarbeitet zu genießen. Der Blutzuckerspiegel bleibt bei purem Obst länger oben, das Hungergefühl setzt im Anschluss an den Verzehr erst später wieder ein - und der potenzielle Griff zu einem zuckerhaltigen Lebensmittel wird nach hinten verschoben. "Einfache, unverarbeitete Lebensmittel sind der Weg aus der Zuckerfalle", fasste Nelson Müller zum einprägsamen Leitsatz zusammen.

"Zero"-Varianten sind nicht gesünder als zuckerhaltige Getränke

Derweil räumte die 45-minütige Doku mit dem Irrglauben auf, "Zero"- oder "Light"-Varianten von Softdrinks seien gesünder als ihr zuckerhaltiges Pendant. Synthetisch hergestellte Süßstoffe resultieren zwar in weniger Kalorien, weil aber der Körper als Reaktion auf die zuckerlosen Getränke weniger Botenstoffe ausschüttet, setzt kein Sättigungsgefühl ein - kurzum: Der Hunger bleibt. Außerdem ist die langfristige Auswirkung synthetisch hergestellter Süßstoffe noch unzureichend erforscht. "Besser wäre es, insgesamt die Produkte weniger süß zu machen, damit man sich an einen weniger süßen Geschmack gewöhnt", urteilte Britta Schautz.

Doch die Lebensmittelindustrie schläft nicht: In den Niederlanden besuchte Nelson Müller eine Eismanufaktur, die süßes Naschvergnügen mit wenig Kalorien und ohne Süßstoffe bietet. Gesüßt wird das Eis dort mit dem kalorienarmen und natürlich vorkommenden Zuckeralkohol Erythrit. Dieser Zuckerersatzstoff kann etwa kein Karies auslösen. Wie überall gilt es aber auch hier, Maß zu halten. Zu viel Erythrit kann abführend wirken.

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