07.11.2024 von SWYRL/Hans Czerny
Zumindest im ersten von drei Filmen bekriegen sich der nordirische Protestant Philip Boyd und die irische Polizistin Regan bis aufs Blut. Es ist, als würde der Irland-Konflikt zwischen den ungleichen Polizisten neu entbrennen. Aber das wird sich legen - die Gemeinsamkeit kommt beim Ermitteln.
Hätte Stefan Raab den Gender-Boxkampf nicht längst erfunden, hier wäre er neu zu entdecken. Die irische Inspektorin Aoife Regan (Amy De Bhrún) und der nordirisch-protestantische Chefinspektor Boyd (Eoin Macken) bleiben sich nichts schuldig, was ihre Sottisen während der grenzübergreifenden Ermittlungen betrifft. Am nordirischen Ufer einer Grenzbucht wird im ersten von drei aufeinanderfolgenden Sonntagsfilmen mit dem verwirrenden Titel "Borderline - Grenzenlose Verbrechen" eine Frauenleiche angeschwemmt. Weil sie die Strömung aus Irland rübertrieb, nehmen Boyd und Regan den Fall gemeinsam in die Hand.
Bei uns wäre das nicht weiter schwer, selbst Kommissare aus Mecklenburg-Vorpommern und Polen arbeiten im "Polizeiruf 110"-Krimi gut zusammen, auch zwischen Deutschen und Österreichern funktioniert so etwas vorzüglich, jedenfalls bei Todesfällen am Bodensee und auch in Salzburg, bis dort das wahre Leben brutal dazwischen kam. Die Iren haben es da schwerer, der nicht recht enden wollende Nationalkonflikt hängt ihnen immer noch am Bein.
Kein Wunder, dass da die irische Polizeidirektorin nach dem Leichenfund gleich eine strenge Rede hält. Sie spricht von "Neuer Welt" und "positiver, grenzübergreifender Kooperation". Für einen schlichten Sonntagabendkrimi, der eigentlich bloß eine spannende Gutenachtgeschichte erzählen will, sind solche Post-Brexit-Predigten eher etwas beschwerlich. Die zunächst mal knallharte, übrigens bekennend lesbische Regan ist es denn auch, die sich gegen solche Anwandlungen mächtig sperrt.
Ein Gutteil des 90-Minüters geht mit Grenzland-Scharmützeln drauf, es geht stets um die Frage: Wer darf wo ermitteln?
Der Fall selbst, ein Whodunit-Krimi um eine Junggesellinnen-Feier, bleibt recht bescheiden: Offensichtlich wurde die Tote, eine der feiernden Freundinnen mit KO-Tropfen betäubt und vergewaltigt. War's der untreue Ehemann oder gar ein stets übergriffiger Taxifahrer? Und was war mit dem Mann vom Bootsverleih, mit dem die Ermordete noch mal zur Küste ging?
Eoin Macken und Amy De Bhrún sind ein smartes Ermittlerpaar, dem man das Polizeigewerbe jederzeit abnimmt. Schade nur, dass der Brexit gar so schwer auf ihren Schultern lastet. Auch lässt die Krimistory selbst kein Klischee ungenutzt, vom untreuen Ehemann bis hin zum verdächtigen, sich an Frauenbeinen reibenden Taxler. Wer sich am späten Abend einen nordisch-melancholischen Irish noir erwartet, wird jedenfalls trotz authentischer Kulisse enttäuscht.
(Ab 7. November stehen alle Folgen in der ZDF-Mediathek bereit.)